Geothermie

Bürgerinitiative gegen Geothermie sieht Gefahr durch Attacken von Hackern

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zg/ras
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Solche Bohrungen nach Tiefenwasser für die Erdwärmenutzung sollen aus Sicht der Bürgerinitiative nicht mehr stattfinden. Die Vertreter der BI fügen ihrer Gefahrenliste rund um die Geothermie nun noch das Risiko durch Cyberattacken hinzu. © dpa

Brühl. „Der Landtagsabgeordnete von den Grünen, Dr. Andre Baumann, wirbt erneut für die Nutzung von Erdwärme. Er sieht diese als Weg in die Unabhängigkeit und spricht jetzt neu sogar von ,aggressiver‘ Herangehensweise“, erklärt Thomas Gaisbauer von der Bürgerinitiative gegen Tiefe Geothermie in einer Pressemitteilung.

Doch anstatt nachprüfbare Fakten zu nennen, argumentiere Baumann erneut, es handle sich um klimafreundliche, saubere, preiswerte, versorgungssichere Wärme. „Zu diesen haltlosen Aussagen haben wir in der Vergangenheit immer wieder Stellung bezogen. Wir verweisen daher heute nochmals auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz in Verbindung mit dem Marktanreizprogramm, auf das Positionspapier des Bundes sowie die Erfahrungen mit den Projekten in Landau, Insheim, Bellheim und Vendenheim.“

Die von Baumann genannten optimalen Bedingungen im Oberrheingraben träfen sicherlich für die Betreiberfirmen zu. Für die in der Region lebenden Menschen bedeuteten aber gerade diese Bedingungen erhöhte Risiken. Der Oberrheingraben sei in seiner Beschaffenheit zerklüftet. Er habe viele Verwerfungen, also Störungszonen, durch die es immer wieder zu Erdbeben komme, so die BI. Durch Brüche im Gestein erhöht sich zwar die Durchlässigkeit von Tiefenwasser. Aber gerade diese Stellen seien besonders anfällig für Erdbeben. Man sollte aus Sicherheitsgründen diese Stellen im Untergrund nicht noch mit zusätzlichen Drücken manipulieren, so die BI-Spitze.

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Baumann habe Anfang März in seiner Pressemeldung bestätigt: „Wenn man es schlecht macht, dann kann es auch künstliche, induzierte Seismizität geben“. In der sich hieran anschließenden Diskussion und seiner neuesten Presseerklärung nutze er sogar den Krieg in der Ukraine, um das Thema Geothermie voranzutreiben. „Aggressiv“ wolle er jetzt die Energiewende angehen, zitiert ihn die BI. „Wir möchten diesen Punkt aufgreifen und die Bürger gerade vor dem Hintergrund des menschenverachtenden Kriegs in der Ukraine auf Folgendes hinweisen: Bis noch vor wenigen Wochen wurden sämtliche Zwischenfälle, Pannen und Störfälle bei Geothermieprojekten mit technischem und menschlichem Versagen aufgrund von Fehleinschätzungen und mangels ausreichender Erfahrung begründet.“

Gezielte Manipulation?

„Von gezielter Manipulation von außen war bisher noch nie die Rede. Doch nun haben wir eine ganz andere Situation. Zeitgleich mit dem Kriegsbeginn kam es bereits zu einer Satellitenstörung, von der 5800 Windkraftanlagen betroffen waren. Die Behörden schließen einen Cyber-Angriff als Ursache nicht aus. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bewertet die Situation mit der zweithöchsten Warnstufe, das Bundesinnenministerium warnt ebenfalls vor Cyberangriffen auf kritische Infrastrukturen. Hierzu gehört insbesondere der Energiesektor“, so die BI.

Doch auch hinsichtlich der Risiken und Gefahren bei Cyberangriffen bilde die Geothermie eine ernstzunehmende Ausnahme: Während es bei den etablierten alternativen Energieformen Windkraft, Solar und Biomasse im schlimmsten Fall „nur“ zu Unterbrechungen oder Ausfällen kommen würde, drohten bei Cyberattacken auf Geothermieanlagen noch ganz andere Gefahren für die betroffenen Menschen, ist sich die BI sicher.

„Wir wissen, dass bei der Steuerung von Geothermieanlagen eigentlich höchstmögliche Sicherheitsstandards und Überwachungsprozesse dringend erforderlich wären. Wir hören von den Betreiberfirmen immer wieder, wie verlässlich ihr Monitoring in Verbindung mit einer Ampelregelung sei. Mit einem gezielten Cyberangriff könnte aber nicht nur die Überwachung eines möglichen Druckanstiegs sowie der Seismizität während der Betriebsphase ausgeschaltet werden. Im Gegenteil, die Anlage könnte fremdgesteuert bei aufkommender Seismizität sogar noch weiter hochgefahren werden“, erklärt die Bürgerinitiative.

Im Hinblick auf die große Anzahl geplanter Geothermiekraftwerke in unmittelbarer Nähe zueinander ließe sich so gezielt eine Katastrophe ungewohnten Ausmaßes herbeiführen, sind sich die BI-Vertreter einig. Neben der großflächigen Zerstörung von Gebäuden und Infrastruktur wäre dabei auch das Grundwasser betroffen, behauptet die BI.

Verweis auf Pohang

Als Beweis dafür, welche Auswirkungen menschengemachte Beben tatsächlich haben können, verweist die BI exemplarisch auf die Tiefengeothermiebohrungen von Pohang 2017.

„Dort wurden mittels hydraulischer Stimulation Beben der Stärke 5,5 ausgelöst. 135 Menschen wurden verletzt und 57 00 Gebäude wurden beschädigt. Der Schaden belief sich auf umgerechnet über 260 Millionen Euro. Als mögliche Ursache wurde von einem internationalen Experten-Team eine geologische Störung ausgemacht. Auch wenn bei uns ein anderes Verfahren geplant ist, so zeigt es zweifelsfrei, welche Gefahren von dieser Energieform ausgehen, unabhängig davon, ob technisches beziehungsweise menschliches Versagen vorliegen, ob kriminelle Absichten dahinter stecken oder ob ganz einfach die Natur nicht mitspielt, denn solche massiven Eingriffe in seismisch aktiven Gebieten sind unverantwortlich“, heißt es in der Pressemitteilung der BI.

Und so schließt die Mitteilung der Brühl-Ketscher Bürgerinitiative: „Wir fordern nochmals die verantwortlichen Grünen-Landespolitiker auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und rücksichtslose Eingriffe in die Natur und in unseren Lebensraum zu unterlassen.“

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