Jubiläum

Jubiläum in Brühl: Villa Meixner ist ein echtes Kleinod

Vor 125 Jahren bezog zunächst der damalige Bürgermeister Albert Eder das attraktive Gebäude in der Schwetzinger Straße.

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Ralf Strauch
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Der Garten der Villa Meixner war Anfang des 20. Jahrhunderts noch deutlich größer, als er sich heute präsentiert. Und er wurde noch für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt. Rechts ist eine Ecke der Remise zu erkennen. © gvb

Brühl. In der sogenannten Zeit zwischen den Jahren treffen Vergangenheit und Zukunft in vielen Bereichen aufeinander. Das passt auch bei diesem Thema. Denn im nächsten Jahr feiert die Villa Meixner ihren 125. Geburtstag. „Wie genau wir das begehen, ist noch nicht ganz klar“, räumt der auch für die Kulturarbeit zuständige Haupt- und Ordnungsamtsleiter Jochen Ungerer ein, aber es wird irgendeine Feierlichkeit geben.“ Man darf also durchaus gespannt sein auf dieses besondere Jubiläum.

Blicken wir aber nun zunächst auf die 125 Jahre zurück. Deutschland ging es gut. Damals im ausklingenden 19. Jahrhundert. Das nunmehr unter einer Kaiserkrone geeinte Reich erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Industrie wuchs und in verschiedenen Winkeln der Welt hatten die Deutschen als Kolonialherren ihren angeblichen Platz an der Sonne gefunden.

Geschichte in Zeitraffer

Die Villa Meixner am Ortsausgang Richtung Schwetzingen ist die „gute Stube“ der Gemeinde.

1898 beauftragte der damalige Bürgermeister Albert Eder den Schwetzinger Architekten Ludwig Jahn, ein repräsentatives Wohnhaus zu errichten.

Das Backsteingebäude wurde 1899 im Stil des frühen Jugendstils erbaut.

1906 ging das Haus in den Besitz der Familie Meixner über.

1956 kaufte die Gemeinde Brühl das Gebäude und nutzte es als Wohnhaus für finanzschwache Familien.

Nach sorgfältigen Renovierungsarbeiten ist die Villa Meixner seit 1988 ein Repräsentationsort der Gemeinde und ein namhaftes Kulturzentrum mit ständig wechselndem Ausstellungs- und Kleinkunstprogramm.

Im ersten Stock befand sich von 1988 bis 1998 ein privates Jugendstil- und Art-Déco-Museum.

Im Sommer wird der Garten mit seinen Skulpturen zur „Open-Air-Bühne“ für verschiedene Musikveranstaltungen von der Jazz-Matinèe bis zum themenorientierten Abend.

Überregional bekannt ist auch der stimmungsvolle Weihnachtsmarkt in der und rund um die Villa Meixner, der stets viele Menschen anzieht. ras

Ziegeleien bescherten Wohlstand

Gemeinsam mit der Industrie wuchsen die Städte im nördlichen Großherzogtum Baden. Insbesondere in Mannheim herrschte ein wahrer Bauboom. Davon profitierte auch Brühl, denn die Hufeisengemeinde mit ihren vielen Ziegeleien lieferte den Baustoff für dieses Wachstum. Einigen Menschen im Ort, der damals 2000 Einwohner hatte, brachte das Arbeit und Lohn, manchen sogar echten Wohlstand. Das wollte man auch zeigen – allen voran wollte das der damalige Bürgermeister Albert Eder.

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Zusammen mit seiner Ehefrau Eva, einer geborenen Jahn, beauftragte er 1898 den Schwetzinger Architekten Ludwig Jahn, ein repräsentatives Wohnhaus an der Ecke Schwetzinger und Friedensstraße zu planen und zu errichten. Und da Eder zugleich Geschäftsführer der Speyerer Ziegeleiwerke mit einer Backsteinfabrik im Bereich des heutigen Brühler Messplatzes war, stand der Baustoff sofort fest. Die Villa, die er für wie es hieß „viel Geld“ erbauen ließ, sollte ein Vorzeigeobjekt werden, weshalb man wahrscheinlich auch verschiedenfarbige Ziegel verbaute. Es sollte ein wahres Kleinod an möglichen Kombinationen von Ziegeln und Klinker werden.

Ein moderner Baustil sollte es sein

Und es sollte ein moderner Bau werden, nicht dem bislang angesagten, vom Zauber des Mittelalters und Spitzbögen träumenden Historismus mit seinen Zinnen und anderen Rückgriffen auf den massiven Burgen- und Kirchenbau verhaftet.

Etwas Zukunftsweisendes sollte das Haus werden, so entschieden sich der noch wohlhabende Bauherr und sein Architekt für den aufkommenden Jugendstil, der erst seit wenigen Jahren auf seinem Weg zur prägenden Epoche des noch jungen Jahrhunderts war. Ein Jugendstilgebäude par excellence ist die Villa Meixner aber nicht. Man hat in diesem Stil viel mit Symbolen gearbeitet, hat die Wirklichkeit idealistisch überhöht und so eine Protestbewegung gegen das Bombastische, den Stuck und Plüsch des Kaiserreichs geschaffen. Geschwungene Elemente und dekorative Ornamente sollten dem Haus seinen Charme geben, wenngleich so manches Element doch noch einen Hauch Historismus ausstrahlt – beispielsweise bei der Fassade. Auffallend an dem Jugendstilgebäude, das damals den Namen Villa Eder trug, ist das schlüssige, symmetrische Konzept der Fassadengliederung, wie man sie dem Historismus findet. Auch fehlen an der Fassade die wellig kristallinen Linien nach dem Vorbild organischer Pflanzen oder die geometrischen Gebilde, die für den Jugendstil ansonsten so kennzeichnend sind.

Im Garten vor der Villa Meixner versprüht die Skulptur „Salome“ von Bernhard Apfel ihren Charme. © strauch

Ungewöhnlich ist auch das Türmchen auf dem Dachfirst, dessen Zwiebelhaube bei barocken Kirchen abgeschaut scheint – es ist übrigens ein verkleideter Kamin. So bildet die Villa offensichtlich einen Übergang zum neuen architektonischen Stil.

1899 – also vor fast 125 Jahren – bezog die Familie Eder dieses schicke Haus. Daran erinnert noch heute die Kartusche an der Hausecke, die dem alten Ortskern zugewandt ist. Direkt neben dem Erker des Salons findet man darin das gekrönte Brühler Wappen, flankiert von den Initialen des Bauherren Anton Eder und dem Datum „anno dom 1899“.

Meixners ziehen ein

Doch Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Den hat ein Zeitgenosse Eders mit einem Zweizeiler kurz zusammengefasst: „Er hat gebaut für andere, jetzt muss er wandere“. Als nämlich der einst wohlhabende Bürgermeister seinen Geschäftsführerposten verlor, geriet er in eine finanzielle Schieflage und musste sich 1906 schweren Herzens von seiner Jugendstilvilla in Brühl trennen.

Die Jugendstilvilla ist ein bei Künstlern und Publikum gleichermaßen gefeierter Veranstaltungsort, der ein einzigartiges Flair versprüht. Das Kulturprogramm findet sowohl im Inneren des Hauses als auch im Garten statt. © gvb (3)

Während die Gebrüder Meixner das Anwesen als neue Besitzer so umfassend übernahmen, dass sie ihm fortan sogar ihren Namen gaben, siedelt Eder nach Heidelberg über, wo er seine Familie als Kohlenhändler nur eher mühsam ernähren konnte. Nach nur vier Jahren verließen die Brüder die kaum genutzte Villa, die daraufhin sechs Jahre lang leer stand.

Dann wechselte sie 1916 erneut den Besitzer. Der Ziegeleibesitzer Karl Meixner und seine Ehefrau Marie übernahmen das repräsentative Haus. Sie legten dafür immerhin stolze 20 000 Mark auf den Tisch.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die Amerikaner für wenige Monate die Villa. Allerdings zeigten sich die Offiziere mit den sanitären Einrichtungen des Gebäudes nicht zufrieden. Schon 1946 übernahm Meixner das Haus wieder.

Sie wird ein Gemeindewohnhaus

1956 ging es für 36 000 Mark ins Eigentum der Gemeinde über. Das Haus wurde zum Gemeindewohnhaus für finanzschwache Bürger umgebaut. Baulich kümmerte sich die Gemeinde nicht groß um das Gebäude.

Die Wohnungen entsprachen so Anfang der 1980er Jahre in keiner Weise mehr den Anforderungen an ein Mietshaus jener Zeit. Die sanitären Einrichtungen etwa waren noch immer nicht entsprechend ausgebaut. Mehrere Familien nutzten eine gemeinsame Toilette.

Aus diesem Dornröschenschlaf ist die Villa Meixner Mitte der 1980er Jahre wachge-küsst worden. Bis dahin wurde sie als Gemeindewohnhaus genutzt. © gbb

Der Zustand der Villa Meixner verschlechterte sich in den beiden Jahrzehnten zusehends. Doch dieses Vergessen war vielleicht auch gut für die Villa Meixner, denn so wurde nichts großartig verändert in einer Zeit, in der man gerne Altes beiseite räumte, um Platz für Neues zu schaffen. So waren viele Bereiche der originalen Ausstattung im Innern – etwa die Wandbemalungen und die Türen – noch erhalten.

Ein Kulturzentrum entsteht

1982 wurden einige Ratsmitglieder und der damalige Bürgermeister Günther Reffert auf das im Dornröschenschlaf versunkene Haus aufmerksam. Drei Jahre später – inzwischen war die Villa Meixner in den Rang eines Kulturdenkmals erhoben worden – fasst der Rat den Beschluss, das Haus von Grund auf zu sanieren und zu einem „irgendwie gearteten kulturellen Treffpunkt des Ortes“ zu machen.

Es war beispielsweise eine Nutzung als Bibliothek angedacht – doch dafür eigneten sich die kleinen Räume nicht. Also sollten Repräsentations- und Ausstellungsräume entstehen – „ähnlich wie im Schwetzinger Palais Hirsch – lediglich ein paar Nummern kleiner“, war damals ein geflügeltes Wort in der Lokalpolitik.

Ein halbes Jahr vor der Eröffnung stand dann fest, dass im Obergeschoss ein Jugendstilmuseum mit Exponaten des bekannten Sammlers Ehrhard Reißenweber eingerichtet werden sollte. Zudem sollte die Villa ein Zentrum für kleine Konzerte, Ausstellungen und Kabarettveranstaltungen werden.

Als die Villa Meixner 1988 wieder eingeweiht wurde, war die ursprüngliche Kostenschätzung für die Wiederherstellung des Kleinodes nicht gehalten worden. Statt der 735 000 Mark schlugen am Ende 1,2 Millionen zu Buche.

Doch die Investition hat sich gelohnt, sind sich die Besucher der Villa Meixner immer wieder einig. Das Haus genießt als Veranstaltungsort in der Region einen exzellenten Ruf – bei Künstlern und Publikum gleichermaßen.

Redaktion

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