Kommentar Bei der Grundsteuer müssen die Kommunen Maß halten!

Eigentümer und Mieter wissen noch nicht, was bei der Grundsteuer auf sie zukommt. Die Kommunen haben es in der Hand, dass die Reform aufkommensneutral ausfällt. Hoffentlich halten sie sich daran, meint Walter Serif

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Walter Serif
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Mannheim. Selten hat die Politik bei einer Reform so viele Fehler gemacht wie bei der Grundsteuer, die 2025 in Kraft tritt. Dass die Eigentümerinnen und Eigentümer den Finanzämtern die Daten liefern müssen, die die Beamten sich selbst bequem besorgen könnten, ist auch im Rückblick völlig unverständlich. Auch deshalb, weil die Finanzverwaltung dadurch nicht entlastet wird. Jetzt müssen die Beamten ja den vielen Grundsteuerpflichtigen in Deutschland erklären, was sie denn genau tun müssen. Und das kostet eben auch viel Zeit.

Das ist schon ärgerlich genug, aber der Kardinalfehler liegt woanders: Es gibt keine Grundsteuerreform aus einem Guss. Jedes Bundesland kann machen, was es will. Wer in der Metropolregion das Glück hat, Immobilien in Mannheim, Ludwigshafen und Bensheim zu besitzen, muss sich besonders wappnen, denn Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen haben drei verschiedene Grundsteuermodelle.

Das ist nicht nur nervig, es stellt sich auch die Frage, ob diese regionalen Unterschiede nicht gegen die Steuergerechtigkeit verstoßen. Zum Beispiel, dass in Baden-Württemberg nur der Grundstückswert erfasst wird, es also egal ist, ob die Eigentümerin in einer Bruchbude oder in einer Villa lebt. Darüber wird das Bundesverfassungsgericht gewiss entscheiden müssen. Aber auch die neuen Bodenrichtwerte könnten auf dem Prüfstand der Justiz landen. Können die Gutachterausschüsse der Kommunen wirklich die Bodenrichtwerte realistisch einschätzen, wenn es zum Beispiel in einer Wohngegend nur wenige Käufe und Verkäufe gibt? Die Auswertung der Verträge soll ja als wichtiges Instrument bei der Festsetzung der Bodenrichtwerte dienen.

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Die Kommunen stehen aber nicht nur bei den Bodenrichtwerten in der Verantwortung. Sie haben mit dem Hebesatz den entscheidenden Hebel in der Hand. Klar ist: Das Grundsteueraufkommen würde in Deutschland drastisch steigen, wenn die Kommunen die Hebesätze nicht senken würden. Dazu muss man wissen: Die Richter haben nur die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt, weil die Einheitswerte veraltet waren. Deshalb ist es in Ordnung, dass der Gesetzgeber eine „aufkommensneutrale“ Reform beschlossen hat. Nur: Er kann die Kommunen nicht zwingen, sich daran zu halten. Den nötigen Druck aufbauen muss deshalb die Öffentlichkeit. Jeder Gemeinderat muss dann erklären, warum er die Hebesätze nicht ausreichend senken will. Erst recht, wenn er diese bereits vor dem Start der Reform erhöht hat.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft