Brühl. Einen großen Bahnhof konnte es wegen der Corona-Pandemie nicht geben. Die Verabschiedung von Walter Barbarino in den Ruhestand fiel aber trotzdem herzlich aus. „Für die Jugendmusikschule ist heute kein guter Tag“, begrüßte Bürgermeister Dr. Ralf Göck neben dem Musikschulleiter nur vier Gäste zu der kleinen Feierstunde im großen Sitzungssaal des Rathauses.
Barbarino, seit 1977 an der Musikschule Mannheim tätig und seit 1980 an der Außenstelle in Brühl beschäftigt, geht zu einem Zeitpunkt, in dem die kommunale Einrichtung ihren 50. Geburtstag feiert. Seit 2009 war er der Leiter der Jugendmusikschule. Was die Musik besonders für junge Menschen bedeute, habe er ja bereits in einem ausführlichen Interview mit SZ-Redakteur Ralf Strauch wiedergegeben, meinte Göck: „Du warst mit der Zupferey oder dem Intrada-Ensemble ein Aushängeschild für unsere Jugendmusikschule.“
Nach der Übernahme der Leitung von Thomas Jandl habe man mit Barbarino genau den Richtigen am Ort gehabt: „Die Außenstelle hat sich so weiter entfalten können.“ Unzählige Schüler hätten die Möglichkeit zum Erlernen eines Instruments und zum gemeinsamen Musizieren gehabt, betonte Göck. Leider sei wegen Corona derzeit nur digitaler Unterricht möglich, bedauerte er. Mit seinen Schülern habe Barbarino als „Experte für Gitarre“ viele Preise erzielt, sogar Bundessieger hervorgebracht und die Hufeisengemeinde immer wieder bestens musikalisch repräsentiert, überreichte der Bürgermeister ein Brühler Bild mit Widmung als Dank und Anerkennung.
Sehnsuchtsort Karibik
Abteilungsleiter Bjoern Strangmann und sein Stellvertreter Michael Angierski überbrachten die Glückwünsche der Musikschule Mannheim. Wenn alle im Sommer über Hitze stöhnten, fange Barbarino erst an, sich richtig wohlzufühlen, meinte Strangmann und spielte auf dessen Sehnsuchtsort, die Karibik, an. Seit weit über vier Jahrzehnten sei er für Schüler und Eltern sowie seine Kollegen da: „Ununterbrochen an der Musikschule Mannheim, was für eine ungewöhnlich lange Zeit auch in anderen Berufen.“ Barbarino bringe kurzerhand die Musikschule in wärmere Gefilde und berichte dann von erfolgreichen Konzertreisen und glücklichen Schülern. Ganz ohne Hintergedanken lege er dann noch eine wichtige Erkenntnis fest: „Gitarre spielen ist gleich gute Gemeinschaft ist gleich tolle Konzertreise ist gleich sinnvolle Freizeitbeschäftigung.“
Der Schwerpunkt des Gitarrenlehrers habe immer auf der Ensemblearbeit gelegen, die ihm viele Schüler eingebracht hätte. Zahlreiche Konzerte in Brühl erzählten davon. Barbarino auf die vielen Auftritte zu reduzieren, würde ihm aber nicht gerecht. Mit seinem Gitarrenorchester „fascinatio citharis“, mit dem er auch zahlreiche Preise bei renommierten Orchesterwettbewerben gewonnen hat, machte Barbarino einige seiner Schüler zu Bundespreisträgern bei „Jugend musiziert“ und sorgte auch bei der Musikschule für Lehrernachwuchs: Philippe Wolter, Mathias Buchta und Sohn Moritz Barbarino gaben ebenfalls dort Unterricht. Der Gitarrenfachmann gehörte seit zwölf Jahren zum Leitungsteam der Musikschule Mannheim und war in Brühl die Schnittstelle zur Gemeinde.
Immer gelassen
„Walter Barbarino kann eigentlich nichts aus der Ruhe bringen, er bleibt immer gelassen und humorvoll und findet bei Schwierigkeiten unkonventionelle Lösungen, sodass er auch mal mit Hausschuhen auf der Konzertreise ins Flugzeug steigt“, gab Strangmann noch eine Anekdote zum Besten.
Das Leitungsduo aus Mannheim gratulierte im Namen der Belegschaft, der Fachbereichsleitung, der Schulleitung und des Leitungsteams und wünschte „die Gesundheit, die man braucht, um immer wieder die lange Reise in die Karibik aufzunehmen und weiterhin das Glück zu genießen“. Strangmann überreichte dazu einen südamerikanischen Cabernet an Barbarino: „Wir sehen uns bei der Musik, ganz bestimmt.“
Seine Nachfolgerin ab 1. Mai, Birgit Drath, freut sich auf Brühl. Sie hoffe, dass sie Barbarinos Erbe weiterführen könne, dankte die Musikpädagogin der Schulleitung für das entgegengebrachte Vertrauen. Jochen Ungerer erinnerte daran, dass Barbarino sein erster Gitarrenlehrer gewesen sei. Deshalb sei er auch in den Sport gewechselt, lachte der Hauptamtsleiter: „Walter, wir haben zusammen tolle Veranstaltungen gemacht, sei es in Brühl oder in Ormesson, danke dafür.“
Barbarino freute sich über die Dankesworte. Er denke gerne an die hervorragende Zusammenarbeit und die Höhepunkte wie die Konzertreisen nach Spanien, Österreich, Ungarn, Tschechien, Singapur, Malaysia und Costa Rica zurück. Auch die zahlreichen Preise, die seine Schüler in Wettbewerben eingeheimst hätten, würden ihm unvergessen bleiben.
Eine schöne Anekdote hatte er auch noch parat. In Costa Rica habe das Ensemble einmal in einem Nationalpark für eine alte Frau gespielt. Beim ersten Stück hätten sich einige Brüllaffen dazugesetzt: „Zum Schluss hatten wir unter den Zuhörern mehr Affen als Menschen.“
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl_artikel,-bruehl-bruehler-jugendmusikschulleiter-in-den-ruhestand-verabschiedet-_arid,1787434.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl.html