Berlin. Bügeln, Staub wischen, Geschirrspüler ausräumen: Für die meisten Menschen sind solche Arbeiten lästig. Wie schön, wenn Roboter einspringen könnten. Die Industrie jedenfalls, die bisher solche Geräte für die Fabriken entwickelt, hat den privaten Haushalt entdeckt. Ein deutscher Hersteller will die ersten Helfer noch in diesem Jahr ausliefern. Die Bundesbürger schätzen, dass Roboter das Leben verbessern werden. 67 Prozent rechnen in den kommenden fünf bis zehn Jahren mit einem positiven Einfluss, wie eine repräsentative Umfrage der GFU ergab, des Branchenverbands für Hausgeräte und Unterhaltungselektronik. 17 Prozent erwarten negative Folgen. Grundsätzlich helfen lassen wollen sich 37 Prozent, aber 36 Prozent auf keinen Fall.
Vielleicht liegt es am bisher überschaubaren Angebot. Doch das ändert sich gerade. Weltweit arbeiten Firmen an Robotern, die dem Menschen ähneln. Unter anderem sollen sie schwere Aufgaben übernehmen, etwa in Fabriken, aber auch in der Pflege. Pionier Boston Dynamics, bekannt für den ersten Roboterhund, entwickelt Atlas, Autohersteller Tesla Optimus. FigureAI, bei denen Sam Altman vom Künstliche-Intelligenz-Entwickler OpenAI beteiligt sind, baut Figure02. Alle drei Firmen kommen aus den USA. Chinesische Hersteller wollen bereits in diesem Jahr in großem Stil solche Roboter in den Markt bringen.
1,45 groß, zwei Arme und ein körperhohes, schmales Display
In Deutschland liefert Neura Robotics aus Metzingen einen Roboter, der im Haushalt helfen kann. Mipa ist etwa 1,45 groß, hat zwei Arme und ein körperhohes, schmales Display vorn. Der Roboter fährt auf Rollen, ist vollgestopft mit Sensoren für Temperatur und Feuchtigkeit, schaut mit Kameras und Laserradar auf seine Umgebung, versteht Wlan und Bluetooth und menschliche Sprache. Die künstliche Haut der Hände ist druckempfindlich. Im Hintergrund arbeitet Künstliche Intelligenz. Neura-Robotics-Chef David Reger spricht denn auch von kognitiver Robotik – Roboter, die Sinne haben wie der Mensch.
Mipa ist eine Abkürzung für My Intelligent Personal Assistant (Mein intelligenter persönlicher Assistent). Der Roboter lernt durch Ansprache, wie er genannt wird. „Susi“, „Der Bügler“, „Heinzelmännchen“ – alles ist möglich. Seine Fähigkeiten, so die Idee, bekommt er durch Apps, kleine Programme, zum Beispiel „Staub wischen“ oder „Geschirrspüler ausräumen“, die im firmeneigenen Neuraverse bereitstehen sollen, das die Roboter auch vernetzt.
Dabei steht der Haushalt als Einsatzgebiet für die Helfer erst an dritter Stelle bei den Bundesbürgern, wie die GFU-Umfrage ergab – hinter Sicherheit und Garten. Viele nutzen schon Roboter, die aber nicht jeder als solche bezeichnen würde – den Kochautomat Thermomix von Vorwerk aus Wuppertal etwa, der lästige Arbeit in der Küche abnimmt. Und vor allem auf deutschen Rasenflächen sind bereits zahlreiche Roboter im Einsatz: Flache Mäher ziehen vollautomatisch und klaglos täglich ihre Bahnen über das Grün. Allein im vergangenen Jahr verkauften die Hersteller 110.000 Stück in Deutschland, ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zu 2023.
Derzeit kosten die Techno-Helfer im Schnitt 35.000 Euro
Die neuartigen menschlicheren Roboter sind allerdings deutlich komplizierter. Sie könnten auch bei der Pflege von Angehörigen, bei der Körperpflege und beim Babysitting helfen. Doch gerade bei Kinderbetreuung sind die Deutschen eher skeptisch, wie die GFU-Studie zeigt. Aber: Wer schon heute Putzkräfte, Gärtner, Pfleger oder Babysitter bezahlt, ist Hilfe von moderner Technik weniger abgeneigt. Das könnte auch daran liegen, dass sich solche Dienste nur Haushalte leisten können, die entsprechend hohes Einkommen haben. 50 bis 60 Prozent der Menschen mit einem Jahreseinkommen unter 30.000 Euro sind Roboter-Unterstützung nicht abgeneigt. Bei denen, die über ein Jahreseinkommen von mindestens 80.000 Euro verfügen, sind 70 bis 80 Prozent aufgeschlossen.
Derzeit kosten die Techno-Helfer im Schnitt 35.000 Euro, wie die Beratungsfirma Oliver Wyman ermittelt hat. Die Experten rechnen damit, dass die Preise in den kommenden zehn Jahren auf im Schnitt 15.000 Euro fallen werden – weil die Nachfrage steigt und Roboter günstiger in Masse hergestellt werden können. Der Preis und die hohen Wartungskosten sind denn auch bei 79 Prozent der Bundesbürger der Grund, warum sie erst einmal Abstand nehmen von derartigem Hightech in den eigenen vier Wänden. 61 Prozent fürchten, eigene Fähigkeiten zu verlieren, wenn sie stark auf Technik setzen. 59 Prozent sorgen sich um ihre Daten und ihre Privatsphäre. Schließlich sind solche Roboter mit dem Internet verbunden, die Kameras immer an. Denn ein Haushaltsroboter soll nicht mit Möbeln und Menschen zusammenstoßen.
Mipa soll um die 10.000 Euro kosten. Der Roboter kann derzeit vorbestellt werden. Neura Robotics will noch in diesem Jahr damit beginnen, ihn auszuliefern. Produziert wird im eigenen Werk in Metzingen, wo das Unternehmen auch Industrie- und Transportroboter herstellt. Investoren glauben an die Deutschen. Vor kurzem sammelte das Unternehmen 120 Millionen Euro frisches Geld von Investoren ein, um zu wachsen. Auf der internationalen Fachmesse Automatica in München stellte Neura Robotics kürzlich einen Roboter vor, der einem Menschen deutlich ähnlich sieht. Er heißt 4NE1. Bis er die Bügelbretter der Welt angehen darf, wird es aber noch etwas dauern. Ein Grund: Roboter auf zwei Beinen sind deutlich weniger standfest als Roboter auf Rollen.
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