Mannheim. Was zählt mehr in Deutschland– der Gewinn eines Unternehmens oder die Zufriedenheit der Mitarbeiter? Zwar betonen auch die Vertreter der Verbände in ihren Fensterreden immer wieder die gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, wie der Dezember-Bericht des German Business Panel (GBP) der Universität Mannheim belegt. Nur rund einer von zehn Betrieben – nämlich 11,1 Prozent – berücksichtigt als Kriterium des unternehmerischen Erfolgs auch nicht-finanzielle Kennzahlen wie Mitarbeiterzufriedenheit, Energieverbrauch oder Geschlechterquote. Das sind sogar 3,5 Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Seit Juli 2021 fragt das GBP, welche Kennzahlen Unternehmen bei ihren Zielvorgaben berücksichtigen.
Erst Corona, dann der Ukraine-Krieg – die Dauer-Krise setzt den Unternehmen offensichtlich so sehr zu, dass die Appelle an die Betriebe verpuffen, sie mögen ihre Ziele auch an die sozialen und klimapolitischen Herausforderungen anpassen.
Leidensfähigkeit begrenzt
Natürlich gibt es auch immer wieder kurzfristige Gegentrends, wie sich aus dem März-Bericht ablesen ließ. Kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine unterstützten 60 Prozent der befragten Unternehmen die Sanktionen gegen den Kriegstreiber – wohlwissend, dass sich diese auch negativ aufs eigene Geschäft auswirken würden. Daraus zog GBP-Projektleiter Jannis Bischof damals folgende Schlüsse: „Viele Unternehmen verstehen: Die Sanktionen verursachen zwar kurzfristige Kosten, zum Teil auch erheblich. Die langfristigen Kosten, diese Sanktionen zu unterlassen und sich dem Angriff auf unsere freiheitliche Gesellschaft nicht entgegenzustellen, wären noch bedeutend höher.“
Die Leidensfähigkeit der Unternehmen war aber begrenzt. Bischof hat dafür Verständnis, denn der Krieg dauert inzwischen viel länger, als anfangs viele dachten. „Gerade in einem Krisenjahr zählt für viele Unternehmen verständlicherweise zuerst die Sicherung der eigenen finanziellen Basis. Andere gesellschaftlichen Ziele treten dahinter zurück.“
Noch immer eine Männerwelt
Aufschlussreich ist allerdings, welche Prioritäten jene Betriebe setzen, die nicht nur die Erfüllung der finanziellen Kennzahlen als ihre Ziele definieren. Fast 90 Prozent legen besonderen Wert auf die Mitarbeiterzufriedenheit. 56 Prozent haben vor allem das eigene Image im Sinn. Auf nachhaltigkeitsbezogene Kennzahlen wie CO2-Emissionen oder Wasser- und Energieverbrauch schauen 35,4 beziehungsweise 29,3 Prozent. Dieser Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr um jeweils rund ein Drittel gestiegen. „Hier zeigt sich, dass mit zuletzt deutlich gestiegenen Energiekosten Unternehmen zunehmend erkennen, wie sich hoher Ressourcenverbrauch unmittelbar auf den finanziellen Erfolg auswirkt und als eigenes Ziel gerechtfertigt ist“, analysiert Bischof. Wie sehr die Wirtschaftswelt aber – zumindest auf Managerebene – noch von Männern dominiert wird, belegt die Tatsache, dass die Geschlechterquote mit 8,9 Prozent auf dem letzten Platz der Prioritätenliste rangiert.
Eine große Rolle spielen weiche Faktoren auf Branchenebene vor allem in den Bereichen Erziehung und Wissenschaft, Gesundheit- und Sozialwesen, IT sowie Dienstleistungen. Dagegen schneiden das Baugewerbe und der Handel besonders schlecht ab.
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