Die Corona-Zeit hat für Viele auch die Sicht auf ihr Büro verändert. Anfangs gab es sicher einen Kick, von zu Haus aus und im Jogginganzug, an virtuellen Meetings teilzunehmen und sich ansonsten unbeobachtet durch den Tag zu arbeiten. Wobei, unbeobachtet war dann so eine Sache: Nur eine Minderheit verfügt zu Hause über Räume in Büroqualität. Der Arbeitsplatz in Küchen, Wohnzimmern oder sonst wo führte nach und nach zu erheblichen Störungen im Familienleben. Wie nach einer gewissen Zeit – vorher unvorstellbar – die meisten Schüler sich wieder nach der Schule mit Lehrern und Mitschülern sehnten, vermissten auch viele Erwachsene den angestammten Arbeitsplatz in ihrer Firma. Und da war wieder fast alles wie „früher“. Die Kaffee-Ecke mit Kühlschrank und abgelaufenen Milchprodukten. Das Raucher-Exil vor der Tür. Aber auch die Bewohner der Bürolandschaft waren alle wieder da. Die „Abteilungsgockel“ stolzieren wieder durch die Räume und beachten in ihrer eigenen Wichtigkeit die emsigen „Büromäuschen“ genauso wenig, wie die in ihren Augen unermüdlich schaffenden „Esel“. Spannend wird es, wenn der „Abteilungsgockel“ auf den „Büro-Papiertiger“ trifft. Der unterstreicht nämlich seine Wichtigkeit mit diversen elektronischen Botschaften, dazu produziert er noch Unmengen von Papiervorlagen, die beeindrucken sollen.
Da aber bei Papiertigern, wie bei Gockeln, oft mehr Schein als Sein vorherrscht, landen ihre Ergüsse gerne bei einem anderen tierischen Mitbewohner des Büros, im „Reißwolf“. Der schreddert unermüdlich entbehrliche Dokumente. Weil viele Firmen inzwischen eine bestimmte Anzahl von Homeoffice-Tagen mit individueller Arbeitsgestaltung ermöglichen, kann man sich aber immerhin immer mal wieder verschnaufen, bevor man sich erneut in den Büro-Zoo begibt.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/meinung/kommentare_artikel,-kommentar-reisswoelfe-und-papiertiger-_arid,2098480.html
Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Reißwölfe und Papiertiger