Brühl. Die kriminalistischen Bereiche von Straftaten mit den meisten erfassten Fällen sind in Deutschland Diebstahl, Betrug und Sachbeschädigung. Das weist eine Untersuchung des Bundeskriminalamtes aus. Und das spiegelt sich auch in der Kriminalstatistik der Hufeisengemeinde für das vergangene Jahr wider, wie Polizeioberrat Elmar Hörscher, Leiter des Reviers Neckarau, und Polizeihauptkommissar Alfred Bauer, Chef des Brühler Postens, gegenüber Bürgermeister Dr. Ralf Göck und Ordnungsamtsleiter Jochen Ungerer bei der jährlichen Erörterung der Sicherheitslage im Rathaus analysiert haben.
Und noch ein Vergleich: Laut Landesstatistik hat Corona Betrugsdelikten im Land deutlich Vorschub geleistet – Täter nutzten die Pandemielage für ihre kriminellen Zwecke aus. Mit sogenannten Enkeltricks spielten Betrüger beispielsweise den Kriminalitätsopfern eine Infektion mit dem Coronavirus vor, um von ihnen Geld zu ergaunern.
Und auch da liegt Brühl voll im Trend, wie die beiden Beamten berichten, denn im Ort ist beim Betrug ein Ansteigen von 70 Fällen in 2019 auf satte 90 im vergangenen Jahr zu verzeichnen.
Ist das Brühler Kriminalitätsgeschehen also landes- oder gar bundestypisch?
Nein, der Trend ist zwar gleich, doch in der Gemeinde verharren die Straftaten auf niedrigem Niveau – trotz einzelner Anstiege in verschiedenen Bereichen. So lag die Kriminalitätsbelastung in Brühl, nach der auf 100 000 Einwohner hochgerechneten Häufigkeitsziffer, bei 3575 Straftaten und damit fast exakt im Schnitt der vergangenen fünf Jahre (3566). Im Vergleich dazu erlebte man 2020, umgerechnet auf 100 000 Einwohner, im Rhein-Neckar-Kreis mit 4303 Straftaten und im Stadtgebiet Mannheim mit 9177 Straftaten eine deutlich höhere Kriminalitätsbelastung. In Deutschland insgesamt wurden rund 6385 Straftaten pro 100 000 Einwohner erfasst. „Damit verzeichnete Brühl trotz eines erwarteten Statistikanstiegs erneut ein sehr niedriges Kriminalitätsniveau“, fasst Göck die Werte der Polizei zusammen.
Wieso wurde dieser Anstieg der Brühler Statistik erwartet?
Es wurden 2020 mit 512 Straftaten in Brühl insgesamt mehr Verbrechen als im Vorjahr (395) registriert. Allerdings war 2019 „ein rekordverdächtiger Ausreißer nach unten“, erklärt Bürgermeister Göck. Damals war beispielsweise der Wohnungseinbruch nahezu zum Erliegen gekommen – das konnte 2020 schlicht nicht gehalten werden, heißt es. Und das obwohl die Zahl der Wohnungseinbrüche in Baden-Württemberg insgesamt 2020 auf einen historischen Tiefstand zurückgegangen sind, weil die Menschen wegen Corona häufiger zu Hause waren, heißt es aus dem Landesinnenministerium.
Woran liegt der Anstieg der Zahlen in Brühl vor allem?
Die Fallzahlen im Bereich Vermögens- und Fälschungsdelikte haben einen maßgeblichen Anteil am Anstieg der Gesamtstraftaten. 2020 wurden mit 121 Straftaten 32 Fälle mehr bei diesen Themen verzeichnet als im Vorjahr (89 Taten).
Zu den Betrugsdelikten zählen unter anderem der Waren- und Computerbetrug, aber auch der Betrug mittels rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel, etwa wenn entwendete Kredit- und EC-Karten missbräuchlich verwendet werden. Darunter fallen also auch Folgetaten aus vermehrten Taschendiebstählen.
Ist die Polizei also mit den Entwicklungen in Brühl unzufrieden?
Im Gegenteil. „Mit dem niedrigen Gesamtniveau sollten wir dem Ziel, dass Kriminalität die Brühler Bevölkerung im Komfort auch weiterhin kaum beeinträchtigt, wieder relativ nahegekommen sein“, bilanziert Polizeioberrat Hörscher und blickt dabei exemplarisch auf die niedrigen Werte der Straßenkriminalität. Darunter werden Straftaten erfasst, deren Begehung im öffentlichen Raum geschieht. Sie sind deshalb besonders deutlich wahrzunehmen und tragen so sehr stark zur Verunsicherung der Bevölkerung bei.
Genau dort ist aber auch der polizeiliche Zugriff gut möglich. Dieser sei den Beamten im vergangenen Jahr in mehrerlei Hinsicht gelungen.
Was heißt das für die Gemeinde in konkreten Werten?
Bei der Straßenkriminalität sind 2020 in vielen Bereichen teils deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Dazu zählen Delikte wie Fahrraddiebstahl mit einem Rückgang von 20 auf 15 Fälle und Sachbeschädigung an Kraftfahrzeugen, die auf ein Fünfjahrestief gesunken sind – waren es 2018 noch 82 Sachbeschädigungen an Autos, sind 2020 insgesamt 29 Fälle registriert worden. „Sicherlich hat dazu auch die hohe Polizeipräsenz zur Kontrolle der Einhaltung der Corona-Vorschriften beigetragen“, sind sich die Beamten mit den Rathausvertretern einig. Während die Straßenkriminalität also mit 89 Fällen deutlich unter dem Fünfjahresniveau von 114 Fällen zurückblieb, konnte die Aufklärungsquote gesteigert werden.
„Obgleich die Polizei im Corona-Jahr 2020 auch anderweitig ganz schön gefordert war, seien Täter gewarnt, dass sich Verbrechen weiterhin nicht lohnen“, meint Polizeihauptkommissar Bauer. Er verweist auf die 305 von 512 in Brühl begangenen Straftaten, die aufgeklärt und deren jeweiligen Täter durch die Ermittlungsarbeit überführt wurden. Damit beträgt die Wahrscheinlichkeit, in Brühl nach der Begehung einer Straftat ertappt zu werden, fast 60 Prozent. In Deutschland ist diese Aufklärungsquote insgesamt auf 58,4 Prozent gestiegen (2019: 57,5 Prozent).
Dieser Wert ist in Deutschland durch die starken Rückgänge im Diebstahlbereich mit niedrigen Aufklärungsquoten beeinflusst. Gilt das auch für Brühl?
2020 wurde in sechs Wohnungen in der Gemeinde eingebrochen, weitere fünfmal versuchten unbekannte Täter mutmaßlich vergebens in eine fremde Wohnung einzusteigen.
Im Vorjahr waren aber nur zwei Wohnungseinbrüche zu verzeichnen, weshalb es 2020 im Vorjahresvergleich somit zu einem Anstieg kommt. Der Fünfjahresschnitt beträgt zehn Einbrüche im Jahr. Demnach befindet sich Brühl auch 2020 mit diesen nur selten wirklich aufgeklärten Taten auf einem niedrigen Niveau.
Dennoch widmet sich die Polizei auch in der Hufeisengemeinde dem Thema weiterhin schwerpunktmäßig und verzeichnete im Jahr 2021 – vielleicht auch deshalb – bis einschließlich April noch keinen Wohnungseinbruch.
Als Fazit kann man einen Zusammenhang der beiden Werte auch in Brühl vermuten.
Wie drückt sich das Kriminalitätsgeschehen ansonsten in konkreten Zahlen aus?
Bei den Körperverletzungsdelikten war statistisch im Bereich der leichten Taten eine steigende Tendenz in Brühl festzustellen. Deren Anzahl ist im Vergleich zu 2019 von 36 auf 45 angestiegen. Erklärbar ist ein Teil dieses Trends nicht zuletzt durch die hohe Sensibilität der für Brühl zuständigen Polizei Mannheim beim Thema „Partnergewalt“.
„Zu Körperverletzungen kommt es leider auch hinter den Haustüren“, konstatiert Polizeihauptkommissar Bauer. „Im Spätjahr 2019 wurde beim Polizeipräsidium Mannheim auch ein diesbezügliches Projekt zum noch zuverlässigeren Risikomanagement im Bereich der Partnergewalt implementiert“, ergänzt Hörscher. So seien die polizeilichen Handlungsansätze ausgebaut und spezielles Personal ausgewählt worden, das sich mit dem Thema intensiv befasse.
Neben einer Aufhellung des Dunkelfelds führe dies letztlich auch zu einem geänderten Anzeigeverhalten. Opfer, zumeist Frauen, wüssten, dass sie bei der Polizei umfangreichen Schutz sowie qualifizierte Beratung erhielten. Damit steigt zwar die Zahl der gemeldeten Fälle, doch das muss nicht unbedingt für die der tatsächlich verübten gelten, erklären die für Brühl zuständigen Beamten.
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