Brühl. Ziemlich verärgert zeigten sich die Ratsmitglieder im Technischen Ausschuss über eine Nachricht aus Mannheim. Dort wurde im Kommunalen Wärmeplanung festgelegt, dass die Stadt aus der Gasversorgung der MVV aussteigen wolle. Wenngleich diese Nachricht nicht zwangsweise mit einem zeitgleichen Ausstieg für Brühl verknüpft werden dürfe, meinte Bürgermeister Dr. Ralf Göck, so bedeute es dennoch mindestens, dass sich die Versorgung durch die MVV dann voraussichtlich deutlich verteuern dürfte. Das sind keine guten Nachrichten für die Menschen aus den 300 ans Gasnetz angeschlossenen Brühler Haushalten.
In Brühl ist diese Wärmeplanung noch nicht beschlossen, sondern erst ausgeschrieben worden. In Mannheim sei man schon länger mit dem Thema befasst, weil große Städte diese Planung früher als kleinere abliefern mussten. In der Nachbarstadt sei der Wärmeplan vom dortigen Gemeinderat dahingehend verabschiedet worden, dass man ab 2035 keine allgemeine Versorgung und damit Nutzung von Gas mehr vorsieht. Daraufhin hat die MVV laut Göck die Konsequenz gezogen, dass man keine Leitungen mehr benötigen würde. Sie sollen dann zu diesem Zeitpunkt gekappt werden.
Gasausstieg der MVV hat keine direkten Folgen für Brühl
Das habe zunächst einmal keine direkte Folge für Brühl, meinte Göck. Wenn am Ende der Brühler Wärmeplanung allerdings herauskommen sollte, dass auch die Hufeisengemeinde auf die Nutzung von Gas verzichtet, dann würde die MVV als Dienstleister sicherlich auch Brühl mitteilen, dass der Hahn zugedreht und das Versorgungsnetz nicht weiter aufrechterhalten wird. „Doch so weit sind wir ja noch gar nicht“, sagte Göck.
Dennoch sei mit indirekten Folgen zu rechnen, wenn Brühl beim Gas bleibe. Wenn ein solches Versorgungsnetz unterhalten werden muss, koste das jede Menge Geld. Seien viele Nutzer angeschlossen, dann würden die Fixkosten auch auf viele Abnehmer verteilt. Wenn nun aber in den kommenden Jahren immer mehr Menschen von Gas auf Wärmepumpe und Solaranlagen umsteigen, werde das Gasnetz von immer weniger Menschen genutzt. Damit werde ein Bumerangeffekt ausgelöst. Dann müsse die MVV ihre Kosten auf immer weniger Nutzer umlegen, so der Bürgermeister.
„Damit wird die Gasnutzung in Brühl für die einzelnen Nutzer jeweils immer teurer.“ So könne man in den 2030er Jahre mit einer regelrechten Flucht aus der Gasnutzung in Brühl rechnen. „Dadurch werden sich die Überlegungen, ob Brühl noch ein Gasleitungsnetz braucht, von selbst erledigt haben, weil die Einwohner sich aus wirtschaftlichen Gründen gegen Gas als Energieträger entscheiden und auf andere Heizquellen umsteigen werden.“
Regelung von Preis für Gas in Brühl durch den Markt
Dazu komme, dass neben den Verbrauchs- und Grundpreisen sich auch der Preis für das Gas selbst sicherlich nach oben entwickeln werde. So werde die Zukunft des Gasnetzes auch von den Einwohnern ganz einfach wirtschaftlich entschieden. Anders gesagt: Der Markt wird die Frage nach der Zukunft des Gasnetzes regeln. Das könne man laut Bürgermeister aktuell schon erkennen, denn die Zahl der neuen Gasanschlüsse sei in den vergangenen Jahren erkennbar rückläufig.
„Aber vielleicht kommt ja auch irgendeine Kommission auf die Idee, dass ein anderer Anbieter das Brühler Gasnetz weiterbetreiben sollte, wenn die MVV aussteigt – das kann auch sein“, meinte Göck, zuckte aber direkt selbst mit den Schultern. Denn er räumte gleich ein, dass solch ein Projekt nur sehr schwer rentabel sei.
Kosten für Umbau der Heizung liegt bei Hausbesitzern in Brühl
Was diese Entwicklung denn für die Brühler Haushalte heiße, die bereits ans Gasnetz der MVV angeschlossen seien, wollte Bernd Kieser (CDU) wissen. „Gibt es dann von der MVV einen Fernwärmeanschluss für die betroffenen Gebäude?“ Göck erklärte, dass die MVV ja keine Verpflichtung habe, für immer und ewig Gas zu liefern. Das Unternehmen werde höchstwahrscheinlich den Hauseigentümern andere Möglichkeiten anbieten, in die sie dann aber selbst investieren müssen – „das wird natürlich nicht umsonst gemacht“. Die Kosten für den Umbau der Heizung trägt also der Hausbesitzer beziehungsweise entsprechend umgelegt der Mieter mit seinen Nebenkosten.
Zum Thema Fernwärme verwies Göck noch einmal auf die künftig zu erstellende Kommunale Wärmeplanung, in der unter anderem festgeschrieben werde, wo überall Fernwärmeanschlüsse möglich sind und wo nicht. Hans Hufnagel (SPD) fügte allerdings hinzu, dass man ja jetzt schon sehe, wo zurzeit überall die Straßen wegen der Fernwärme aufgerissen seien. Wenn man dann bedenke, wieviel Meter neuer Rohrleitungen verlegt werden müssten, um diesen 300 bisherigen Gas- und potenziell neuen Fernwärmekunden einen entsprechenden Anschluss zu geben, dann bräuchte man in ganz Brühl verteilt zig Baustellen in den nächsten zehn Jahren. Deshalb dürfe man den Bürgern in der Kommunalen Wärmeplanung auch nicht zu viel versprechen, dass das die Fernwärme wirklich zügig in vielen Straßenzügen umgesetzt werden könnte, fügte der Bürgermeister hinzu – es sei eine Strategie für die nächsten Jahre.
Ausstieg der MVV aus Gasversorgung: Hin zur Ölheizung getrieben?
Hans Zelt (SPD) kritisierte die einstige Entscheidung der MVV, keine zwei Versorgungssysteme in einem Wohngebiet zu verlegen: Entweder Fernwärme oder Gas. Und jetzt sei man das Opfer der eigenen Unternehmenspolitik. Da sei nun zu befürchten, dass viele Hausbesitzer wieder hin zur Ölheizung wechseln, während die emissionseffizienteren Gasheizung abgeschaltet würden.
In die gleiche Kerbe schlug Claudia Stauffer (FW): „Brühl ist in die bisherigen Entwicklungen und Entscheidungsfindung in keiner Weise einbezogen worden. Wir werden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Göck antwortete sofort, dass für Brühl doch noch gar nichts entschieden sei, weil es noch keine Kommunale Wärmeplanung gebe. Die Gespräche fänden doch erst noch statt – mit den Energieversorgern am Tisch.
Ralf Jochen Meyer (AfD) schüttelte da nur den Kopf. „Wie soll das umgesetzt werden, dass man die Leute dazu zwingt, Fernwärme abzunehmen oder eine Wärmepumpe einzubauen – vor allem weil es sich ja nur um eine ideologische Sache handelt?“ Dem widersprach Göck sofort. Es gehe nicht um Ideologie, sondern um eine Reaktion auf Realitäten, die in Zeiten des Klimawandels mit seinen aktuellen Naturkatastrophen rund um den Globus notwendig seien. „Da sind auch wir als Kommune gezwungen, langfristig und unaufgeregt Maßnahmen anzugehen“, bekräftigte er den Sinn der Kommunalen Wärmeplanung. Das alles werde allerdings nicht umsonst sein, sinnierte Göck noch.
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