Brühl. „Dieser Plan ist aus meiner Sicht nachhaltig, weil nur neue Wohnungen energiesparend gebaut werden können, weil der Autoverkehr der Anwohner unterirdisch läuft und nur Besucher oberirdisch parken. Viele Gebäude werden barrierefrei gebaut. Das bringt Wohnqualität. Das Seniorenzentrum bildet mit seinen vielfältigen Nutzungsformen und seinem integrierten 300 Quadratmeter großen Aufenthaltsraum den Mittelpunkt des Quartiers, der der Öffentlichkeit sozusagen als Quartierstreff zur Verfügung steht, und vor dem sich ein großer grüner Quartiersplatz befindet.“ Die Meinung von Bürgermeister Dr. Ralf Göck zum neuen Bebauungsplan für das frühere FVB-Areal am Schrankenbuckel war eindeutig.
Gleichwohl räumte er in der jüngsten Ratssitzung ein, der Wohnpark Schrankenbuckel stoße als flächensparendes und qualitatives Wohnen mit geringen Folgekosten für die Gemeinde trotz aller Nachschärfungen (wir berichteten) nicht nur auf Gegenliebe. Das zeigte sich nicht nur im knappen Abstimmungsergebnis von zehn Befürwortern und acht Gegenstimmen im Gemeinderat, sondern auch bei den späteren Bemerkungen seitens der Bürger.
Dass die auf vielen guten Kompromissen und Gutachten basierende Planung ein Erfolg sei, zeigten Dr. Alexander Kuhn und Jacqueline Schnurpfeil vom Planungsbüro der MVV-Regio mit Verweisen auf das vielfältige Lob der Träger öffentlicher Belange auf. Aus ihrer Sicht seien aber auch viele Kritikpunkte in die Planung aufgenommen worden, sodass insbesondere beim Thema der Minimalabstände die Landesvorgabe des Baugesetzes sogar zumeist unterschritten seien.
Dem mochten die Vertreter der Bürgerinitiative – in Person von Rüdiger Lorbeer – nicht folgen. Er sah vor allem bei dieser Abstandsregelung und bei den Höhen einzelner Gebäude „die Wünsche der Bürger“ als nicht ernst genommen an. „Während bei den Trägern öffentlicher Belange auf alle Punkte eingegangen wurde, ist bei den Einsprüchen der Bürger keinem nachgekommen worden – das finde ich schade“, so der BI-Sprecher. Klaus Triebskorn kritisierte sogar, dass seine Einwendung im Zusammenhang mit der öffentlichen Auslegung gar nicht in den Katalog aufgenommen worden sei. Zudem würden Versprechen nicht eingehalten, so eine Anwohnerin.
„In einer Demokratie geht es um die Bereitschaft, Kompromisse zu schließen“, stellte Wolfram Gothe (CDU) fest. Man habe sich jahrelang mit der Umwidmung des bisherigen Sportareals am Schrankenbuckel – sogar mit der Einrichtung eines runden Tischs – beschäftigt. Dabei seien gute Regelungen gefunden worden, die nun, „ für uns unverständlich, von einer kleinen Gruppe mit Unwahrheiten“ torpediert würden.
Dabei würde das Scheitern des Projektes ein verheerendes finanzielles Fiasko für die Gemeinde darstellen – immerhin werde damit der Sportpark-Süd und weitere Projekte gegenfinanziert.
Da er als Gemeinderat gelobt habe, Schaden von der Gemeinde abzuwenden, stehe für ihn fest, dass man dem Bebauungsplan unbedingt zustimmen müsse.
Genau diese Argumentation wollte Klaus Pietsch (FW) nicht gelten lassen. „Zurück bleibt eine Reihe von Menschen, die sich am Ende unverstanden fühlt und ihr Engagement beim runden Tisch, trotz des einen oder anderen erzielten guten Kompromisses im Nachgang infrage stellt“, meinte er. Seine Fraktion sei nicht gegen das Projekt der Wohnbebauung dort, wohl aber gegen die Ausgestaltung im Bebauungsplan.
Zweifellos könnten nicht alle Individualinteressen berücksichtigt werden, aber dennoch gebe es am Ende Unklarheiten. „Verkürzt formuliert geht es dabei um die Bauhöhen des geplanten Seniorenzentrums und die Abstandsflächen zwischen einzelnen Gebäudekörpern“, so Pietsch. Aus Sicht der Freien Wähler seien wesentliche Punkte, die beim runden Tisch mehrheitlich vertreten worden seien, nicht berücksichtigt. Die Reduzierung der Geschosshöhen am Seniorenzentrum habe keinen Niederschlag gefunden. Ebenso sei die bauliche Verdichtung durch die teilweise geringen Abstandsflächen nicht zufriedenstellend gelöst.
Eine Verringerung der Höhe des Seniorenwohnens um eine Etage verringere den Gewinn des Investors um lediglich 360 000 Euro – da müsse man „sich die Frage stellen, was der soziale Friede in der Gemeinde wert ist – ein finanzielles Fiasko für die Gemeindefinanzen ist deshalb nicht zu erwarten“. Die Freien Wähler könnten der Beschlussvorlage in dieser Form nicht zustimmen und votierten einstimmig mit nein.
Dem genannten Betrag wurde von Göck allerdings sofort widersprochen – im Gegenteil habe der Investor durch eine so umfassende Verringerung der Zahlen die Möglichkeit, sofort vom Kaufvertrag zurückzutreten.
„Was lange währt, wird endlich gut“, stellte Roland Schnepf (SPD) seiner Stellungnahme voraus. Zwischen dem Aufstellungsbeschluss und dem vorliegenden Bebauungsplan seien sechs Jahre vergangen – „seit ich im Gemeinderat bin, ist das die längste Dauer für einen rechtskräftigen Bebauungsplan.“
Das erarbeitete städtebauliche Konzept sei in diesem Bebauungsplan umgesetzt. Anregungen und Bedenken der Träger öffentlicher Belange sowie die Einwendungen der Bürger wären aus seiner Sicht bearbeitet und teilweise berücksichtigt. „Sicherlich können nicht alle Wünsche der Bürger, wie niedrigere Bebauung, größere Abstandsflächen, berücksichtigt werden.“
Nun könnten 300 dringend erforderliche Wohneinheiten gebaut werden. Dabei sei die Hochbebauung notwendig, um Bauland einzusparen. „Würden weniger Geschosse gebaut, würde dies zu einer Verteuerung der Kaufpreissumme für die Wohnungen und der späteren Nebenkosten führen.“ Derjenige, der diesen Bebauungsplan ablehnt, schade den Gemeindefinanzen und der Refinanzierung des Sportparks-Süd, betonte Schnepf.
Ulrike Grüning (GLB) betonte, dass es durch den runden Tisch durchaus positive Veränderungen zum ursprünglichen Planentwurf ergeben hätten, „aber auch weiterhin kontrovers diskutierte Punkte“. Etwas mehr Grünfläche, keine Riegelbebauung an den Rändern sowie der Wegfall der Tiefgaragenzufahrt in der Germaniastraße seien positive Ergebnisse, ebenso die ökologischen Vorgaben, auf deren Realisierung nun geachtet werden müsse.
„Es ist uns klar, dass Wohnraum gesucht ist, Grund und Boden knapp sind und nicht mehr so gebaut werden kann wie vor 30 bis 50 Jahren“, meinte die GLB-Sprecherin. Das Bauen im Bestand, in der Nachbarschaft, sei ein wichtiges Konzept und müsse mit einer Qualitätsverbesserung des Wohnens der Menschen verbunden sein, die dort schon lebten, zitierte sie aus einer Studie. Eine reine Investorenarchitektur mitten im Bestand erzeuge hingegen Probleme.
Mit „der geplanten Massivität der Bebauung im Gebiet Schrankenbuckel, vor allem beim Seniorenzentrum und dem Gelenkgebäude, sowie der Flächennutzungspolitik in Brühl sind wir weiterhin nicht einverstanden“, betonte sie.
Am Ende votierte die knappe Mehrheit aus CDU, SPD und Bürgermeister für das Projekt in der vorgelegten Form. Auch wenn alle abwesenden Bürgervertreter die gelichteten Reihen der Fraktionen ausgefüllt hätten und sie mit ihren Parteikollegen gestimmt hätten, wäre das Ergebnis vergleichsweise ausgefallen.
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