Musik im Park

So gut klang das einzige Deutschland-Konzert der Pixies - in Schwetzingen

Laut und wuchtig zelebriert die Band aus Boston mit neuer Bassistin vor 3500 Fans im Schlossgarten die gesamte Vielfalt des Alternative Rock

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Die Pixies in Schwetzingen (v.l.): Gitarrist Joey Santiago, Sänger Black Francis, Schlagzeuger David Lovering und Emma Richardson, die neue Bassistin der Bostoner Band. © Dorothea Lenhardt

Schwetzingen. Ein Blick auf den Rücken der T-Shirts zur „World Tour 2024“ der Pixies sagt schon alles: Die ersten Stationen führten die Schrittmacher des Alternative Rock zum Beispiel nach Dublin, Manchester, London, Amsterdam, Paris, Toronto, Chicago, Barcelona und Madrid. Weiter geht es ab 10. August u.a. in Prag, Helsinki, Melbourne oder Sydney. Dazwischen: Schwetzingen. Der Auftritt des Quartetts um Frontmann Frank Black alias Black Francis am Donnerstagabend bei Musik im Park ist in mehrfacher Hinsicht ein exklusives Vergnügen: Es ist ihr einziges Deutschland-Konzert in diesem Jahr. In ihren Tourplänen als Headliner sucht man eine vergleichbar kleine deutsche Stadt seit ihren ersten Gastspielen vergeblich.

Der Blick auf das Tour-T-Shirt zeigt, wie exklusiv - und exotisch - das Konzert der Pixies in Schwetzingen ist. © Jörg-Peter Klotz

Und die Bostoner bieten ihren 3500 Fans - teilweise weit angereist aus Niedersachsen, Franken oder Mexiko, wie man beim Warten am Merchandising-Stand erfährt, das gewohnte Verwöhnprogramm. Die 90-minütige Show geht nach den Auftritten der Vorbands Sprints und Picture Parlour mit den Klassikern „Gauge“ und dem immer großartigen „Wave of Mutilation“ los. Insgesamt stammen acht der 28 atemlos hintereinander gespielten Songs vom Meilenstein-Album „Doolittle“. Das markierte 1988 den weltweiten Durchbruch des 1986 gegründeten Quartetts. Erfolg tut nicht immer gut, 1993 war die Band zerrüttet und trennte sich für zehn Jahre.

Black Francis alias Frank Black: Einer der produktivsten und einflussreichsten Songwriter

Bassistin Kim Deal starte die Breeders, Black eine Solokarriere, die ihn zusammen mit seinem Pixies-Ouvre zu einem der produktivsten und einflussreichsten Songwriter seines Genres gemacht hat. Stilistisch und gesanglich reizt er das Spektrum des Genres extrem eindrucksvoll aus - vom fauchenden Kreischen eines Tiers auf der Kreissäge („Planet Of Sound“) bis zum lakonisch entspannten Geschichtenerzählen.

Konzert

Bei Musik im Park in Schwetzingen gibt's die neusten Songs der Pixies

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So klingen die Pixies vielfältiger als mancher Tag bei Rock am Ring zwischen Rise Against und Bad Religion mit Green Day als Headliner. Das spiegelt sich im brillanten Sound von Gitarrist Joey Santiago, der sogar mit seiner Mütze das Griffbrett bedient. Als der 59-jährige Frontmann nach 33 Minuten zur Akustikgitarre wechselt, begibt sich ein regelrechter Paradigmenwechsel. Am deutlichsten zu spüren bei der zweiten Version von „Wave of Mutilation“ und der Neil Youngs „Winterlong“ zum Abschluss. Black selbst schreibt auch seit 38 Jahren wie am Fließband gute Songs.

Schon drei Songs vom neuen Album „The Night The Zombies Came“, das am 25. Oktober pünktlich zu Halloween erscheint

Das unterstreicht schon das dritte Lied „You’re So Impatient“ vom neunten Pixies-Studioalbum „The Night The Zombies Came“, das am 25. Oktober pünktlich zu Halloween erscheinen soll. Die eingängige, rasante Alternative-Punk-Nummer funktioniert im Kontext der Klassiker genau so wie später die deutlich geruhsamere aktuelle Single „Chicken“ und das bislang unveröffentlichte „The Vegas Suite“. Und es zeigen sich erstaunliche Querverbindungen zu anderen Highlight-Konzerten in diesem Jahr in der Region: Die Coverversion von „Head On“ erinnert daran, dass sich kürzlich The Jesus And Mary Chain nach Heidelberg verirrt haben. Und fast absurd, aber wahr, der in Schwetzingen tonal etwas tiefer gelegte Franchise-Hit „Where Is My Mind“ kommt am Sonntag auf derselben Bühne noch mal zur Aufführung. Denn er gehört zum Kern-Repertoire des inzwischen ausverkauften Konzerts von Placebo.

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Neue Bassistin und Co-Sängerin Emma Richardson fügt sich harmonisch ein

Erstaunlich ist, wie gut sich die erst im März eingestiegene vierte Bassistin der Bandgeschichte in das Trio der älteren Herren einfügt: Emma Richardson harmoniert rhythmisch perfekt mit Drummer David Lovering und prägt mühelos die vom Bass dominierten wavigeren Songs. Ihr Harmoniegesang passt ideal zu Blacks Stimme, mit dem sie auch im Duett „In Heaven (The Lady In The Radioator Song)“ mithalten kann.

Der Sänger erzählt viel in seinen Texten, aber nichts auf der Bühne: Das erste „Hey“ im gleichnamigen Song ist die einzige Form von „Begrüßung“. Zum Abgang gibt es um Punkt 22.30 Uhr nur einen stummen Diener der Band statt einer Zugabe. Aber so machen das große Songwriter wie Bob Dylan gern. Die Fans kennen das und ziehen zufrieden in die Nacht.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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