Unerbittlich verfolgen die Grünen in Baden-Württemberg ihren Kurs zur Eindämmung des bisher legalen Glücksspiels in den Spielhallen. Sie wollen ihren bundesweit einmaligen Sonderweg auf Biegen und Brechen durchsetzen und über fragwürdige Abstandsregeln das Angebot ausdünnen. Sie folgen damit den Suchtpolitikern mit der Überzeugung, dass weniger Gelegenheit zum Spiel auch die Spielsucht eindämmt. Beim Rauchen hat der Ansatz offensichtlich funktioniert. Dass die gleiche Partei aus innerer Überzeugung aber bei Haschisch die Sanktionen senkt, zeigt die ganze Widersprüchlichkeit des Ansatzes.
Spielhallen sind nicht die Welt der Grünen. Da verkehren viele junge Männer, die offensichtlich nicht zur Stammwählerschaft der Partei gehören. So lässt sich leicht ein moralisches Exempel statuieren. Dass auch die Grünen gleichzeitig neue Glücksspielangebote im Internet zulassen, muss in den Ohren der Spielhallenbetreiber wie Hohn klingen. Dort können die gleichen Automatenspiele gespielt werden, ohne Alterskontrolle und bis auf weiteres auch ohne ausreichende staatliche Kontrolle. Denn die Behörde dafür muss erst noch aufgebaut werden.
Zu diesem Spiel macht die CDU als Koalitionspartner gute Miene. Die zuständige Wirtschaftsministerin ist abgetaucht, verweigert den Betroffenen über Monate ein Gespräch und beantwortet nicht einmal Briefe der kommunalen Spitzenverbände. Selbst wenn man die Warnung vor dem Wegfall von 8000 Arbeitsplätzen nicht auf die Goldwaage legt: Dass die CDU als Wirtschaftspartei darüber kein Wort verliert, um sich das Wohlgefallen des großen Koalitionspartners zu erhalten, zeigt die aktuelle Willfährigkeit der geschrumpften Partei.
Trotz der in den letzten Jahren eingeführten Sicherungsmaßnahmen sind Spielhallen natürlich kein Hort der Glückseligkeit. Die Suchtgefahr besteht. Aber der Boom der verbotenen Angebote deutet darauf hin, dass die Wünsche des Publikums sich andere Kanäle suchen, wenn ein legaler Bereich so stark zurückgedrängt wird. Mit dieser Begründung dürfen ja sowohl die staatliche Lottogesellschaft wie die Spielbanken trotz der Suchtgefahr ihre Geschäfte betreiben. Die daraus resultierenden Abgaben geben auch Grünen-Politiker gerne aus.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Der Glücksspielkurs der Grünen ist realitätsfremd
Peter Reinhardt über den Glücksspielkurs der Grünen