Mannheim/ Viernheim. Wird „Das Kanu des Manitu“ der erfolgreichste Film des Jahres – oder ein Problem? Die große Premierengala vor 3.000 Gästen ist am Dienstagabend in München über die Leinwand gegangen. Am Donnerstag läuft der „Schuh des Manitu“ Nachfolger von und mit Michael „Bully“ Herbig deutschlandweit an. Das ist mit enormen Erwartungen verbunden, denn der Erstling aus dem Jahr 2001 ist mit fast zwölf Millionen verkauften Kinokarten der erfolgreichste deutsche Film, seit die Zahlen ab 1968 systematisch erhoben werden (und ohne die Besuchenden-Zahlen in der DDR).
Das Original ist Kult, lieferte Zeilen, die noch heute im allgemeinen Sprachgebrauch stattfinden („Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden“). Aber die klamaukige Karl-May-Western-Parodie polarisiert aus heutiger Sicht auch: Was vor fast 25 Jahren meist als liebevolle Hommage und Neckerei verstanden wurde, könnte heute einen ganz anderen Nerv treffen: Das Spiel mit Klischees über Schwule, Fantasievorstellungen von nordamerikanischen Indigenen à la Winnetou oder ein eher holzschnittartiges Frauenbild würden heute keine einhelligen Begeisterungsstürme mehr auslösen – eher Bauchschmerzen und mehr oder weniger starke Störgefühle.
Wir haben bei den zwei großen Kinos der Region nachgefragt, wie sie den Start der Western-Parodie einschätzen – ob man sich beim Vorverkauf beeilen muss, ob sie Probleme Bully Herbigs Humor erwarten und warum der wahrscheinlich erfolgreichste deutsche Film des Jahres ausgerechnet in den Sommerferien anläuft. Für das Mannheimer Cineplex antwortet Lars Gölitzer, Geschäftsführer der Filmtheaterbetriebe Spickert, im Namen des Kinopolis spricht Francesco Babo Bertolini, Leiter Kinomarketing bei der CineArt Marketing GmbH in Darmstadt.
Was kann man bisher über „Das Kanu des Manitu“ sagen?
Eine eigenständige Geschichte, keine Fortsetzung – man muss „Der Schuh des Manitu“ nicht unbedingt gesehen haben. Die Handlung dürfte eher Nebensache sein. Hauptsache ist, dass das mit der TV-Show „Bullyparade“ populär gewordene Comedy-Dreigestirn der Hauptdarsteller (und Drehbuchautoren) wieder zusammen mit hoher Taktung Gags abspult: Regisseur Michael „Bully Herbig“ („LOL – Last One Laughing) als Zwillingspaar Abahachi und Winnetouch, Ranger Christian Tramitz („Hubert ohne Staller“) in Old-Shatterhand-Montur sowie der Komiker Rick Kavanian u. a. als Dimitri. Sky du Mont hat einen Auftritt als Edelschurke Santa Maria. Vom Hauptensemble fehlt nur Marie Bäumer. Dafür stehen Jasmin Schwiers und Jessica Schwarz (immerhin als „Der Boss“) relativ weit vorn auf der Cast-Liste.
Ist es nicht ungewöhnlich, dass der Nachfolger des zweiterfolgreichsten deutschen Films aller Zeiten in einer Woche anläuft, in der viele Bundesländer Sommerferien haben?
„Grundsätzlich nicht“, sagt Lars Gölitzer vom Cineplex. Man gehe davon aus, dass Familien, Schülerinnen Zeit für Kino haben und nicht die kompletten Ferien im Urlaub sind. „Unsere Kinos öffnen in den Ferien früher, somit können wir mehr Vorstellungen anbieten. Filmverleiher wissen das natürlich zu nutzen.“ Das sieht Francesco Babo Bertolini für das Viernheimer Kinopolis strategisch genau so: „Eine Platzierung im Sommer ist durchaus sinnvoll – das hat bereits der ,Barbenheimer‘-Effekt im Sommer 2023 gezeigt, als sich sowohl ,Barbie‘ als auch ,Oppenheimer‘ besuchertechnisch über mehrere Wochen hinweg kontinuierlich steigerten.“
Ist der Starttermin auch Ausdruck von festem Glauben des Verleihs Constantin an einen Selbstläufer-Effekt?
Gölitzer würde das nicht so nennen: „Der Film tritt in große Fußstapfen, wird aber begleitet von einer starken Marketingkampagne vom Verleih.“ Bertolini bewertet das ein wenig anders: „Sicherlich wird es gerade bei den Generationen, die bereits ,Der Schuh des Manitu‘ im Kino erlebt haben, einen gewissen Selbstläufer-Effekt geben. Gleichzeitig sind wir uns bewusst, dass der Film auch ein neues Publikum ansprechen und begeistern muss.
Wie läuft der Vorverkauf?
„Der Vorverkauf in Mannheim läuft gut, an unseren weiteren Standorten etwa in Neustadt sogar sehr gut“, verrät der Cineplex-Sprecher. „Wir bieten in Mannheim einen FerienDeal für alle Gäste an, so dass man auch diesen Film bei uns stark rabattiert sehen kann. Wir gehen davon aus, dass das den Vorverkauf noch weiter ankurbelt.“ Das Kinopolis teilt mit: „In den vergangenen Wochen hat sich der Vorverkauf ausgesprochen erfreulich entwickelt. Wir sind mit unserem aktuellen Marktanteil sehr zufrieden und blicken dem Filmstart mit großer Vorfreude entgegen.“
Müssen sich Besucherinnen und Besucher beeilen, um Karten für das Startwochenende zu bekommen?
Das sieht zurzeit in den Kinos der Region noch relativ entspannt aus, zumal die Kinos auf stark steigende Nachfrage reagieren können. Natürlich empfiehlt es sich, vorab zu reservieren. Bei der Cineplex-Gruppe sei die Nachfrage in der Pfalz, in Neustadt, besonders hoch. „Hier sind in den ersten Tagen die Hauptvorstellungen schon sehr voll. In Mannheim haben wir – auch wegen der größeren Säle – noch Kapazitäten.
Fakten zu Bully Herbigs Westernparodien
- Das „Kanu des Manitu“ von Regisseur Michael „Bully“ Herbig läuft ab 14. August in den deutschen Kinos an – unter anderem im Mannheimer Cineplex und im Viernheimer Kinopolis Rhein-Neckar.
- Der Vorgängerfilm „Der Schuh des Manitu“ resultierte aus einer Sketch-Reihe im Rahmen der TV-Show „Bullyparade“ (1997–2002, ProSieben) von und mit Bully Herbig, Christian Tramitz und Rick Kavanian.
- Seit der systematischen Erfassung der Verkaufszahlen von Kinokarten 1968 für die Bundesrepublik ist „Der Schuh des Manitu“ die erfolgreichste deutsche Filmproduktion hierzulande (und in Österreich). Er verzeichnete fast zwölf Millionen Besucherinnen und Besucher sowie ein Einspielergebnis von rund 65 Millionen Euro.
- Wenn man die Resonanz an den Kinokassen der früheren DDR bis 1989 berücksichtigt, ist eine andere deutsche Slapstick-Produktion der Top-Kassenschlager der Nachkriegszeit in Deutschland: Otto Waalkes‘ „Otto – Der Film“ (1985) mit insgesamt 14,5 Millionen Zuschauenden (8,8 Millionen in der Bundesrepublik, 5,7 Millionen in der DDR).
Generell sind wir als Cineplex-Gruppe aber sehr zufrieden mit den bisherigen Vorverkäufen“, so Gölitzer. Bertolini verweist für seine Kette auf den Vorabstart am Dienstag, 12. August, in München: „Wir hatten in unserem Flaggschiff Mathäser Filmpalast München die Weltpremiere des Films mit über 3.000 Besuchern und ausverkauften Vorstellungen.“ Auch in einigen weiteren Kinopolis-Standorten seien bereits die ersten ausverkauften Vorstellungen für das Startwochenende zu vermelden.
Auf den Online-Portalen von Cineplex und Kinopolis war der Film lange nur in jeweils zwei Sälen gebucht. Für einen Blockbuster nicht viel – wie stufen die großen Kinos den „Schuh des Manitu“-Nachfolger grundsätzlich ein?
Dazu erklärt das Mannheimer Multiplex-Kino: „Wir geben bei Vorverkäufen mittlerweile nicht mehr alle verfügbaren Vorstellungen in den Verkauf, sondern nur die Hauptvorstellungen in den großen Sälen. Mit dem Filmstart werden wir sehr viel mehr Vorstellungen anbieten, als bisher online sichtbar sind.“
Bertolini ergänzt für Viernheim: „Wir haben den Film zum Vorverkauf im Kinopolis Rhein-Neckar in der Startwoche seit Anfang Juli mit jeweils sechs Vorstellungen bei uns platziert.“ Mit der jetzigen Wochendispo erhöhe sich die Vorstellungsanzahl zum Teil auf bis zu zwölf Vorstellungen pro Tag. „Wir sind fest davon überzeugt, dass der Film die erfolgreichste deutsche Produktion des Jahres werden wird.“
Passt der Humor von Bully Herbigs Western-Parodie mit Klischees über Homosexuelle, Indigene und Frauen noch in die Zeit? Werden Shitstorms befürchtet?
Da ist Gölitzer für das Cineplex ganz klar: „Als Kinobetreiber lassen wir das Publikum entscheiden, ob etwas gefällt oder nicht. Beurteilen kann man das ohnehin erst, wenn man den ganzen Film gesehen hat.“ Bully Herbig habe oft betont, dass man sich nicht zurückgehalten habe, was den Humor angeht, sich aber auch durchaus Gedanken darüber gemacht habe, wie zeitgemäß die Witze heute seien. „Bisher sind keine Protest-Nachrichten bei uns eingegangen; wir sind gespannt, was das Publikum sagt“, sagt der Mannheimer. Auch Bertolini ist in dem Punkt „zuversichtlich, dass ein Filmemacher wie Michael Bully Herbig genau versteht, wie er sein Publikum auch in der heutigen Zeit mit Humor erreichen kann.“ Bereits im Trailer zum Film sei sein Gespür für pointierte und zeitgemäße Gags erkennbar gewesen.
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