Kommunen

Viele Grundsteuerbescheide auf dem Weg: Fragen und Antworten

Viernheim hat schon begonnen, Mannheim und Heidelberg stehen in den Startlöchern: In den nächsten Wochen dürften die meisten Städte und Gemeinden

Von 
Dieter Keller
Lesedauer: 
Viele Grundstücks- und Wohnungseigentümer in der Region haben bald Klarheit über ihre künftige Grundsteuer. © Jan Woitas/dpa

Rhein-Neckar.. In diesen Tagen starten die ersten Städte in der Metropolregion mit dem Versand der Bescheide über die neue Grundsteuer. Viernheim hat bereits begonnen, in Mannheim soll es nach Angaben der Stadt am 13. Januar losgehen. Heidelberg plant den Versand Ende Januar. Damit bekommen die Grundstücks- und Wohnungseigentümer Klarheit, ob sie nach der Grundsteuerreform ab 2025 mehr oder weniger zahlen müssen als bisher. Die meisten Kommunen dürften in den nächsten Wochen folgen. Das sorgt für jede Menge Fragen.

Ich habe noch keinen neuen Grundsteuer-Bescheid. Soll ich vorsorglich den alten Betrag überweisen?

Auf keinen Fall. Nach den alten Regeln kann keine Stadt oder Gemeinde mehr Grundsteuer verlangen, weil die Rechtsgrundlage weggefallen ist: Das Gesetz ist verfassungswidrig, die Übergangsfrist, die das Verfassungsgericht gewährt hatte, ist Ende 2024 abgelaufen. Jetzt muss jede Kommune auf der Grundlage des jeweiligen neuen Landesgesetzes einen neuen Hebesatz beschließen und allen Immobilieneigentümern einen neuen Grundsteuerbescheid zuschicken. In jedem Fall wird sich dabei ein anderer Betrag ergeben als bisher - ob höher oder niedriger, hängt vom Einzelfall ab.

Und wie sieht es mit einem Dauerauftrag oder einer Einzugsermächtigung aus?

Auch ein Dauerauftrag muss dringend gelöscht werden. Wer dagegen der Stadt oder Gemeinde eine Einzugsermächtigung erteilt hat, muss nichts tun: Diese zieht jeweils zur Fälligkeit den aktuellen Betrag ein. Normalerweise ist die Grundsteuer vierteljährlich fällig am 15. Februar, 15. Mai, 15. September und 15. November. Sie darf aber nichts abbuchen, wenn noch kein neuer Hebesatz beschlossen wurde. Die Mehrzahl der Kommunen im Südwesten hat dies noch 2024 getan und den Versand der Bescheide vorbereitet, schätzt Christopher Heck vom Gemeindetag Baden-Württemberg. Teilweise werden die Gemeinderäte aber auch erst im Januar oder Februar aktiv. Heck verweist auf das Gesetz: Die Hebesätze können noch bis zum 30. Juni rückwirkend beschlossen werden. Werden sie gesenkt, ist das auch danach noch möglich.

Grundsteuer

  • Einnahmen aus der Grundsteuer stehen voll den Städten und Gemeinden zu. Sie ist nach der Gewerbesteuer ihre zweitwichtigste Einnahmequelle, deren Höhe sie durch den Hebesatz beeinflussen können.
  • Bundesweit lagen die Einnahmen 2023 bei 15,1 Milliarden Euro. In Baden-Württemberg bringt die Grundsteuer etwa 1,8 Milliarden Euro – rund 12 Prozent der Einnahmen der Kommunen. Es gibt drei Hebesätze: A für Land- und Forstwirtschaft, B für bebaute und unbebaute Grundstücke und C für baureife Grundstücke. 

Gegen den Grundsteuerwert- und -messbescheid habe ich Einspruch erhoben. Muss ich dann erst mal nichts zahlen?

Doch. Auch wenn noch eine Klage vor Gericht läuft, ist die Grundsteuer erst einmal fällig. Vermutlich wird letztlich erst das Verfassungsgericht entscheiden, ob die verschiedenen neuen Gesetze verfassungsgemäß sind. Das dürfte viele Jahre dauern.

Kann ich abschätzen, wie hoch künftig meine Grundsteuer ausfällt?

Es lässt sich sogar genau ausrechnen. Das Verfahren ist dreistufig: Erst ermittelt das jeweilige Finanzamt im Grundsteuerwertbescheid den Wert der Immobilie nach den Regeln des jeweiligen Bundeslands. Dann teilt es im Grundsteuermessbescheid mit, was der Ausgangspunkt für den konkreten Betrag der jeweiligen Kommune ist. Inzwischen sind nach Angaben des baden-württembergischen Finanzministeriums 99 Prozent dieser Bescheide verschickt, die übrigen sollen bald folgen. In anderen Bundesländern ist die Quote ähnlich hoch. Sie müssen nur den Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz Ihrer Stadt oder Gemeinde multiplizieren.

Wie legen die Kommunen den Hebesatz fest?

Grundsätzlich gab es die Zusage, dass die Reform der Grundsteuer in einer Stadt oder Gemeinde aufkommensneutral sein soll, dass also insgesamt nicht mehr Geld eingenommen wird als bisher. Die Stellschraube dafür ist der Hebesatz, den die einzelne Kommune selbst festlegt. In Baden-Württemberg hatte das Finanzministerium ein „Transparenzregister“ veröffentlicht, welcher Hebesatz aufkommensneutral ist. In Mannheim waren das beispielsweise 312 bis 344 Prozent. Der Stadtkämmerer kam aber zum Schluss, dass das nicht ausreicht. Daher wurden 365 Prozent beschlossen. Ob das wirklich aufkommensneutral ist, lässt sich erst im Nachhinein feststellen. Wenig Sinn macht, dass manche Kommunen herausstreichen, sie hätten den Hebesatz gesenkt. Denn das bezieht sich auf ganz unterschiedliche Messbeträge.

Mehr zum Thema

Flugverkehr

Mannheimer Rhein-Neckar Air verschwindet von der Bildfläche

Veröffentlicht
Von
Walter Serif
Mehr erfahren

Mannheim hat einen neuen Grundsteuerhebesatz von 365 Prozent beschlossen, Ludwigshafen von 817 Prozent. Wird für eine vergleichbare Immobilie also rechts des Rheins mehr als doppelt so viel Grundsteuer verlangt?

Das lässt sich so nicht sagen. Denn die Verfahren, um den Grundstückswert zu ermitteln, sind ganz unterschiedlich: Rheinland-Pfalz hat sich, wie zehn andere Länder, für das Bundesmodell entschieden. Baden-Württemberg dagegen hat ein eigenes Modell beschlossen, bei dem die Bebauung keine Rolle spielt, sondern nur die Grundstücksgröße und der Bodenrichtwert. Deswegen sind Vergleiche der Hebesätze zwischen Ländern nicht mehr möglich, wenn sie unterschiedliche Berechnungsmethoden haben, sehr wohl aber innerhalb eines Landes. So ist der Hebesatz in Mannheim mit 365 Prozent besonders hoch. Stuttgart verlangt nur 160 Prozent, Heidelberg 185 Prozent, Karlsruhe und Tübingen 270 Prozent. Allerdings sind in der Landeshauptstadt Grundstücke und Wohnungen besonders teuer - und damit auch die Bodenrichtwerte. Das gleicht den niedrigen Hebesatz zumindest teilweise aus.

Wird die Grundsteuer für jeden teurer?

Nein, auch wenn leicht der Eindruck entsteht, weil diejenigen laut aufschreien, die deutlich mehr zahlen müssen. Ein wichtiger Faktor ist, wie der Wert der Immobilie ermittelt wird. Für Baden-Württemberg lässt sich tendenziell sagen, dass für Wohnungen in mehrstöckigen Eigentums- und Mietanlagen weniger Grundsteuer anfällt, insbesondere wenn sie auf einem relativ kleinen Grundstück stehen. Ein- und Zweifamilienhäuser werden dagegen teurer, insbesondere bei einem großen Grundstück. Denn berücksichtigt werden nur die Größe des Grundstücks und der Bodenrichtwert in der Gegend, nicht dagegen ob viele oder wenige Wohnungen darauf stehen. In Mannheim zahlen 55 Prozent der Aktenzeichen weniger, berichtet Pressereferentin Désirée Leisner.

Auch Mieter sind von der Reform betroffen. Was müssen sie jetzt machen?

Erst einmal nichts. Der Eigentümer legt die Grundsteuer in der Regel als Teil der Nebenkosten um. Praktisch geschieht das aber erst in der Nebenkostenabrechnung, die im folgenden Jahr erstellt wird, für 2025 also im Lauf des Jahres 2026. Dann muss der Eigentümer nachweisen, was er tatsächlich gezahlt hat. Sinkt die Grundsteuer, profitieren davon die Mieter. Zwar gibt es Vorauszahlungen auf die Nebenkosten. Aber wegen der neuen Grundsteuer dürften sie kaum angepasst werden.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen