Kommentar Ikke Hüftgold und das Kostümverbot auf der Buga: Klischee olé

Es ist eine wichtige Diskussion, doch sie droht unter zu viel Partyschlagerlärm unterzugehen. Weder dem Awo-Ballett noch der Buga ist mit der Geschichte um den Kostüm-Eklat geholfen, findet Anna Suckow

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Anna Suckow
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Weil er nicht den ESC retten konnte, rettet Partyschlagersänger Ikke Hüftgold („Dicke Titten, Kartoffelsalat“) einfach unsere Freiheit. Was war passiert? Ein Awo-Ballett, bestehend aus Frauen zwischen 60 und 90 Jahren, wollte zur Buga mit einer getanzten Weltreise auftreten. Für jede Station ein landestypisches Kostüm – so der Plan. Und dann das: Die Buga erteilt Kostüm-Verbot! Facebook-Kommentatoren sehen den nahenden Untergang des Abendlandes. Und Ikke, er springt mit einem Song den Awo-Damen bei und ruft: „Deutschland schafft sich ab! Holt den Sombrero raus!“

Einmal kurz durchatmen: Der Buga ging es um die Sorge, die Kostüme könnten den Eindruck entstehen lassen, es würden kulturelle Stereotype zur Unterhaltung ausgeschlachtet werden. Es mag überraschend sein, aber: Mexikaner tragen selten Sombreros im Alltag. So wie Deutsche in den wenigsten Fällen außerhalb des Bayernurlaubs in Lederhosen anzutreffen sind. Für eine Veranstaltung mit mindestens nationaler Strahlkraft, die sich um Nachhaltigkeit und Diversität bemüht, ist ein „No zum Sombrero“ also ethischer Mindeststandard.

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Die Damen des Balletts sind hingegen über jeden Vorwurf der kulturellen Aneignung erhaben. Ihnen ging es zweifelsohne um Respekt gegenüber fremden Kulturen, den sie auf ihre Art zeigen wollten. Wenn aber der viel zitierte Sombrero bei – wohlgemerkt mit Steuergeldern subventionierten Events – nicht mehr auf den Köpfen der „Das wird-man-ja-noch-tragen-dürfen“-Sagern im Publikum sitzt, geht nichts verloren. Wenn andere nicht mehr unter verletzenden Stereotypen leiden, haben sie indes viel gewonnen.

Fakt ist: Weder dem Awo-Ballett noch der Buga ist mit dieser Geschichte geholfen. Die einen werden völlig überrollt, die anderen verstricken sich in misslungener Kommunikation. Und nun wird die wichtige Diskussion auf ein Stammtisch-Niveau gesenkt. Davon profitieren am Ende nur Wutbürger und das Spotify-Konto von Herrn Hüftgold.

Redaktion