Altlußheim. Wie viel Miete ist für eine Wohnung in Altlußheim gerechtfertigt? Wie lässt sich berechnen, welcher Preis für die jeweilige Immobilie angemessen ist? Die Antworten auf diese Fragen interessierten die Mitglieder des Gemeinderats. Liefern sollte sie Evelyn Strunck, Vorsitzende des Gemeinsamen Gutachterausschusses Südwestlicher Rhein-Neckar-Kreis.
Denn dieses Gremium hatte einen Fragebogen für Mieter und Vermieter in seinen zehn Mitgliedsgemeinden – zu denen gehören neben Altlußheim Brühl, Eppelheim, Hockenheim, Ketsch, Neulußheim, Oftersheim, Plankstadt, Reilingen und Schwetzingen – entwickelt, um die nötigen Daten zu ermitteln. Die 808 Rückläufer, die bis zum 30. September 2024 eingingen, hatte der Gutachterausschuss strukturiert ausgewertet und auf dieser Grundlage eine Übersicht über die ortsüblichen Vergleichsmieten erstellt. Dabei wurden Mietverträge einbezogen, die in den sechs Jahren vor dem Stichtag, bei Neuvermietung oder Mieterhöhung vereinbart wurden. Zugleich sollten die Vertreter von CDU, FWV, Grünen und SPD entscheiden, ob sie die Mietübersicht als einfachen Mietspiegel anerkennen – und ihr damit rechtlich bindenden Stellenwert verschaffen.
Eine Mietübersicht dürfe jeder Marktteilnehmer anfertigen und veröffentlichen, erklärte Strunck. Allerdings sei die Qualität solcher Werke, wie sie Internetportale oder Maklern häufig publizieren, oft fragwürdig. Meist würden sie nur Neuvermietungen berücksichtigen und es nicht klar, auf welcher Datenbasis sie zustande kamen. Der Ausschuss hingegen habe auch bestehende Verträge und vergleichbare Kriterien wie die Größe einer Wohnung sowie ihre Ausstattung, Beschaffenheit und Lage bedacht und zudem beim Erstellen seiner Übersicht die vorgesehenen Verfahren befolgt.
Ebenfalls wichtig: Als Mietspiegel dürfe sie nur bezeichnet werden, nachdem die zuständige Behörde – zum Beispiel die Gemeinde – oder die Interessenvertreter der Mieter und Vermieter sie anerkannt haben. Ein derartiger einfacher Mietspiegel werde auf der Internetseite der Gemeinde und des Gutachterausschusses veröffentlicht und stehe den Bürgern kostenlos zur Verfügung. Spätestens alle zwei Jahren solle er überprüft und auf den neuesten Stand gebracht werden. Ein qualifizierter Mietspiegel dagegen müsse nach wirtschaftlichen Grundzügen erstellt werden und strengeren Vorgaben genügen, allerdings seien nur Kommunen ab 50.000 Einwohnern dazu verpflichtet, einen solchen zu erstellen. Kleinere Gemeinden wie Altlußheim könnten sich auch für die einfache Variante entscheiden.
Realistische Beispiele zeigen grobe Preisspanne
Darüber hinaus erarbeitete der Ausschuss Strunck zufolge einen sehr detaillierten Mietrechner, der eine ausführliche Liste von Merkmalen umfasst, anhand derer sich eine ortsübliche Vergleichsmiete für die betreffende Wohnung ermitteln lässt. Angemessen sei jeweils ein Mietpreis, der maximal 19 Prozent über oder 18 Prozent unter des errechneten Wert liegt. Das veranschaulichte sie mit drei realistischen Beispielen. Demnach würde die Vergleichsmiete für eine Drei-Zimmer-Wohnung im Fliederweg mit 75 Quadratmetern, kleinem Balkon und Duschbad, in Fußreichweite weder Bushaltestelle noch Discounter oder Kita, in den 1950er- bis 1960er-Jahren errichtet und zuletzt vor der Jahrtausendwende modernisiert, würde die Vergleichsmiete 8,60 Euro pro Quadratmeter betragen. Für eine Drei-Zimmer-Wohnung in zweiter Baureihe im Bereich Tulla-/Hauptstraße, 80 Quadratmeter, Balkon, Duschbad und Gäste-WC, nach 2004 erbaut, mit Fahrradraum, bereitgestellter Einbauküche und Bus, Kita sowie Geschäften im Ortskern, die fußläufig erreichbar sind, liege die Mietpreis um die 11,90 Euro je Quadratmeter.
Einen angemessener Preis für eine Vier-Zimmer-Wohnung in der Johann-Sebastian-Bach-Straße, erbaut in den 50ern, 105 Quadratmeter, ohne Balkon, mit Durchgangszimmer, Nachtspeicheröfen und älteren E-Boiler, das Bad nur mit Badewanne ausgestattet, Bus, Discounter oder Kindergarten nicht in Gehweite und energetisch schwach, seien 7,30 Euro angemessen. Einen genauen Wert für die ortsübliche Vergleichsmiete nenne der Gutachterausschuss bewusst für keine Gemeinde, da der Mietpreis aufgrund der vielen Faktoren vom konkreten Einzelfall abhänge, betonte die Vorsitzende.
Ist die Wohnung in einer Gegend zu teuer? Wie hoch ist die Miete im Vergleich zu anderen Vermietern? Sowohl Wohnungsinteressenten als auch Vermieter wüssten künftig, woran sie sind, kommentierte Klaus Oettinger (FWV) die ausführliche Präsentation. Sie biete eine belastbare Grundlage, sei einfach und gut verständlich. So ermögliche die vorgestellte Übersicht ein systematisches Vorgehen, womit „Sie bei uns offene Türen einrennen“. Daher stimme seine Fraktion dafür, diese als einfachen Mietspiegel zu übernehmen.
Der Mietspiegel sei längst überfällig gewesen, da viele Menschen immer wieder nachgefragt hätten, erklärte Kay Schweikert (CDU). Die Übersicht samt Rechner gebe Vermietern und Mietern eine solide Basis an die Hand, mit der beide Seiten arbeiten können. Holger O. Porath (Grüne) hob hervor, ein fairer, einfacher Mietspiegel sei essenziell, um für Mieter und Vermieter eine Geschäftsgrundlage darzustellen. Damit werde eine seit Langem bestehende Lücke geschlossen. Der einfache Mietspiegel definiere vor allem Obergrenzen für die Mietpreise in vergleichbaren Wohnungen, sagte Richard Schmitt (SPD). Er diene Vermietern als klare Orientierung und helfe Mietern, mit guten Erfolgschancen zu hohe Mietpreise vorzugehen. Letztlich waren alle Ratsmitglieder dafür, die Übersicht als Mietspiegel für Altlußheim anzuerkennen.
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