Serie "Aufgeblüht"

Wie sich Hausfassaden in der Stadt mit Pflanzen begrünen lassen

Triste, graue Fassaden in Städten müssen nicht sein. Teils ganz einfach aus dem Boden oder aufwendig aus an der Wand installierten Trögen heraus lassen sich Häuser begrünen – und bieten somit eine natürliche Klimaanlage und Lebensraum für Insekten.

Von 
Stephan Eisner
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Kübel, aus denen Pflanzen an Seilen nach oben ranken, zieren diese Hauswand in Mannheim. © Otto

Oh wie schön wäre es, auf dem Land zu leben! Oder zumindest einen Garten zu haben. Gerade jetzt, wo der Frühling versucht, den Winter zu vertreiben. Aber leider sind viele in der Wahl der Wohnung nicht ganz frei – und müssen deshalb auf triste Fassaden und trostlose Straßenzüge in der Stadt blicken. Doch warum werden öde Fassaden nicht einfach begrünt? Die Vorzüge von Wänden, an denen Pflanzen wachsen, liegen auf der Hand. Wie wichtig das Grün vor allem in den Sommermonaten ist, merkt jeder, der an heißen Tagen in einen Park oder Wald geht – es ist kühler und die Luft klarer. Auch eine Fassadenbegrünung filtert nicht nur Staub und Schadstoffe aus der Luft, sie schafft Feuchtigkeit und Kühlung. Und natürlich bietet der Blätterwall auch einen Lebensraum für Vögel und Insekten.

Ein absoluter Experte bei Fassadenbegrünungen in der Region ist Julian Otto. Der 29-Jährige ist der Juniorchef der alteingesessenen Mannheimer Gärtnerei „Blumen Otto“. Nach der Gärtnerausbildung und dem Gartenbau-Studium in Weihenstephan kehrte er vor fünf Jahren zurück nach Mannheim und arbeitet seitdem im elterlichen Betrieb. „Kurz nachdem ich angefangen hatte, kam die Anfrage, bei einem Mehrfamilienhaus in der Mannheimer Neckarstadt die Fassade zu begrünen. Dann fragte ein Architekt an, der in Mannheim-Jungbusch Pflanzen ans Haus anbringen lassen wollte – aber nicht vom Boden aus“, erzählt Julian Otto. Die Bepflanzung sollte schlichtweg keinem Vandalismus ausgesetzt werden.

Ein Stück Natur in der Stadt

Diese Herausforderungen reizten den jungen Unternehmer. „Ich wollte ein Stück Natur in die Stadt bringen.“ Er entwickelte stabile Halterungen, die im ersten Stockwerk an die Wand geschraubt wurden und organisierte Töpfe aus Recycling-Kunststoff, die er an den Halterungen befestigte. „Wir haben auf einem Hubwagen gestanden und die Anlage installiert“, blickt er zurück. Ein Problem, das es zu lösen galt, war die Bewässerung. „Im Winter brauchen die Pflanzen kaum Wasser. Und in den Sommermonaten wird nun die Bewässerung von den Balkonen aus weggeleitet“, sagt Otto.

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Generell wird bei der Fassadenbegrünung in drei Kategorien unterschieden: der bodengebundenen Begrünung, der wandgebundenen (mit Kübeln) und der fassadengebundenen oder modularen, bei der viele kleine Pflanzen in einem flächendeckenden Spezialgerüst installiert werden. „Das sieht dann wie ein Pflanzenteppich an der Hauswand aus“, erklärt Otto. Dieser „Teppich“ kann aus Farnen, Geranien, Steinbrech, Zwergmispel oder Johanniskraut bestehen. Bei der ersten Variante wächst das Grün aus dem Boden. Entweder – und das ist die einfachste und gebräuchlichste Variante – arbeiten sich sogenannte Selbstklimmer ohne eine Rankhilfe nach oben. „Das können zum Beispiel Efeu oder Wilder Wein sein“, erklärt der Fachmann. Mit Hilfe von Edelstahlseilen, Rankhilfen oder Spalieren können aber auch Kletterhortensien, Geißblatt, Blauregen und Waldrebe, Pfeifenwinde oder Klettertrompete die Hauswände zieren. „Welche Art der Begrünung verwendet werden kann, hängt mit der Beschaffenheit der Fassade zusammen“, sagt Julian Otto. Bei wärmegedämmten oder verkleideten Fassaden komme grundsätzlich nur ein Klettergerüst in Frage. „Denn Selbstklimmer wachsen in Fugen und Spalten und könnten die Fassade beschädigen.“ Dass beispielsweise Efeu eher lichtfliehend sei, müsse man ebenfalls einkalkulieren – könne ihn dann aber eben auch an schattigen Mauern verwenden.

Eine entscheidende Rolle spielen – wie so oft im Leben – die Kosten. Während ein Wilder Wein oder Efeu für wenige Euro im Fachhandel zu kaufen – und schnell gepflanzt – ist, zeigt sich die wand- und fassadengebundene Begrünung natürlich viel aufwendiger und somit kostenintensiver. Etwa 1500 Euro kostet der Quadratmeter mit den modularen Systemen. „Wegen des hohen Aufwands setzen wir deshalb diese Bepflanzung oft auch als eine Art ,Bilder’ im Innenraum ein. So entsteht in größeren Gebäuden eine grüne Wand“, erzählt der Juniorchef. Bei den troggebundenen Varianten treibt vor allem die Haltekonstruktion und Statik die Kosten nach oben. „Ein nasser Kübel mit Laub wiegt schnell einmal 150 Kilogramm. Das muss gesichert werden“, stellt Otto fest. Und so kann man von etwa 500 Euro pro Kübel an Kosten ausgehen.

Ein Knackpunkt bei den trog- und fassadengebundenen Systemen kann die Wasserversorgung sein – vor allem wenn kein Wasseranschluss in der Nähe ist. Hier hofft Otto nun auf ein neues Bewässerungssystem aus Isreal, das bedarfsgerecht Wasser abgibt – rein mechanisch. Während die bodengebundene Begrünung ein bis zwei Mal pro Jahr Düngung und einen Rückschnitt braucht, ist bei der bei den wandgebundenen Varianten der Aufwand höher. Hier muss zwei- bis dreimal pro Jahr geschnitten werden, die Wasser- und Nährstoffversorgung geprüft, gedüngt, Pflanzen getauscht und eine Frostsicherung vorgenommen werden.

Die Aussicht aber, noch mehr Grün in die Städte zu bringen, klingt verlockend. „Die Leute sehnen sich danach“, stellt Otto fest. Und genauso wie Dachbegrünungen immer selbstverständlicher werden, könnten auch die Fassaden künftig ihren wichtigen Beitrag zum besseren Stadtklima leisten.

Ressortleitung Projektredakteur/Autoredakteur

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