Eines kann man Boris Johnson nicht vorwerfen: Nein, der britische Premier bleibt konsequent. Eine Eigenschaft, die man dem ehemaligen Bürgermeister von London nicht immer nachsagen konnte. Doch der blonde Strubbelkopf hat entschieden, dass am 19. Juli Corona beendet ist – und bleibt dabei. Ab kommendem Montag werden alle Beschränkungen aufgehoben. Die Briten sollen zu einem normalen Leben zurückkehren.
Und schon davor wurde fleißig gelockert. Wimbledon und Wembley stehen für Groß-Ereignisse, zu denen die Fans in Scharen strömten. Vor allem bei den EM-Partien in der britischen Hauptstadt waren Abstand oder Masken kein Thema. Die Bilder jubelnder Menschen-Massen vor dem Finale der Fußball-Europameisterschaft und nach dem Führungstreffer der Three Lions haben all diejenigen verstört, die sich in den vergangenen 15 Monaten jeden Gang vor die Haustür gründlich überlegt, jeden Kontakt mit weniger als zwei Meter Abstand angstvoll vermieden haben.
Nun also 140 000 Motorsport-Enthusiasten in Silverstone – pro Tag. Der Hinweis, die Fans würden ja angesichts nicht vorhandener Infrastruktur mit dem eigenen Auto anreisen ist ein Hohn. Und es bleibt nur ein schwacher Trost, dass man als Zuschauer bei der Formel 1 eher im Freien sitzt und extatische Momente wie im Fußball nicht so häufig sind. Spätestens wenn Lewis Hamilton bei seinem Heimspiel die Siegesserie von Herausforderer Max Verstappen stoppt, wird man sich jubelnd in den Armen liegen.
Zu Hause vor den Fernsehern wird sich das Gros der Disziplinierten die Frage stellen, ob sich Corona auch negativ auf das Denkvermögen und die Vernunft auswirkt. Wissenschaftlich begleiteter Feldversuch hin oder her, so lange die Mehrheit auch in Groß-Britannien noch nicht wirkungsvoll vor der Delta-Variante geschützt ist, sollte man den Menschen keine falschen Hoffnungen machen. Denn die Konsequenz könnte tödlich sein.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Fan-Rückkehr in Formel 1: Fatale Konsequenz
Jan Kotulla sieht die Fan-Rückkehr in der Formel 1 kritisch