Mehrwertsteuer

Gastro-Branche warnt vor höheren Preisen im Restaurant

Wie es aussieht, steigt die Mehrwertsteuer auf Speisen in Gaststätten 2024 wieder auf 19 Prozent. Der Gastronomie-Veband fürchtet Schlimmes. Warum der Mannheimer ZEW-Forscher Friedrich Heinemann das für übertrieben hält

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Walter Serif
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Die Mehrwertsteuer in Restaurants soll wieder steigen. Ein Experte des Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) befürwortet das. © Andreas Arnold/dpa

Mannheim. Für Friedrich Heinemann ist eine schöne Woche zu Ende gegangen. Am Montag hatte sich der Experte des ZEW Mannheim kurz vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse ein „hartes Urteil“ erhofft und einen „Paukenschlag“ nicht ausgeschlossen. Nachdem er damit richtig gelegen hatte, zog der Haushaltsauschuss nach übereinstimmenden Berichten am Freitag eine Konsequenz daraus, dass der Bundesregierung per Urteil plötzlich 60 Milliarden Euro fehlen.

Heinemann (ZEW) freut sich über Ende der Mehrwertsteuersenkung

Die befristete Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie von 19 auf sieben Prozent wird deshalb 2024 nicht verlängert. Auch darüber freut sich Heinemann, denn er hatte sich als Autor einer Studie mit der Gastro-Lobby angelegt, die vor einer Pleitewelle in ihrer Branche warnt.

Die Gelegenheit, seine Argumente zu wiederholen, lässt er sich jetzt nicht entgehen. „Die Kampagne der Gastronomie-Lobby und des Großhandels war lautstark und einflussreich. Ihre Argumente waren jedoch schwach und widersprüchlich“, kritisiert der Steuerexperte und erklärt, warum er das so sieht. „Die Steuersubvention für Restaurants ist sozial problematisch, weil sie vor allem den Wohlhabenden hilft. Sie kann den Strukturwandel in der Gastronomie nicht aufhalten, und sie ist sehr kostspielig.“

Heinemann betont, dass die eigentliche Begründung – die Pandemie – seit Längerem Geschichte sei. Allerdings wurde die Ausnahme-Regelung auch mit Blick auf die Energiepreise mehrfach verlängert.

Heinemann verweist darauf, dass die Branchenvertreter ein völlig überzogenes, düsteres Bild einer Rückkehr zur normalen Besteuerung gemalt hätten. Mehr als drei Milliarden Euro würden nun frei für wirkliche Zukunftsprojekte. „Wer bislang am Sinn der Schuldenbremse gezweifelt hat, wird jetzt eines Besseren belehrt. Diese Schuldenregel ist eine unschätzbare Hilfe für eine rationale und zielorientierte Haushaltspolitik“, so Heinemann.

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Das Urteil zwingt die Ampel-Koalition jetzt dazu, „finanzpolitische Prioritäten zu setzen“, wie es der Forscher ausdrückt. Da das Geld jetzt knapp ist, kann die Bundesregierung sich gegen die Widerstände leichter durchsetzen. „Das Bundesverfassungsgericht hat der Regierung mit seinem Urteil jetzt die entscheidende Hilfe in der Auseinandersetzung mit den Interessenverbänden gegeben“, sagt Heinemann.

Dehoga: Erhebliche Preiserhöhungen in der Gastronomie erwartet

Des einen Freud ist des anderen Leid. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg kritisierte, dass die Entscheidung, die Mehrwertsteuer für Speisen wieder anzuheben, „zu erheblichen Preiserhöhungen“ in der Gastronomie im Südwesten führen würde.

Das Votum sei auch für das mittelständische Gastgewerbe ein Tiefschlag, sagte der Dehoga-Landesvorsitzende Fritz Engelhardt laut Pressemitteilung. Das Sterben der Dorfgasthäuser wird sich nach seiner Ansicht weiter beschleunigen. Leidtragende sind demnach nicht nur die Betriebe, deren Beschäftigten und die Gästen, sondern auch die Tourismuswirtschaft im Land. „Wir sind tief enttäuscht.“ CDU-Landeschef Thomas Strobl sagte, die Gastronomie werde jetzt auf dem Ampel-Altar geopfert.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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