Mannheim. Der russische Angriff auf die Ukraine hat im vergangenen Jahr die Welt verändert – auch die des Grosskraftwerks Mannheim (GKM). War es aufgrund des Kohleausstiegs zuvor teils als Auslaufmodell abgeschrieben, ist plötzlich wieder seine Bedeutung für die regionale Energieversorgung deutlich geworden. Das spiegelt sich auch im Geschäftsbericht für das Jahr 2022 wider, den das Unternehmen vor Kurzem veröffentlicht hat.
Schon im Vorwort erklären die Vorstände Holger Becker und Gerard Uytdewilligen zwar, dass Deutschlands größtes Steinkohlekraftwerk vermutlich 2033 den klassischen Betrieb einstellen muss. Sie zeigen sich aber auch überzeugt: „Die Transformation des GKM hin zu einem kohlefreien Erzeugungsstandort kann und wird gelingen.“
Und sie nennen Beispiele dafür: die Flusswärmepumpe natürlich, die Ende dieses Jahres in Betrieb gehen soll; dass das Werksgelände in Neckarau Standort einer Geothermie-Anlage werden könnte; und parallel prüfe das Unternehmen, „ob ein bestehender Steinkohleblock auf Biomasse umgebaut und mit den Zukunftsthemen Elektrolyse, CO2-Abscheidung sowie grünem Erdgas und grünem Wasserstoff kombiniert werden kann“. Zudem betonen die GKM-Chefs, dass sie die Pläne für ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, das auch mit Wasserstoff betrieben werden könne, weiter „in der Schublade“ haben – obwohl der Aufsichtsrat die Überlegungen Ende 2020 verworfen hatte.
Noch ist das GKM aber ein reines Kohlekraftwerk. Und als solches ist es im vergangenen Jahr aufgrund der Energiekrise dringend benötigt worden. Das zeigt sich vor allem bei der produzierten Strommenge: Diese stieg um mehr als 25 Prozent auf 6,5 Milliarden Kilowattstunden. Und das, obwohl sich der Gesamtenergieverbrauch in Deutschland um fast fünf Prozent reduzierte.
Fernwärmemenge rückläufig
Als Hauptgrund dafür nennt das GKM die Preissteigerungen bei der Gasverstromung infolge des Ukrainekriegs. Diese führten dazu, dass die Kohleanlagen im Vergleich dazu günstiger produzieren konnten und so häufiger eingesetzt wurden. Zudem erzielten sie höhere Gewinne, weshalb die GKM-Besitzer – RWE (40 Prozent), EnBW (32) und MVV (28) – die Anlagen häufiger anforderten.
Bei der Erzeugung von Fernwärme waren die Produktionsmengen im vergangenen Jahr jedoch rückläufig. Mit 1,7 Milliarden Kilowattstunden verzeichnete das GKM hier ein Minus von 22 Prozent. Vor allem die mildere Witterung sowie die Wärmeeinspeisung des Müllheizkraftwerks der MVV auf der Friesenheimer Insel nennt das Unternehmen als Gründe. Das Ergebnis des GKM wird durch all das nicht beeinflusst: Da es für seine Besitzer Strom und Wärme zum Selbstkostenpreis produziert, fallen Verluste oder Gewinne bei diesen an.
Die Prognose für das laufende Jahr ist aufgrund der unsicheren Lage mit hohen Unsicherheiten behaftet. Das GKM rechnet mit einem Stromabsatz unter dem Vorjahresniveau. Bei der Fernwärme wird eine stabile Nachfrage erwartet.
Ebenfalls in die Zukunft gerichtet ist eine Forderung der Gewerkschaft Verdi, die in einer Erklärung betont: „Das GKM braucht eine alternative Verbrennungsmöglichkeit, um zum einen so früh wie möglich aus der Kohle aussteigen zu können, zum anderen aber sowohl der Belegschaft als auch der Bevölkerung Sicherheiten zu geben.“
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