Freizeit - Von den Vorzügen „unmotorisierter“ Fahrradmodelle Die Sache mit dem Akku-Rad

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In der Ebene des Rheins lädt uns die Natur geradezu ein, mit dem Rad unterwegs zu sein! Schon als Kind liebte ich mein Rädchen sehr und drehte im Hof meiner Eltern meine Runden. Mit zwölf Jahren schenkte mir mein Vater ein 28er Dünnfelgenrad mit Fünfgang-Kettenschaltung, mit dem ich als Schüler nach Schwetzingen fuhr und das ich bis vor Kurzem noch besaß. In meiner Zeit als Lehrer in Speyer und später in Mannheim machte ich mit diesem Rad Ausflüge mit meinen Schülern. Sie konnten es nicht glauben, dass dieses so alt und gepflegt war. Jetzt dreht es in Polen seine Runden und lebt hoffentlich noch lange.

In den Jahren meiner Kindheit und Jugend war Radfahren eine normale Sache. Damals bedurfte es keiner Aktionen, das Rad schmackhaft zu machen. Die meisten Leute hatten ganz einfach kein Auto. Vielerorts waren Menschen mit dem Hängerle unterwegs. Es gab einmal vier Radläden in Ketsch. Bei Ries in der Enderlestraße konnte man noch ein in Deutschland gebautes Markenrad erwerben. Mein Jugendrad verkaufte Opel Kemptner in der Gutenbergstraße. Das letzte Ketscher Fahrradgeschäft Ecke Schwetzinger/Enderlestraße hielt sich nicht lange. Vielleicht hätte es in der Zeit der Radschnellwege eine Chance?!

Dort kauften meine Frau und ich vor über zehn Jahren die Räder, die wir gern für Ausflüge in die nähere Umgebung benutzen. Inzwischen ist der Akku in Mode gekommen, und so überholen uns auch ältere Jahrgänge recht forsch. Junge, durchgestylte Kampfradler preschen sich heran, reagieren unwirsch, aufgehalten zu werden von solchen Spaßradlern wie uns. Klingeln oder höfliche Anrede – selten! Für einige scheint auch die Straßenverkehrsordnung nicht zu gelten. Der 30 Stundenkilometer fahrenden Pkw ist ihnen ein Dorn im Auge. Die Schrittgeschwindigkeit in der Carl-Theodor-Straße in Schwetzingen gilt anscheinend nur für die Autofahrer, auch in der Fußgängerzone Mannheimer Straße wird lustig durchgebrettert.

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Ob wir uns auch Akku-Räder kaufen sollten? Das ist hier die Frage! Ich denke, wir behalten unsere Räder und tun was für die Gesundheit, wenn wir weiterstrampeln. Die Unfälle besonders sich überschätzender reiferer Jahrgänge nehmen zu. Ein Rad, das nicht gebaut werden muss, verbraucht zudem keine Ressourcen. Ein Akku, der nicht geladen werden muss, spart Energie. Er muss nicht teuer gekauft und nicht ersetzt werden, ihm droht nicht der Diebstahl und er stellt kein Brandrisiko in der Wohnung dar. Strom muss nicht dafür erzeugt werden. Der wird für die Digitalisierung viel dringender benötigt. Auch Batterien müssen nach vielen Ladungen irgendwann entsorgt werden, worüber man sich Gedanken machen sollte, nicht nur beim Fahrrad!

Mit dem Weiterbenutzen unserer Räder, denke ich, leisten wir außerdem einen Beitrag zum Klimaschutzkonzept des Rhein-Neckar-Kreises. Die Anregung, auf diese Art Nachhaltigkeit zu praktizieren, zeigt offen die Widersprüchlichkeit von Ökonomie und Ökologie. Doch wir sind nicht alleine. Langsam kommt es ins Bewusstsein, dass man Dinge reparieren und auch noch länger benutzen kann. So wie das unsere Altvorderen ganz natürlich und oft ohne Not taten. Repair-Shops sind noch das Ding von wenigen Idealisten, denen es unheimlich Freude macht, das geplante Wegwerfenmüssen zu überlisten! Doch auch der Gesetzgeber erkennt inzwischen, dass er handeln und dafür sorgen sollte, dass die Lebensdauer von Geräten nicht von vornherein durch entsprechende Bauteile begrenzt wird und eine Reparatur durch technische Maßnahmen verhindert wird. Der Fortschritt der Technik zwingt uns, Neues zu erwerben.

Das Wachstum sichert unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand. Doch nicht alle Features werden wirklich benötigt und müssen mitunter sogar ungewollt in Kauf genommen werden. Manchmal, nicht immer, hilft es nachzudenken, ob man Neues wirklich braucht und inwieweit dieses die Lebensqualität verbessert.

Klaus Tremmel, Ketsch