Eppelheim/Heidelberg. Im Verfahren gegen eine 50-jährige Eppelheimerin, der die Anklage unter anderem Körperverletzung, Beleidigung, Bedrohung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen hatte (wir berichteten), fiel am zweiten Verhandlungstag das Urteil. Das Gericht hörte mehr als zwei Dutzend Zeugen zu verschiedenen Vorfällen in den vergangenen zwei Jahren. Polizeibeamte des Reviers Heidelberg-Mitte berichteten von dienstlichen Begegnungen mit der Angeklagten. Sie hatte Polizistinnen mit den Worten „Hure“ und „Nazischlampe“ beleidigt. Einmal sei sie „komplett ausgeflippt“, beschrieb eine Zeugin das aggressive Verhalten der 50-Jährigen. Der Tatvorwurf, dass sie an einer Straßenbahnhaltestelle eine Seniorin mit einem Tritt verletzt haben soll, konnte nicht bewiesen werden. Nach der Aussage eines Zeugen muss es wohl eine andere Täterin gewesen sein.
Die Strafkammer des Landgerichts Heidelberg ordnete letzlich die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Maßregel wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Frau kommt in eine betreute Wohngruppe des Sozialpsychiatrischen Hilfsvereins Rhein-Neckar.
Verhandlung am Heidelberger Landgericht: Mit Wischmopp geschlagen
Zwei 79 und 27 Jahre alte Frauen, beide waren Nachbarinnen in dem Gemeindewohnhaus in der Wasserturmstraße, erzählten von heftigen Streitereien mit der Beschuldigten. Die Seniorin war von ihr mit dem Stiel eines Wischmopps auf den Kopf geschlagen worden. Die junge Frau hatte sich Beschimpfungen und Drohungen anhören müssen. Die Angeklagte hatte immer öfter Essensreste und Möbel vor die Wohnungstüren der Frauen geworfen. „Ich hatte Angst um mein Leben“, sagte die 27-Jährige, deren Schwester ebenfalls attackiert worden war.
Ein Polizeibeamter bestätigte dem Gericht die zahlreichen Einsätze in der Wasserturmstraße. Der psychiatrische Sachverständige Dr. Hartmut Pleines schilderte „Symptome mit Vorgeschichte“ bei der Angeklagten. Erste emotionale Auffälligkeiten habe es bereits vor 30 Jahren gegeben. Durch Medikamente habe man die manische Symptomatik in den Griff bekommen können.
Ab 2014 habe es wieder verstärkt Konflikte im sozialen Nahbereich der Frau gegeben, weil sie die Medikation selbstständig abgesetzt habe. Die 50-Jährige leide an einer bipolaren affektiven Störung. Die Krankheit komme immer wieder in Schüben: „Eine überkochende Manie.“ Es liege keine Beeinträchtigung der Einsichtsfähigkeit vor. Die Frau sei bei allen ihren Taten „nicht gesund gewesen“. Wegen der chronischen Erkrankung sei eine konsequente medikamentöse Behandlung notwendig, befürwortete der Facharzt für Psychiatrie die Unterbringung. Eine Aussetzung der Maßregel zur Bewährung sei möglich.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wertete insgesamt neun Taten, die die Angeklagte in manischem Zustand begangen habe. Die Steuerungsfähigkeit sei dabei vollständig aufgehoben gewesen. Die 50-Jährige bleibe für die Allgemeinheit gefährlich. Sie habe Krankheitseinsicht gezeigt, deshalb könne sie im therapeutischen Wohnen unterkommen. Verteidiger Rüdiger Betz sah seine Mandantin auf einem guten Weg. Sie werde in der Wohngemeinschaft überwacht und kontrolliert. Die Strafkammer verfügte die Führungszeit und die Bewährungsfrist auf fünf Jahre. Die 50-Jährige muss sich zweimal pro Monat bei ihrem Bewährungshelfer melden. Alle zwei Wochen muss sie sich bei der forensischen Ambulanz des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden in Wiesloch behandeln lassen. Außerdem muss sie an tagesstrukturierenden Maßnahmen teilnehmen.
Verhandlung am Heidelberger Landgericht: Besondere Umstände
Das Gericht habe besondere Umstände gesehen, mit der eine Führungsaufsicht gerechtfertigt werden könne, erklärte der Vorsitzende Dr. Markus Krumme. Die Frau werde seit vielen Jahren von einer bipolaren affektiven Störung begleitet. Ab 2014 sei sie ihrer Krankheit erneut ausgeliefert gewesen. Die mangelnde Mitwirkungsbereitschaft hätte dafür gesorgt, „dass die negativen Zeichen der Manie wieder zum Tragen gekommen sind“. Das habe sich in deutlich aggressiven Handlungen gezeigt.
Die umfassende Beweisaufnahme habe alle eingeräumten Tatvorwürfe geprüft, so der Vorsitzende. Die 50-Jährige sei auf Medikamente und eine stabile Tagesstruktur angewiesen. Bei einem Verbleib in einer städtischen Unterkunft wie in Eppelheim, käme es immer wieder zu rechtswidrigen Handlungen. Mit der betreuten Wohngemeinschaft habe man nun einen „sozialen Empfangsraum“ für die kranke Frau gefunden. Die Prozessbeteiligten verzichteten auf Rechtsmittel. Das Urteil ist rechtskräftig.
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