Eppelheim. Bereits im Wahlkampf präsentierte Matthias Kutsch ein 100-Tage-Programm mit insgesamt 34 Punkten aus fünf Kategorien – allesamt Themen, die er im Falle einer Wahl im Amt angehen möchte. Und wie es der Name schon sagt, in den ersten 100 Tagen. Diese sind nun seit Mitte September um. Ein guter Zeitpunkt für den Bürgermeister, eine erste Bilanz zu ziehen. Was konnte er in den ersten drei Monaten in Eppelheim bewegen? Und wie steht es aktuell um die Stadt? Wir haben ihn zum Interview getroffen.
Herr Kutsch, haben Sie sich gut im Eppelheimer Rathaus eingelebt?
Matthias Kutsch: Ja. Es war ein schöner Amtsantritt am 6. Juni. Viele Stadträte aus allen Fraktionen, Bürgermeister aus der Region, Vertreter von Institutionen und auch Bürgerinnen und Bürger sind vorbeigekommen. Aber auch die Mitarbeiter der Verwaltung haben mich herzlich empfangen. Die ersten 100 Tage sind wie im Flug vergangen. Die Tage sind meistens lang und die Nächte sehr kurz. Ich bin aber zufrieden, dass ich gemeinsam mit meinem Team schon viel anpacken und bewegen konnte.
Die Wahl
- Auf den Tag genau zwei Monate nach der Bürgermeister-Stichwah l am 6. April hat Matthias Kutsch am Freitag, 6. Juni, vor den Pfingstferien die Amtsgeschäfte aufgenommen.
- Warum aber erst nach zwei Monaten? Vorangegangen war ein Einspruch einer Person, der mit Bescheid vom 28. April vom Kommunalrechtsamt zurückgewiesen worden war. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht war innerhalb der einmonatigen Frist nicht angestrebt worden.
- Die offizielle Amtseinführun g mit der Vereidigung findet erst nach der Sommerpause statt - und zwar in der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 30. September, in Eppelheim.
Sind Sie auf aktuell auf Wohnungssuche in Eppelheim?
Kutsch: Nein, noch nicht, dafür ist aktuell auch gar keine Zeit. Meine Priorität liegt ganz klar auf der Arbeit. Aber vom Rathaus bis zu meiner Wohnung in Heidelberg sind es von Tür zu Tür nur sechs Kilometer. Fast jeden Tag fahre ich mit dem Fahrrad zur Arbeit, manchmal nehme ich auch die Straßenbahn. Durch die direkte Nachbarschaft zu Heidelberg ist das gut machbar. Und ein gewisser Abstand zwischen Wohnung und Arbeitsplatz ist auch nicht schlecht. Im Notfall bin ich schnell in Eppelheim. Für diese Fälle hat auch die Freiwillige Feuerwehr meine private Handynummer.
Welche Ziele aus dem Wahlprogramm konnten Sie in den ersten 100 Tagen umsetzen?
Kutsch: Fast alle. Das 100-Tage-Programm war ein guter Leitfaden und wurde von mir im Wahlkampf mit den Eppelheimerinnen und Eppelheimern gemeinsam entwickelt. Es war ein ambitionierter Plan, immerhin lagen acht Wochen Ferien in meinen ersten 100 Tagen. In diesem Zeitraum waren viele Mitarbeiter und Ansprechpartner im Urlaub und auch der Gemeinderat hatte Sitzungspause. Wir haben aber auch in dieser Zeit richtig viel geschafft. Und was nicht sofort umgesetzt werden konnte, dafür haben wir schon die ersten Schritte eingeleitet.
Zum Beispiel die Ausschreibung der von mir geplanten Stabsstelle für Wirtschaftsförderung, Fördermittelmanagement und Sonderaufgaben oder die Planung eines Ehrenamtsforums, das die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Kirchen, Vereinen und Initiativen stärken soll. Oder der Punkt „Mehr Stadtgrün und Blumenkübel“. Klar ist, dass beispielsweise Baumpflanzungen nur zu bestimmten Zeiten im Jahr sinnvoll sind. Das machen wir im Herbst. Ich bin stolz auf die Stadtverwaltung, die in den vergangenen Monaten super mitgezogen hat.
Vielen Kommunen in Baden-Württemberg geht es finanziell schlecht. Es ist ja auch kein Geheimnis, dass es nicht gut um die Finanzlage in Eppelheim bestellt ist. Wie bewerten Sie die finanzielle Lage?
Kutsch: Es steht dramatisch schlecht um die Eppelheimer Finanzen. Ich habe zu meinem Amtsantritt eine extrem schlechte Ausgangslage vorgefunden und gehe davon aus, dass das für 2025 eingeplante Defizit von rund 350.000 Euro deutlich verfehlt wird. Das liegt zum einen daran, dass der Gemeinderat bei der Verabschiedung des Haushalts zu optimistische Annahmen hatte. Bei einer ersten Sitzung der von mir reaktivierten Haushaltsstrukturkommission habe ich im Juli direkt für Transparenz gesorgt und die aktuellen Zahlen auf den Tisch gelegt.
Zum anderen stecken fast alle Kommunen in einer Haushaltskrise. Jede Kommune ist gesetzlich verpflichtet, gewissen Aufgaben nachzukommen. Aber das von Bund und Land bereitgestellte Geld reicht bei Weitem nicht für die geforderten Aufgaben aus. Hier muss sich grundlegend etwas ändern. Eppelheim ist eine Stadt mit einer großen Infrastruktur und mit seinen vielen Schulen ein Bildungsstandort – und hat damit viele Pflichtaufgaben. Aber auch freiwillige Leistungen, die uns sehr wichtig sind – zum Beispiel die Sporthallen, das Schwimmbad oder die Stadtbibliothek – kosten viel Geld. Geld, das wir nicht haben, weil auch die Gewerbesteuereinnahmen aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung massiv eingebrochen sind.
Wie hoch ist der Schuldenstand in Eppelheim?
Kutsch: Im vom Gemeinderat beschlossenen Haushaltsplan sind es – Stand Januar 2025 – bis zum Ende des Jahres 26,739 Millionen Euro.
Welche Schritte planen Sie, um die Schulden zu verbessern?
Kutsch: Mein oberstes Ziel ist es, dass Eppelheim handlungsfähig bleibt und nicht unter Zwangsverwaltung gestellt wird. Das wird nur mit sehr großen Kraftanstrengungen möglich sein. Die Haushaltsstrukturkommission wird sich bald wieder treffen. Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen und an zwei Stellschrauben drehen: Ausgaben senken und Einnahmen steigern. Eine der ersten bereits umgesetzten Maßnahmen war es, die Nebenwohnsitzsteuer ab 2026 zu erhöhen.
Das betrifft zwar nicht so viele Personen, soll es aber unattraktiver machen, einen Zweitwohnsitz in Eppelheim zu haben. Zudem müssen Leerstände, ob es Wohnraum oder Gewerbe ist, reduziert und alle verfügbaren Fördermittel akquiriert werden. Dies wollen wir mit unserer neu geschaffenen Stabsstelle für Wirtschaftsförderung, Fördermittelmanagement und Sonderaufgaben erreichen. Damit diese Stelle finanziert werden kann, wurde eine Stelle in der Stadtbibliothek nicht nachbesetzt. Dieses Beispiel zeigt: wir setzen klare Prioritäten zur Stärkung unseres Wirtschaftsstandorts. Das ist auch dringend notwendig.
Wie sieht Eppelheim in acht Jahren aus?
Kutsch: Unser Ziel ist es, dass die Stadt auch in acht Jahren eigenständig und handlungsfähig ist. Ganz wichtig ist für mich, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Eppelheim zu fördern. Außerdem will ich eine nachhaltige Stadtentwicklung mit grünen Oasen statt bisher versiegelter Flächen und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben, damit Eppelheim auch für die nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Stadt ist.
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