Brühler Partnerschaften

Brühls Partnergemeinde Dourtenga in schwieriger Lage

Von Burkina Faso bis Frankreich: Brühls Städtepartnerschaften im Wandel – zwischen Terror in Dourtenga, Schüleraustausch mit Frankreich und einem Neustart mit Weixdorf.

Von 
Ralf Strauch
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Die Schüler der Landwirtschaftsschule warten noch immer auf den Beginn des Unterrichtes. © Abel Abga

Brühl. Die Gemeinde Brühl pflegt mehrere Partnerschaften mit anderen Orten – da ist die älteste Verbindung die mit dem französischen Ormesson-sur-Marne, dann die mit dem sächsischen Weixdorf, inzwischen ein Stadtteil der Landeshauptstadt Dresden, und mit Dourtenga im westafrikanischen Burkina Faso. Zudem gibt es sehr enge freundschaftliche Beziehungen über den Rhein hinweg in die Nachbargemeinde Otterstadt. In allen vier Beziehungen ist derzeit einiges an Bewegung, worüber der Brühler Bürgermeister Dr. Ralf Göck und Amtsleiter Jochen Ungerer in der jüngsten Sitzung des zuständigen Gemeinderatsausschusses informierte.

Dramatisches berichtete Göck aus Dourtenga. Burkina Faso befindet sich in einer tiefen Krise: Die Sicherheitslage habe sich in den vergangenen Jahren auch nach aktueller Einschätzung des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung massiv verschlechtert. Mehr als zwei Millionen Menschen seien wegen der anhaltenden Gewalt innerhalb des Landes auf der Flucht. Nach Einschätzung der Vereinten Nationen werden im laufenden Jahr 6,3 der rund 23 Millionen Einwohner auf humanitäre Nothilfe angewiesen sein. Burkina Faso gehört zu den ärmsten Ländern der Welt, doch die Situation im Land wird zu den „vergessenen Krisen“ gezählt.

Terrorismus breitet sich auch in Dourtenga aus

Die Zahl terroristischer Anschläge durch islamistische Gruppen nehme allgemein in Burkina Faso kontinuierlich zu, immer mehr Landesteile seien betroffen – inzwischen habe die Gewalt der bewaffneten Banden auch erste abgelegenere Ortsteile von Dourtenga erfasst, informierte Göck. Die afrikanische Partnergemeinde besteht aus zwölf Ortsteilen, deren Größe jeweils von knapp 70 bis rund 3.300 Einwohnern reicht.

Allgemeine Ziele der islamistischen Milizen sind staatliche Einrichtungen wie Polizeiposten und Gemeindeverwaltungen, aber auch Schulen und Kirchen. Die Regierung hat die Kontrolle über mehr als 40 Prozent des Staatsgebiets verloren, heißt es aus dem Ministerium.

„Unsere Partnergemeinde Dourtenga ist zur Zeit leider nicht zu beneiden“, urteilte Göck in einem Bericht über die Partnerschaft. So sei man informiert worden, dass es neben den schwieriger werdenden klimatischen Verhältnissen auch einen Machtumsturz gegeben habe – weg vom Autokraten, hin zu wechselnden militärischen Machtapparaten. Inzwischen sei diese Konfliktlage auch nach Dourtenga vorgedrungen. Nachdem Terroristen einzelne Ortsteile übernommen hätten, seien deren Bewohner innerhalb der Gemeinde intern zu Verwandten und Freunden geflohen. „Das ist eine nicht einfache Situation für die Menschen dort“, gab Göck seine Informationen von Vertrauensleuten aus Dourtenga wieder. Damit habe sich der islamistische Terrorismus in den Randbereichen bereits festgesetzt.

Hauptort von Dourtenga scheint sicher

Der Förderkreis Dritte Welt aus Brühl habe inzwischen als jüngstes Projekt in Dourtenga die wichtige Landwirtschaftsschule fertig gebaut, aber die Regierung vor Ort habe Schwierigkeiten, für diese Einrichtung Personal zu stellen. Immer wieder würden kämpferische Gegenmaßnahmen vom Militär vorgenommen, aber die Lage sei für eine dauerhafte Befriedung zu umfassend. Die letzten Nachrichten zeigten, dass man per Drohnen die Terrorstellungen aufkläre, aber die Bekämpfung der Terroristen sei herausfordernd, weil es auch eine gewisse Unterstützung der Kämpfer aus der örtlichem Bevölkerung heraus gebe.

„Es ist also ein ganz schwierige Situation, die wir wegen der immer nur bruchstückhaften Informationen von hier aus nur ganz, ganz schwierig beurteilen können“, meinte Göck. So werde es immer problematischer, von Brühl aus die Hilfsmaßnahmen weiter zu führen. Gleichwohl würden die Projekte – vor allem im zentralen Ortsteil und weniger in den von Terroristen übernommenen Randgebieten – so weit, wie möglich, fortgeführt.

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Stefan Kern
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Auch Ratsmitglied Gabi Rösch (SPD) vom Vorstand des Freundeskreises Dourtenga unterstrich, dass nach ihren Informationen im Hauptort „noch alles in Ordnung ist“. In den Schulen laufe der Unterricht weiter, weil die Lehrer sich ehrenamtlich engagieren würden. Die Säuglingsspeisung laufe weiter und auch die Medikamentenversorgung in der Krankenstation werde erfolgreich fortgeführt. „Die Menschen in Dourtenga sind sehr bemüht, dass die Zusammenarbeit mit Brühl weitergeführt werden kann“, urteilte Rösch. Man solle die gewachsene Partnerschaft deshalb nicht einfach abreißen lassen, denn „die Menschen brauchen die Zusammenarbeit unbedingt“.

Brühler Schüler sorgen für Belebung

Ein hingegen durchweg „sehr, sehr erfreuliches Thema“ sah Ungerer im Schüleraustausch mit dem französischen Partnerort im Süden von Paris (wir berichteten). „Wir sind richtig begeistert von dieser Begegnung“, sprach er auch für seine Mitarbeiterin Katja Rheude. Es habe sich gezeigt, dass man mit den Schulbesuchen auf dem richtigen Weg seien. Nicht nur die Sauberkeit und die Ausstattung der Marion-Dönhoff-Realschule sei den fanzösischen Jugendlichen und der begleitenden Lehrerin aufgefallen, sondern auch die offene und freundliche Art der Lehrenden. Gleichzeitig gab es viel Lob für das Erleben in den gastgebenden Familien, die am Ende auch erklärten, die französischen Jugendlichen seien bei ihnen in Brühl jederzeit willkommen. „Genau das ist es, was wir erreichen wollten“, unterstrich Ungerer.

Der nächste Schüleraustausch der Realschule und dem Collège Saint Exupéry wird im Frühjahr kommenden Jahres stattfinden, die andere Seite wird im September die Partner besuchen. Näheres wird noch mit dem Comité de Jumelage beziehungsweise in den beiden beteiligten Schulen besprochen. Ungerers Dank galt dem Ortsverein im Deutschen Roten Kreuz und der Freiwilligen Feuerwehr, die bei den Ausfflügen mit ihren Kleinbussen und Fahrern logistisch unterstützt und so viel Geld für die Gemeindekasse eingespart hätten.

Zwei neue Ortschefs bei Brühler Partnern

Der nächste große Austausch mit Ormesson soll am Wochenende, 4. bis 7. Juli, in Brühl stattfinden. Dann finde zugleich das katholische Pfarrfest statt, das einen interessanten Programmpunkt bieten könnte. Man wolle aus Kostengründen auf weite Fahrten verzichten, sondern den Menschen aus Ormesson schöne, fußläufig erreichbare Stellen in Brühl zeigen. 2026 wird das Treffen in Frankreich stattfinden – rund um den Tag des offenen Denkmals dort. Dann könne man am Wochenende, 18. bis 20. September, auch das Schloss von Ormesson besuchen, „für viele Brühler sicherlich eine Premiere“.

„Der Austausch mit Weixdorf gestaltet sich nun erst einmal ganz neu“, erklärte Göck. Der Grund ist, dass der langjährige Ortsvorsteher von Weixdorf und frühere Brühler Owwerkerweborscht Gottfried Ecke, sein Amt im sächsischen Rathaus an Alexander Manzke übergeben habe. Deshalb werde es im laufenden Jahr keine große Begegnung geben, sondern im Mai oder August nur ein kleines Treffen mit einigen Ortschaftsräten in Brühl, um neue Impulse für die Partnerschaft zu entwickeln. Die Ausstellung des Fotoclubs Weixdorf rund um den Tag der Deutschen Einheit wird wohl nicht wie ursprünglich geplant stattfinden. Der Termin dafür werde wohl um eine Woche vorgezogen.

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Ein Wechsel im Amt des Ortsbürgermeisters gibt es auch in Otterstadt. Auf dem Chefsessel des pfälzischen Nachbarorts sitzt nunmehr Theo Böhm. Die Kontakte seien weiterhin gut, so werde der Brühler Rat eingeladen, um auf der anderen Rheinseite ein kommunales Projekt kennenzulernen. Das soll am Freitag, 16. Mai, stattfinden.

Redaktion

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