Technologie

IPAI: Was man zum neuen KI-Quartier in Heilbronn wissen muss

In Heilbronn soll Deutschlands Hotspot für Künstliche Intelligenz entstehen. Auch das Heidelberger Start-up Aleph Alpha und der Walldorfer Softwarekonzern SAP mischen mit. Ein Besuch vor Ort

Von 
Alexander Jungert
Lesedauer: 
So wie auf dieser grafischen Darstellung soll der KI-Stadtteil einmal aussehen. © IPAI

Im Norden von Heilbronn liegt ein Acker. Auf ihm soll sich entscheiden, welche Rolle Deutschland und Europa künftig bei Künstlicher Intelligenz (KI) spielen werden. Denn hier, unweit der A 6 auf dem Areal Steinäcker, entsteht ein neuer Stadtteil: der Innovationspark Künstliche Intelligenz, kurz IPAI. Heilbronn soll eine Art Silicon Valley werden, inmitten von Weinbergen am Neckar.

Eine Anschubfinanzierung von jeweils 50 Millionen Euro erhält das Projekt vom Land Baden-Württemberg und der Stiftung des Lidl-Gründers Dieter Schwarz, der bereits viel Geld in seine Heimatregion gesteckt hat. Reinhold Geilsdörfer, Geschäftsführer der Dieter Schwarz Stiftung, spricht von „einem kleinen Leuchtturm“. In Deutschland brauche es noch viel mehr solcher Initiativen, findet er. Wie viel der Innovationspark am Ende kosten wird, dazu gibt es keine offiziellen Angaben. Laut Medienberichten will allein die Dieter Schwarz Stiftung zwei Milliarden Euro investieren.

© MM-Grafik

Herzstück des IPAI wird ein kreisförmiger autofreier Stadtteil, so groß wie 42 Fußballfelder. Ein Campus mit knapp 40 Gebäuden und 5000 Beschäftigten von Forschungsinstituten, Universitäten, Konzernen, Mittelständlern und Start-ups. Das Ziel: Deutschland soll beim globalen KI-Wettbewerb mit führenden Nationen wie China und den USA mithalten können. Baubeginn ist im dritten Quartal 2025, erste Gebäude sollen 2027 fertig sein.

Fotostrecke

Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
11
Mehr erfahren

Unternehmen testen und tüfteln bereits gemeinsam in den IPAI Spaces. Das Gebäude in einem Industriegebiet unweit des ehemaligen Buga-Geländes am Heilbronner Hauptbahnhof ist erst vor ein paar Wochen eröffnet worden. Bezeichnende Adresse: „Im Zukunftspark“. Die IPAI Spaces dienen nicht nur als Plattform für Projektpartner wie das Heidelberger Start-up Aleph Alpha oder den Softwarekonzern SAP aus Walldorf. Es steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Man kann mit dem Chatbot von Aleph Alpha über die Vor- und Nachteile Künstlicher Intelligenz debattieren oder gegen die KI am Pong-Automaten antreten. An einem Fenster klebt der Schriftzug: „The global home of human AI.“

Begutachten ein Modell: Aleph-Alpha-Chef Jonas Andrulis (v.l.), Bundesdigital-minister Volker Wissing, Silke Lohmiller und Reinhold Geilsdörfer von der Dieter Schwarz Stiftung sowie Ministerpräsident Winfried Kretschmann im August 2023. © picture alliance/dpa

Deutschland und Europa wollen bei KI souverän sein

„Mit IPAI haben wir einen starken Partner mit klarem Bekenntnis zu vertrauensvoller und erklärbarer KI gewonnen“, sagt Jonas Andrulis, Gründer und Chef von Aleph Alpha. Das Start-up entwickelt Sprachmodelle mit Funktionen Künstlicher Intelligenz, ähnlich wie OpenAI aus Kalifornien mit ChatGPT. Das Unternehmen aus Heidelberg spezialisiert sich auf Anwendungen für die öffentliche Verwaltung und die Industrie. Andrulis wird nicht müde zu wiederholen, wie wichtig es ist, dass Deutschland und Europa bei der Entwicklung und Nutzung von KI souverän sind. Der IPAI gehört wie die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und SAP zu den Investoren von Aleph Alpha.

Kommentar KI-Campus in Heilbronn ist ein wichtiges Signal

Veröffentlicht
Kommentar von
Alexander Jungert
Mehr erfahren

Auch SAP sieht Synergien mit dem Innovationspark. „Hier haben alle Platz am Tisch und die Chance, sich zu vernetzen“, erklärt eine Konzernsprecherin. „In den neu eröffneten IPAI Spaces gibt es ein Büro, in dem sich SAP-Beschäftigte direkt mit anderen Mitgliedern austauschen, gemeinsam an Projekten arbeiten und an Veranstaltungen vor Ort teilnehmen können.“

Heilbronn war als 2021 Sieger einer Ausschreibung des Landes hervorgegangen. Auch die Metropolregion Rhein-Neckar hatte zunächst Interesse an dem KI-Campus gezeigt, am Ende aber keine Bewerbung abgeschickt, weil sich auf die Schnelle kein Co-Finanzierer - wie in Heilbronn die Dieter Schwarz Stiftung - fand. Stattdessen entschied man sich für eine „langfristige Kooperation“. Nach Angaben eines Sprechers laufen Gespräche, konkrete Projekte gibt es noch nicht. Eine Zusammenarbeit kann sich die Metropolregion bei Life Science und grüner Technologie vorstellen.

Ein neuer Campus, auf dem einmal 5000 Menschen arbeiten sollen, ist auch für Verkehrsplaner spannend. Die Stadt Heilbronn untersucht derzeit, mit welchen öffentlichen Verkehrsmitteln sich der Campus besser anbinden lässt: mit Bus, Radschnellweg, Stadtbahn oder Seilbahn? Wer von weiter her kommt, muss sich ohnehin Gedanken machen. Auf der A 6 geht es oft nur stockend voran - und was ist mit der Deutschen Bahn?

Heilbronn zählt zu den wirtschaftsstärksten Räumen in Baden-Württemberg. Doch der Bahnverkehr ist eher tiefste Provinz. ICE-Fernverkehrszüge brausen an der Stadt vorbei. Von Mannheim aus braucht man mit dem Nahverkehr - mit Umstieg in Heidelberg - eine Stunde und 45 Minuten nach Heilbronn. Zum Vergleich: Der ICE von Mannheim ist nach Stuttgart nur etwas mehr als eine halbe Stunde unterwegs.

Halten ICE-Fernzüge künftig dauerhaft in Heilbronn?

Eine gute Nachricht gibt es. Zumindest bis kurz vor Weihnachten halten vier Mal am Tag ICEs, die Passagiere vom Heilbronner Hauptbahnhof ohne Umsteigen bis nach Berlin, Hamburg oder Innsbruck bringen. Denn die Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt wird generalsaniert - in Folge werden einige ICE-Züge über die Frankenbahnstrecke, also über Heilbronn, umgeleitet.

Mehr zum Thema

KI-Start-up

Aleph Alpha will innerhalb von Heidelberg umziehen

Veröffentlicht
Von
Alexander Jungert
Mehr erfahren

Kommentar KI-Campus in Heilbronn ist ein wichtiges Signal

Veröffentlicht
Kommentar von
Alexander Jungert
Mehr erfahren

Endlich erhalte man einen „direkten Anschluss an den Fernverkehr, der notwendig ist“, sagt Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD). Auch wenn das Angebot zunächst vorübergehend ist, zeigt es aus Mergels Sicht: Es lohnt sich, beim Thema Fernverkehrsanschluss hartnäckig zu bleiben. Die Stadt will die Fahrgastzahlen dokumentieren, um gute Argumente für einen dauerhaften Halt von Fernzügen in Heilbronn zu haben. Vielleicht hilft auch die Ansiedlung des KI-Campus dabei.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke