Brühl. „Wenn ich mit meinen Kindern hier entlanglaufe, bleiben sie stehen und wollen sich das Kunstwerk anschauen. Das ist endlich mal ein sinnvolles Projekt für die eigenen Bürger.“ Die Meinung von Christiane Schönberg über den ersten bemalten Verteilerkasten in Brühl deckt sich mit vielen Aussagen, die Künstler Wolfram Gothe in den vergangenen Wochen hörte. „Ein Herr kam jeden Tag vorbei und hat geschaut, ob ich wieder am Projekt arbeite. Autos blieben stehen, Menschen sind ausgestiegen, nur um das Bild zu sehen. Die Resonanz der Bürger ist sehr groß und durchweg positiv“, erzählt Gothe.
Es ist einige Monate her, als Gemeinderat Nico Reffert einen Vorschlag machte, der auf breite Zustimmung traf. Er wolle ein Zeichen gegen Vandalismus und für Lokalverbundenheit setzen: Die witterungsbedingt verblassten Verteilerkästen sollten künftig mit ortsbezogenen Kunstwerken in neuem Glanz erstrahlen. In Mannheim gab es eine ähnliche Aktion mit dem Titel „Farbe im Quadrat“. Hier gestalteten Künstler, Kindergärten und Schulen die grauen Kästen. Leider wurden etliche in der Innenstadt mittlerweile wieder mit Graffiti verschandelt. Auch in Brühl kennt man das. Grund genug für den lokalverbunden Christdemokraten, die Idee an den CDU-Ortsverband heranzutragen. „Das ist eine deutliche Aufwertung des Ortsbildes. Wir waren alle sofort vom Vorschlag überzeugt“, bestätigt auch der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Wolfram Gothe.
Eigentümer ausfindig machen
Eine Idee war geboren – allerdings noch nicht aus den Kinderschuhen heraus. „Einfach die Kästen zu bemalen, ist eine Straftat. Von allen Seiten die Genehmigung für das Projekt zu bekommen, war ein langer Weg und sehr mühsam“, gesteht Organisator Reffert. Erst einmal musste der Eigentümer des ersten Verteilerkastens herausgefunden werden. „In Brühl gibt es diese Verteiler von der Telekom, von Netze-BW, Vodafone und der Post. Wir haben mit allen Stellen Kontakt aufgenommen“, so der junge Mann über die Recherchen. Wenn dann, nach langer Suche, der richtige Ansprechpartner gefunden war, hing die Zusage des Eigentümers von der Gemeinde ab. „Es ist den Unternehmen sehr wichtig, dass nichts über den Kopf der Verwaltung hinweg entschieden wird.“ Die Kommune sei äußerst kooperativ gewesen. Zwar habe sie sich vorbehalten, das Konzept und Motiv für den Verteilerkasten vorab abzusegnen, eine Zustimmung sei aber nach Vorlage sehr schnell erfolgt, erzählt Gothe.
Das Motiv für diesen ersten, als Pilotprojekt verstandenen Verteilerkasten war ähnlich schnell gefunden wie der passende Künstler. Wolfram Gothe selbst ist Vorsitzender des Brühler Künstlerforums und als bekannter CDU-Funktionär für Reffert genau der Richtige, um das Unionsprojekt nach vorne zu treiben. Der als Prototyp ausgesuchte Verteilerkasten befindet sich am Lindenplatz bei der Einmündung zur Friedrich-Ebert-Straße gegenüber der Mannheimer Straße. Hier beginnt die Brühler Kerwe. Da lag es nahe, die Kerwe-Symbole „Kerwelinchen“ und die „Kerweschlumpel“ im Bollerwagen gefüllt mit Stroh auf dem Kasten zu verewigen. Im Hintergrund ist die Brühler Kulisse auszumachen. Auf der anderen Seite des Kastens können die Menschen, die vom Lindenplatz Richtung Mannheimer Straße schauen, nun den Kerwebogen sehen, der traditionell die Kerwe in der Mannheimer Straße eröffnet.
Nach der Abnahme durch die Gemeinde habe Gothe das Bild auf eine wetterfeste Platte drucken lassen, um auch im Regen arbeiten zu können. Dann musste der Kasten abgewaschen, abgeschliffen und grundiert werden.
Nächste Schritte geplant
„An erster Stelle viel Freizeit. Natürlich aber auch Farben, Untergrund und jede Menge sonstiges Material“, antwortet der ortsansässige Künstler auf die Frage nach den Kosten. Die Farben habe das Kosmetikstudio „Hautnah“ spendiert. Nun sei die CDU Brühl auf der Suche nach Geldgebern für die Gestaltung weiterer Kästen. Die Funktionäre wünschen sich Beteiligung ansässiger Vereine und Gruppen, so, wie es auch in der benachbarten Quadratestadt umgesetzt wurde: „Wir können ja nicht erwarten, dass die Vereine sich um die Bemalung kümmern und das dann auch noch bezahlen.“ Unter anderem sollen Talente des Künstlerforums und der Nachwuchs der Jugendkunstschule die Möglichkeit bekommen, sich an Kästen kreativ zu verwirklichen.
„Wir sind schon recht weit in der Planung“, sagt Nico Reffert zu möglichen neuen Projekten. Der nächste Verteilerkasten soll im Rohrhof bemalt werden. Seine Cousine Isabelle Reffert könnte dort den Anglersee verewigen, ist eine der Ideen. Und auf einen Verteilerkasten im Rohrhof möchte Wolfram Gothe irgendwann den Brühler Gockel malen.
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