Interview

So war die Zeit als Bürgermeister-Stellvertreter in Eppelheim

Linus Wiegand ist Familienmensch, Unternehmer und langjähriger Gemeinderat. Als Bürgermeister-Stellvertreter leitete er fünf Monate die Geschicke der Stadt Eppelheim. Im Interview blickt er zurück.

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Linda Saxena
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Linus Wiegand in seinem Büro in Eppelheim. Seit Ende der Vertretung verbringt er wieder mehr Zeit in seinem Bauunternehmen, das er gemeinsam mit seinem Sohn führt. © Linda Saxena

Eppelheim. An diesem Morgen ist Linus Wiegand gut gelaunt und hat stets einen lustigen Spruch parat. Seit Anfang Juni führt sein alltäglicher Weg nicht mehr direkt ins Rathaus in Eppelheim, sondern wieder in das Büro seines Bauunternehmens in Eppelheim. „Hier wird mir kein Kaffee serviert, wenn ich durch die Türe komme“, sagt er schmunzelnd. Gerne erinnert er sich an ein festes Ritual mit Sekretärin Melanie Seppich zurück. „Sie hat jeden Morgen gefragt, ob ich einen Cappuccino möchte.“

Wiegand hatte mit dem Weggang der ehemaligen Bürgermeisterin Patricia Rebmann bis zum Amtsantritt des neuen Bürgermeisters Matthias Kutsch die Amtsgeschäfte in Eppelheim übernommen. Der neue Rathauschef hatte das Amt erst am 6. Juni übernommen. Grund für die Verzögerung war der Einspruch einer Person gegen die Wahl, der vom Kommunalrechtsamt zurückgewiesen wurde. Eine Klage wurde innerhalb der einmonatigen Frist nicht angestrebt, teilte die Stadtverwaltung Eppelheim mit. Damit hatte das Kommunalrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises die Bürgermeisterwahl in Eppelheim für gültig erklärt und damit grünes Licht für den Amtsantritt von Bürgermeister Matthias Kutsch gegeben. Für Wiegand hieß das: Insgesamt fünf Monate von Februar bis Juni 2025 das Bürgermeisteramt in Eppelheim auszuführen - länger als ursprünglich gedacht.

Stichwahl 2025 in Eppelheim: Linus Wiegand moderiert und bittet auch den unterlegenen Alexander Hahn (r.) auf die Bühne, um gemeinsam Matthias Kutsch zum Wahlsieg zu gratulieren. © Andreas Gieser

Vom Ratstisch zum Chefposten im Eppelheimer Rathaus

Zu den Mitarbeitern im Rathaus hat Linus Wiegand über die vergangenen Wochen ein kollegiales Verhältnis aufgebaut. „Klar hat man sich im Zuge der Arbeit im Gemeinderat gekannt, jetzt habe ich aber die andere Seite - nämlich die Verwaltung von innen - kennengelernt.“ Seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Matthias Kutsch kann sich Linus Wiegand wieder seiner Arbeit im Bauunternehmen und im Gemeinderat konzentrieren. Im Interview blickt er nochmal auf die fünf Monate im Dienste der Stadt Eppelheim zurück.

Hätten Sie jemals gedacht, dass Sie die Vertretung für das Bürgermeisteramt übernehmen zu müssen?

Linus Wiegand: Nachdem wir von der CDU/FDP-Fraktion mit sieben Gemeinderäten die stärkste Fraktion geworden waren, stand uns die Position als Bürgermeister-Stellvertreter zu. Ich war nach Alter und Dienstjahren das älteste Mitglied der Fraktion. Somit wurde ich in das Amt gewählt. Was dann auf mich zukommen sollte, wusste ich natürlich noch nicht. Im Normalfall kommt ein Stellvertreter nur im Aushilfsfall zum Einsatz. Oder übernimmt Termine, die das Rathausoberhaupt nicht wahrnehmen kann. Als dann Patricia Rebmann vorzeitig aus dem Amt ausschied, kam es dann ganz anders. Ich habe mich darauf eingestellt und bin angetreten.

Was haben Sie in dieser Zeit über die Verwaltung, über Eppelheim und über sich selbst gelernt?

Wiegand: An die Sache bin ich offen und objektiv rangegangen. Nach über 50 Jahren in der Selbstständigkeit in unserem Baubetrieb bin ich es gewohnt, Entscheidungen zu treffen. Und auch mal eine Falsche. Es war auch nicht neu für mich, mit Mitarbeitern zu arbeiten. Aber ich habe schnell gelernt, dass es in einem Wirtschaftsbetrieb doch etwas anders zugeht, als in einer Verwaltung. Die Überlegungen, die Rahmenbedingungen und die Umsetzung sind schon etwas anders als in unserem Betrieb, wo ich selbst entscheiden kann und darf. Als Quereinsteiger im Rathaus war ich auf die Zusammenarbeit mit der Verwaltung angewiesen. Vor allem mit den Amtsleitern aus den einzelnen Gebieten fand ein reger Austausch bei den regelmäßigen Besprechungen statt. Da haben wir aber alle etwas voneinander gelernt und sind super miteinander ausgekommen. Für die Stadt war es auch besser so. So konnte der Betrieb am Laufen gehalten werden, Entscheidungen getroffen und Probleme gelöst werden. Es wäre sicherlich schlechter gewesen, den Betrieb nur auf Sparflamme zu fahren, bis ein neuer Bürgermeister gekommen wäre.

Beglückwünschen Matthias Kutsch zum Amtsantritt: Matthias Steffan (v.l.), Oberbürgermeister von Schwetzingen, Linus Wiegand, stellvertretender Bürgermeister von Eppelheim, Matthias Kutsch, neuer Bürgermeister von Eppelheim, Timo Wangler, Bürgermeister von Ketsch und Nils Drescher, Bürgermeister von Plankstadt. © Andreas Gieser

Welche Momente waren besonders herausfordernd, welche besonders schön?

Wiegand : Eine Herausforderung waren die aktuellen Geschehnisse. Es war notwendig, mit dem Bauamt die laufenden Bauvorhaben, die neue Halle, das Feuerwehrhaus, die Eppelheimer Mitte, aber auch die in Planung befindlichen Projekte weiterzuführen. Da müssen Entscheidungen getroffen werden, bevor es womöglich zu Verzögerungen oder einem Baustopp kommt. Schöne Momente waren das Überbringen von Glückwünschen zu Geburtstagen und Jubiläen. Es ist erstaunlich, wie fit man im Alter von 100 oder 102 Jahren noch sein kann. Mit den Jubilaren über Gott und die Welt zu reden. Aber auch die 80- und 90-jährigen Damen und Herren sollen erwähnt ein. Schön war auch der Empfang der Eppelheimer Kegler VKC im Rathaus zum „Wiederaufstieg“ in die Bundesliga. Auch die Eröffnung der Buchwoche in der Stadtbibliothek ist ebenso zu erwähnen, wie die viele Ereignisse im Laufe der fünf Monate meiner Amtszeit.

Zur Person

  • Jahrgang 1948, verheiratet, 2 Kinder und 2 Enkelkinder
  • In Heidelberg geboren und in Eppelheim aufgewachsen
  • Gelernter Maurer, Meisterprüfung im Jahr 1976, danach den elterlichen Betrieb übernommen und zur LW Bau GmbH umgewandelt
  • seit über 30 Jahren im Gemeinderat in Eppelheim, wurde dafür im Juli 2024 geehrt

Was werden Sie aus ihrem kurzen Einsatz im Rathaus vermissen?

Wiegand: Der morgendliche Gang über den Schulhof zum Rathaus war schon beinahe eine Gewohnheit. Auch werde ich die freundliche Begrüßung an der Pforte und von den Mitarbeitern auf dem Weg zum Dienstzimmer vermissen. Aber ein Highlight war die Begrüßung von Frau Seppich: „Guten Morgen, möchten Sie einen Cappuccino?“. Das war unser Ritual, das ich vermissen werde. Froh bin ich darüber, dass auch unsere Firma diese Zeit gut überstanden hat. Denn daheim ist der Betrieb natürlich weitergelaufen. Mein Sohn Carsten macht das ohnehin schon sehr lange sehr gut. Ohne ihn wäre es mir nicht möglich gewesen, den Großteil des Tages im Rathaus zu sein.

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Wie sah die Übergabe der Amtsgeschäfte an Bürgermeister Matthias Kutsch aus?

Wiegand: Matthias Kutsch war schon kurz nach der Wahl regelmäßig im Rathaus. Während der gesamten „Wartezeit“ wegen Einspruch und Klagefrist haben wir gemeinsam den Amtsantritt vorbereitet. Termine und Besprechungen haben wir gemeinsam durchgeführt. Ich als Bürgermeister-Stellvertreter habe ihn als meinen Nachfolger und künftigen Chef im Rathaus vorgestellt. Schließlich sollte es nach Ablauf der Fristen schon vorbereitet sein und er nahtlos übernehmen können. Das hat auch sehr gut funktioniert.

Stehen Sie Matthias Kutsch noch beratend zur Seite?

Wiegand: Er ist auf seinen Start gut vorbereitet, schließlich hat er in Heidelberg schon Kommunalpolitik gemacht. Wir sind in der gemeinsamen Zeit sehr gut miteinander ausgekommen und haben vieles Notwendige vorbereitet. Es wird also nicht nötig sein, „beratend“ zur Seite zu stehen. Wir haben aber vereinbar, wenn nötig und Bedarf besteht, miteinander zu reden und zu helfen. Ich wünsche Matthias Kutsch einen guten Start in seine Amtszeit und eine gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern.

Redaktion Linda Saxena ist Print- und Online-Redakteurin in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung und zuständig für Plankstadt und Eppelheim.

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