Eppelheim. Der Eppelheimer Gemeinderat entschied in seiner jüngsten Sitzung über den Ausgleichsbetrag je Nutzzugkilometer für die Straßenbahnlinie 22 im kommenden Jahr. Sabine Schmitt, Leiterin des Amts für Nahverkehr beim Rhein-Neckar-Kreis, und Stefan Prüfer von der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH beantworteten Fragen.
Der zwischen Kreis und RNV abgeschlossene Konzessionsvertrag für den Straßenbahnverkehr auf den Linien 22 und 23 nach Eppelheim und Leimen läuft zum 31. Dezember aus und soll um ein Jahr verlängert werden. Ausgehend von dem für 2022 festgesetzten Ausgleichssatz in Höhe von 7,48 Euro je Nutzzugkilometer (ohne Corona-Aufschlag) wird sich der Satz im kommenden Jahr unter Berücksichtigung der Corona-bedingten Auswirkungen auf die Verkehrserlöse auf 8,80 Euro je Nutzzugkilometer erhöhen.
Differenzbetrag wird ausgeglichen
Geringere Verkehrserlöse, gestiegene Energiekosten, höhere Werkstattkosten und weniger Kapitalkosten im Fuhrpark wegen der geringeren Abschreibungen für die Beschaffung der neuen Bahnen aufgrund der Verschiebung des Liefertermins sind die wesentlichen Gründe. Aufgrund der noch offenen Entscheidung über einen Betriebshofstandort in Heidelberg werden seit der Festsetzung der Ausgleichssätze für 2015 und 2016 Annahmen über die anfallenden Kosten des Gebäudemanagements für den Betriebshof berücksichtigt. Die 2015 bis 2020 tatsächlich angefallenen Gebäudemanagementkosten wurden in den Ausgleichssätzen für 2017 bis 2020 spitz abgerechnet und damit jeweils nachträglich mit dem Ausgleichssatz verrechnet. Die Spitzabrechnung erfolgt seit 2021 jeweils im Folgejahr nach den tatsächlich angefallenen Istkosten. Sollte es bei den aktuell prognostizierten Verkehrserlösen zu Abweichungen kommen, wird der Differenzbetrag von der RNV zurückerstattet beziehungsweise nachgefordert. Mittel aus eventuell weiteren ÖPNV-Rettungsschirmen werden angerechnet.
Kreis beteiligt sich
Der neue Ausgleichssatz bringt einen Ausgleichsbetrag unter Berücksichtigung der Öffnungsklauseln für die Verkehrserlöse und die gestiegenen Energie- und Materialkosten für die Stadt Eppelheim in Höhe von rund 792 000 Euro mit sich. Der Kreis erstattet 40 Prozent der Kosten.
Christa Balling-Gündling (Grüne) hatte einige kritische Anmerkungen. Für die viel höheren Energiekosten bei den Straßenbahnlinien fehle ihr eine fundierte Begründung. Stefan Prüfer antwortete wie schon im Ausschuss des Kreistags: Im Stadtverkehr brauche es mehr Energie als bei der OEG, die zwischen den Gemeinden nicht so viele Haltestellen hat. Außerdem bestünden mit der OEG andere Verträge. Die Grünen-Fraktionssprecherin beantragte eine Aufschlüsselung der auf Heidelberger Gemarkung gefahrenen Kilometer: „Nur die tatsächlich auf unserer Gemarkung gefahrenen Kilometer dürfen Eppelheim in Rechnung gestellt werden.“
Auch im neuen Konzessionsvertrag, der immer noch verhandelt werde, müsse eine Kilometerabrechnung nach Gemarkungsgrenzen erfolgen. Die tatsächlich am nächsten Jahresende durch die Spitzabrechnung in Rechnung gestellten Kosten müssten „fundiert belegt werden“.
„Unnötige Mehrkosten“
Bernd Binsch (Eppelheimer Liste) monierte: „ÖPNV wieder um jeden Preis.“ Durch die Verkürzung der Taktzeit in den Abendstunden und an Feiertagen würden unnötige Mehrkosten produziert. Aufgrund einer gescheiterten Betriebshofprojektierung und teurer Werkstattkosten im alten Betriebshof müssten nun alle beteiligten Gemeinden die entstandenen Kosten anteilig mitbezahlen. „Wir verlangen eine langfristige Lösung und nicht eine scheibchenweise Erhöhung der Kosten nach Salamitaktik von Jahr zu Jahr“, meinte Binsch. Er fragte, wann die ersten neuen Straßenbahnen nach Eppelheim fahren sollen. Die Einführung der neuen Bahnen verzögere sich noch, meinte Prüfer.
Trudbert Orth (CDU/FDP) hielt es für sinnvoll, den bisherigen Vertrag noch ein Jahr weiterlaufen zu lassen, da zwischen Kreis, Heidelberg und Eppelheim „sorgfältig verhandelt werden muss“. Seine Fraktion stehe generell zu einem großzügigen Angebot für den ÖPNV. Eppelheim müsse noch den Umbau der Haltestellen Rathaus und Jakobsgasse zu behindertengerechten Zusteigemöglichkeiten voranbringen und finanzieren.
Die Kosten für Linie 22 seien ein stolzer Betrag, nur durch die Bezuschussung durch den Kreis könne man sich das überhaupt noch leisten. Er sehe kein unternehmerisches Risiko bei der RNV: „Wir fordern auch eine Fahrgastzählung und Befragung. Die Nutzungskilometer müssen gemarkungsgenau abgerechnet werden. Es muss mehr Flexibilität in den Verträgen vereinbart werden.“ Seine Fraktion hoffe auf niedrigere Sätze in der Zukunft: „Nicht das unnötige 9-Euro-Ticket ist wichtig, sondern ein kostengünstigerer ÖPNV in den Städten und Gemeinden.“
„Die SPD-Fraktion steht zur Straßenbahn“, erklärte ihre Sprecherin Renate Schmidt. Die Anbindung im Zehnminutentakt sei ein wesentlicher Beitrag für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger. Es gebe aber Diskussionsbedarf zur Höhe der Ausgleichszahlungen. Andere Linien seien erheblich günstiger als die Linie 22. Auch diese Linien müssten mit dem Ausfall von Verkaufserlösen rechnen. Dem neuen Ausgleichssatz für 2023 stimmte Schmidt zu, „damit der Betrieb zunächst reibungslos weitergeführt werden kann“. Für Nachfolgevereinbarungen müsse man im kommenden Jahr „intensive Abstimmungsgespräche“ führen.
Der Beschlussvorschlag über die Ausgleichszahlungen für 2023 ging bei drei Neinstimmen der Gemeinderäte Franz Maier, Jürgen Sauer und Bernd Binsch von der Eppelheimer Liste mit deutlicher Mehrheit durch.
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