Falsche Entscheidung

Peter W. Ragge zum geplanten Verkauf der Kirche St. Hildegard

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Peter W. Ragge
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Ausgerechnet! St. Hildegard in Käfertal-Süd – das ist nicht irgendeine Kirche in irgend einem Mannheimer Stadtteil. St. Hildegard bildet derzeit die logistische Basis und das ideelle Fundament für die mit enorm guter Resonanz gestartete, ideenreich gestaltete ökumenische Kirche auf der Bundesgartenschau. Mitten in der Euphorie, wie gut dieses neue Angebot ankommt, erfahren die Gemeindemitglieder dann, dass ihr Gotteshaus verkauft werden soll. Kein Wunder, dass sie den Eindruck haben, ihnen werde gerade der Boden unter den Füßen weggezogen.

Denn gerade hier ist dieser Boden außerordentlich gut bereitet. St. Hildegard weist ungewöhnlich viele und vielfältige ehrenamtliche Aktivitäten auf. Bei der Gemeindeversammlung dominierten keineswegs, wie sonst oft, „Grauköpfe“, sondern viele junge Leute, junge Familien. Schließlich hat sich die Gemeinde sehr aktiv in den wachsenden Stadtteil eingebracht, und direkt vor ihrer Haustür liegen zwei große Neubaugebiete – nämlich die früheren Kasernenflächen Franklin und Spinelli.

Dass sich die – ohnehin krisengeschüttelte und schrumpfende – katholische Kirche ausgerechnet dort zurückzieht, wo sie noch ankommt und Erfolg hat, ist völlig unverständlich, ja unsinnig.

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Natürlich ist Ausbildung für Pflegeberufe richtig und wichtig. Aber hier wird ja kein neuer Standort geschaffen, sondern bei einem Verkauf von St. Hildegard nur eine bestehende Einrichtung dorthin verlegt. Wenn man sich anschaut, wie viele (für schulische Zwecke durchaus geeignete) Büro- und Gewerbegebäude in Mannheim leer stehen, fragt man sich ernsthaft, weshalb hierfür ausgerechnet in ein Kirchengebäude eigens Stockwerke eingezogen werden sollen.

Natürlich muss sich die Kirche – beide Konfessionen – angesichts der generell schrumpfenden Zahl von Gläubigen von Gebäuden trennen. Das ist keine Frage – auch wenn das sehr schwer fällt, weil an vielen Kirchen Erinnerungen und Emotionen hängen. Die Evangelische Kirche hat dazu einen transparenten, demokratischen Prozess gestartet, um ihre Häuser nach nachvollziehbaren Kriterien zu bewerten. Solch ein Prozess, solche nachvollziehbaren Kriterien fehlen bei den Katholiken noch völlig. In vielen Stadtteilen, auch in Käfertal-Süd, wird man mittelfristig zu ökumenischen Lösungen kommen müssen. Der Verkauf von St. Hildegard wäre dagegen eine kurzfristige Einzelfallentscheidung, weil die Caritas gerade mal Räume braucht. Für eine wachsende Gemeinde wäre es die falsche Entscheidung.

Redaktion Chefreporter