Brühl. Ende des Monats wird der bisherige Leiter der Jugendmusikschule nach über zehn Jahren in dieser Funktion und 41 Jahren als Lehrer der Einrichtung in den Ruhestand wechseln. Seine Aufgaben soll ab Samstag, 1. Mai, seine Nachfolgerin Birgit Drath offiziell übernehmen. Wir sprachen mit der sympathischen 54-Jährigen über ihren bisherigen Werdegang und über ihre Pläne bezüglich der Entwicklung der Jugendmusikschule Brühl.
Laut der jüngsten Jahresstatistik (wir berichteten) werden in der kommunalen Einrichtung derzeit 165 junge Musiker unterrichtet.
Wenn Sie sprechen, hört man ein wenig, dass sie nicht aus der Region stammen können . . .
Birgit Drath: (lacht) Ja. Ich bin aufgewachsen im Land Brandenburg, habe mein Abitur in Potsdam in einer speziellen Musikklasse gemacht. Dann habe ich in Leipzig auf Gymnasiallehramt Musik und Germanistik studiert. Nachdem ich das Studium beendet hatte, bin ich nach Thüringen gegangen und habe dort in der Kreismusikschule in Sondershausen gearbeitet – in der Zeit war ich bereits neun Jahre Außenstellenleiterin im Altkreis Artern. Dabei habe ich in den Fächern Klavier, Akkordeon, der musikalischen Früherziehung und Musiklehre unterrichtet. Aus familiären Gründen bin ich im Jahr 2001 nach Baden-Württemberg, nach Weinheim, gezogen. Dort habe ich auch nach der Elternzeit sieben Jahre in der Musikschule gearbeitet. Ich wollte mich dann aber gern vertragsmäßig erweitern, weil ich mehr arbeiten wollte. Das war leider in Weinheim nicht möglich und so bin ich 2011 an der Musikschule Mannheim gelandet.
Was waren da Ihre Unterrichtsbereiche?
Drath: Ich habe dort angefangen, im Elementarbereich zu arbeiten. Das heißt eben musikalische Früherziehung, ich habe dort auch Eltern-Kind-Gruppen, also die ganz jungen Kinder. Ich bin in Kooperationen mit den Grundschulen tätig und betreue den Orff-Spielkreis für Kinder von sechs bis acht Jahren. Und ganz wichtig ist mir die Sprachförderung in sehr vielen Kindergärten, die über ein städtisches und ein Landesprojekt finanziert wird. Nachdem ich dort einige Jahre gearbeitet und festgestellt hatte, dass es das Fach Akkordeon in Mannheim nicht mehr gab, habe ich ein Konzept entwickelt, wie dieses Instrument wieder erweckt werden könnte. Das hat funktioniert – seit zwei Jahren gibt es wieder Akkordeonschüler in Mannheim.
Warum ist Ihnen das Akkordeon so wichtig?
Drath: Akkordeon habe ich bereits als Drittklässlerin angefangen zu lernen. Ich habe dann recht schnell gemerkt, dass es ein Nischeninstrument ist, eines, das nicht ganz so präsent ist – zumindest im Land Brandenburg damals. Dabei ist das Akkordeon so vielfältig, so facetten- und klangreich, dass man darauf alles spielen kann. Es ist eben nicht nur ein Instrument, mit dem man Volksmusik spielen kann, ich finde, Akkordeon klingt supertoll mit Klassikwerken – man kann fantastisch Bach darauf spielen – aber auch Tango oder Musette Walzer. Es ist so variantenreich, deswegen liegt mir das Akkordeon derart am Herzen.
Warum haben Sie sich um den Posten als Jugendmusikschulleiterin in Brühl beworben?
Drath: Zunächst einmal ist Brühl eine hübsche Gemeinde mit ganz berühmten Söhnen und Töchtern – beispielsweise Steffi Graf, aber auch Rio Reiser lebte eine Zeit lang in Brühl. Zudem kam für mich persönlich hinzu, dass ich mich nicht nur im Unterricht verwirklichen, sondern gern auch wieder Konzerte organisieren möchte, um so die Musik weiterzutragen, als nur im Unterricht. Ich möchte nicht nur die Schüler für die Musik begeistern, die Freude weiterreichen. Ich möchte die Tätigkeit der Musikschule weit in die Bevölkerung streuen. Das ist mir persönlich ganz wichtig. Da ich die Erfahrung mit einer Leitungsfunktion in Thüringen ja schon gesammelt hatte, war mir schnell klar, dass mir diese Aufgabe unheimlich viel Spaß machen kann. Und die Ausschreibung für Brühl kam da genau zum richtigen Zeitpunkt in meinem Leben. Ich möchte einiges bewegen und ich habe noch viele Ideen, die ich gerne und mit Begeisterung nach Brühl tragen möchte.
Können Sie mit diesen neuen Ideen gut auf dem Bestehenden der Jugendmusikschule aufbauen?
Drath: Ja, ganz wunderbar. Es gibt hier ja schon ganz tolle Sachen. Walter Barbarino hat da sehr erfolgreiche Grundsteine gelegt mit seiner riesigen und hervorragenden Gitarrenklasse sowie den Ensembles und Gitarrenorchestern, aber auch durch die enge Kooperation mit der Bläserakademie. Das ist eine super Grundlage, die möchte ich natürlich unbedingt fortführen und in dem Rahmen auf jeden Fall entsprechend weitergestalten. Aber ich denke, dass ich solche Kooperationen erweitern möchte, damit es nicht nur diese zwei bedeutenden Ankerpunkte gibt, sondern vielleicht auch weitere Kooperationsmöglichkeiten, um auch andere Instrumente wieder zu etablieren und den Unterricht breiter zu fächern, etwa durch die Blockflöten, den Gesang oder Streicher. Die Klarinetten sind in Brühl ja auch sehr erfolgreich. Dazu kommt eine mögliche Zusammenarbeit mit der Gemeindebücherei – ich denke, lesen und Musik passen hervorragend zusammen. Und, wie ich gerade ausgeführt hatte, arbeite ich ja in Mannheim sehr viel im Elementarbereich, deshalb möchte ich dieses Gebiet auch in Brühl gern erweitern. Basisarbeit mit den Kindern ist ungeheuer wichtig, denn man kann mit den jungen Schülern ganz viel machen, um das Interesse an der Musik zu wecken. Und das ist dann eine gute Basis, um den Instrumentallehrern Nachwuchs zu bieten. Und so werde ich mich auf jeden Fall auch noch einmal intensiv mit meinen beiden Vorgängern Thomas Jandl und Walter Barbarino austauschen, um mir ein umfassendes Bild von dem, was geht, zu machen.
Sie sprechen von den ganz jungen Schülern – welches Alter ist damit gemeint?
Drath: Das sind die Jungen und Mädchen aus den Kindergärten und jünger. In den Eltern-Kind-Gruppen sind ja die Jüngsten eineinhalb Jahre alt. Dann gibt es die musikalische Früherziehung für Kinder von vier bis sechs Jahren. Aber auch mit den Grundschulkindern kann man sehr viel machen. Da möchte ich beispielsweise gern auch Akkordeonklassen aufbauen. Bei den Kindern ist das Interesse, Instrumente zu lernen, auf jeden Fall da – das muss man aber wecken und fördern. Dazu möchte ich dann die örtlichen Kindergärten und Grundschulen mit ins Boot einer Kooperation holen.
Das hört sich ja nach einer langfristigen Bindung mit Brühl an . . .
Drath: Was mich betrifft auf jeden Fall. Das habe ich vor.
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