Mannheim. Von Laden zu Laden ziehen, Kleidung anprobieren und die Liste an Erledigungen abarbeiten: Ein Einkaufsbummel kann ganz schön anstrengend sein. Schön, wenn es dann eine Auswahl an Cafés, Bistros und Restaurants gibt, in denen man sich ausruhen und stärken kann.
Dass Besucher einer Innenstadt gerne beides - Einkaufen und Essen - kombinieren, belegen Umfragen wie die Passantenbefragung „vitale Innenstädte“, die zweijährlich vom Institut für Handelsforschung Köln in vielen Städten, auch in der Region, durchgeführt wird. Die jüngste Befragung, deren Ergebnisse im Frühjahr vorgestellt wurden, ergab erneut, dass der Besuchsanlass der Mannheimer Innenstadt vor allem Einkaufen und Bummeln ist, dahinter folgt die Gastronomie.
In anderen Städten ergibt sich ein nahezu identisches Bild. Und die vor einer Woche präsentierte Umfrage im Umland der Quadratestadt kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.
Hält Gastronomie Innenstädte attraktiv und lebendig?
Da ist es kein Wunder, dass Essen und Trinken nun ins Blickfeld rücken, wenn es darum geht, das City-Angebot breiter aufzustellen und die Lücken zu schließen, die durch den Rückzug von Einzelhandelsgeschäften entstehen. Können mehr Cafés, Bars oder Restaurants wirklich helfen, Innenstädte unabhängiger vom Handel zu machen und lebendig und attraktiv zu halten?
„Den Trend, dass sich einzelne Handelsketten zurückziehen, sehen wir schon lange. Jetzt spitzt er sich noch einmal zu“, sagt Marion Klemme, Leiterin des Referats Stadtentwicklung beim Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Sie sieht „Potenzial“ für Gastronomie, warnt aber vor zu hohen Erwartungen: „Gastronomie ist nicht einfach ein Lückenfüller im Leerstandsmanagement. Laden raus, Gastronomie rein - so einfach ist es nicht.“ Man müsse die Sache klug denken und angehen. „Denn auf der anderen Seite haben wir auch das Thema Banalisierung und Überangebot: Pommes, Döner oder Churros - oder was auch immer der aktuelle Trend ist.“
Warum nicht jedes gastronomische Angebot der Entwicklung gut tut
Klemme spricht damit eine Entwicklung an, die durch viele deutsche Städte schwappt. Denn der Begriff Gastronomie ist umfassend, schließt im Grunde jede Imbissbude ein. Aber nicht jedes neue Angebot, das entsteht - derzeit vielerorts besonders im Bereich Fast-Food - tut der City gut. Zieht eine Ansiedlung negative Begleiterscheinungen im Umfeld, wie starke (Fett-)Gerüche, Verpackungsmüll oder eine bestimmte Klientel, nach sich, kann das eine Lage auch rasch abwerten und das Gegenteil bewirken.

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Wie wichtig Abwechslung ist, bestätigt ein Sprecher der IHK Rhein-Neckar: „Für die Funktion ,Oberzentrum’ benötigt Mannheim ein vitales, attraktives und wettbewerbsfähiges Gastronomie-Angebot.“ Das müsse möglichst breit sein, „also eine gute Mischung aus Cafés, Bars und Restaurants mit einem weiten Spektrum an angebotenen Stilen und Richtungen“.
Angebote in Mannheim räumlich getrennt
Die sind in Mannheim räumlich immer noch etwas getrennt. Kulinarisch ist die Auswahl in der Freßgasse groß, aber überwiegend in der Bistro- und Imbiss-Schiene. Restaurants im klassischen Sinn sind eher in den Seitenstraßen und am Marktplatz angesiedelt, während die Planken das Angebot an Eiscafés, Bäckereien mit angeschlossenem Café und Fast-Food abdecken. Sterneküche bietet das Modehaus Engelhorn.
„Gastronomie ist natürlich sinnvoll für die Belebung und Frequenz, gerade wenn man die Innenstadt auch als Aufenthaltsraum und nicht nur als Einkaufsstraße denkt“, sagt Marion Klemme. „Dann kann das eine sinnvolle Bereicherung sein, wenn durch Gastronomie mehr Teilhabe, Begegnungen oder Veranstaltungen möglich sind.“ Aber ein Selbstläufer sei das nicht. „Wenn man an höherwertige Gastronomie denkt, ist auch die Frage, wo genau diese in der Innenstadt aufgehoben ist.“
Was geeignete Orte für Gastronomie in der Innenstadt sind
Dafür gebe es kleine Nischen, denn eine Innenstadt sei nicht nur Fußgängerzone. Die Forscherin hält angrenzende Bereiche oftmals sehr gut für Gastronomie geeignet, etwa charmante Seitenstraßen oder kleinere Plätze. „Dafür muss man eine gastronomische Situationsanalyse machen, auch als Kommune vielleicht überlegen, wie ich bestimmte Innenstadtbereiche insgesamt weiterentwickeln möchte. Das bedeutet, dass man den Standort genau analysiert und ein Konzept hat.“
Aufgabe der Kommunen sei es, über das Innenstadtmanagement oder Runde Tische zum Thema die zentralen Akteure, auch aus der Gastronomie, zusammenzubringen. „Es ist wichtig, mit und nicht nur über die Akteure zu sprechen, um deren Ideen und Vorstellungen einzubeziehen“, so Klemme. Aus Sicht der IHK spielt die Außengastronomie eine große Rolle, da sie „stark zum Flair einer Innenstadt beiträgt“. Eine überarbeitete Gestaltungssatzung für die City könne dazu beitragen, „den Gastronomen mehr Möglichkeiten zu geben, die Aufenthaltsqualität in den Quadraten zu steigern“.
Was am Ende der entscheidende Faktor ist
BBSR-Forscherin Klemme gibt zu bedenken, dass „am Ende die Immobilieneigentümer Dreh- und Angelpunkt sind“. Den Vorwurf an die Städte, sie hätten zu stark auf Handel gesetzt, hält sie für falsch: „Es ist über Jahre oder Jahrzehnte so gelaufen, dass der Handel die höchsten Mieten gezahlt hat. Jetzt geht das Konzept nicht mehr auf.“ Es habe jedoch über Jahre funktioniert.
„Letztlich geht es im Kern um Geld und die Mieten. Das ist auch ein Faktor für die Gastronomie: Wenn die Mieten nicht runtergehen, können sich das ja auch nur die wenigsten in 1a-Lagen leisten.“ Für das Thema Gastronomie in Innenstädten gebe es im Moment wenig einfache Erklärungen und auch nicht immer einfache Lösungen.
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