Hockenheim. Der Sound von AC/DC ist eine Konstante, ein Naturgesetz des Hard-Rock. Im Schlagzeug pumpt dabei ein einfacher Vierviertel-Groove mit satter Snare und drückender Kickdrum – ohne Schnörkel, ohne Schnickschnack. Dazu kommt ein Gitarren-Riff, das nach vier Takten vollständig im Ohr ist. Dabei gilt: Je simpler, desto besser. In der Bassstimme pulsieren nur Grundtöne. An dieser Grundmasse reiben sich dann knarzige, rauchige Vocals, die vom Rockstar-Leben erzählen. Von Alkohol, Sex, Glücksspiel und dem Motorengeräusch eines Cadillacs. Noch nie in 50 Jahren Bandgeschichte haben AC/DC dieses Song-Rezept groß verändert. Und bei ihren Konzerten stellt sich die Frage: Warum sollten sie auch?
Denn immer noch füllt die Band Arenen. Wie am Samstagabend, als AC/DC im Rahmen ihrer Power-Up-Tour auf dem Hockenheimring gespielt haben. Da kamen knapp 100 000 Menschen, um den Rock-Sound, der Generationen verbindet, zu hören. Schon drei Stunden vor Konzertbeginn war der Innenraum komplett gefüllt – und trotzdem strömten durchgängig noch mehr Fans hinzu. Viele versuchten, noch rechtzeitig einen Platz vor einem der Video-Screens zu bekommen.
Denn auf diesen spielte sich kurz nach 20 Uhr die filmische Eröffnungsszene ab. Ein roter Sportwagen rast über die Autobahn. Der Motor dröhnt, ächzt und krächzt. Mit quietschenden Reifen passiert der Wagen ein blaues Verkehrsschild. „Hockenheim“ steht darauf. Ohrenbetäubender Jubel ging durch die Menschenmasse, als dann AC/DC auf die Bühne kamen und mit „If You Want Blood (You’ve Got It)“ vom Album „Highway to Hell“ loslegten. Ein zackiges Power-Chord-Riff tanzte um die einfache Schlagzeugbegleitung von Drummer Matt Laug. Der ganze Innenraum hob daraufhin die Hände und klatschte mit – von der Tribüne sah das aus, als würde eine riesige Masse im Takt beben.
Angus Young spielt am Hockenheimring noch ganz so wie früher
Nach dem ersten Song war das Publikum hellwach. Gleich wurde klar: Der AC/DC-Sound braucht keine Aufwärmphase. Er funktioniert einfach. Und das, obwohl Angus Youngs weiße Haare mittlerweile unter seiner Mütze hervorsprießen. Was nicht heißt, dass sich das Alter in seinem Spiel bemerkbar machte. Ganz im Gegenteil: Virtuos flitzte Young über das Griffbrett seiner Gitarre, schnitt Grimassen und lief immer wieder im Chuck-Berry-Duckwalk über den Mittelsteg der Bühne.
Die Tour trägt den Namen „Power-Up“. Trotzdem spielten AC/DC in Hockenheim nur zwei Songs von ihrem gleichnamigen neuen Album – und das war auch gut so. Denn „Demon Fire“ und „Shot in the Dark“ ernteten vom Publikum nur ein paar Kopfnicker, nicht mehr. Die meisten Fans waren wegen der Klassiker gekommen. Ein erster tiefer Gefühlsausbruch kam dann mit „Thunderstruck“. Das berühmte Intro mit schnell auflodernden Akkordbrechungen in der Gitarre reichte aus, um die Fans auf den Tribünen zum Aufstehen und die Innenraum-Besucher zum Singen zu bewegen.
Ein Song erzählt authentisch von der Band-Geschichte von AC/DC
Direkt schloss „Have a Drink on Me“ an. Ein Song, der Bon Scott, dem ersten Sänger von AC/DC, gewidmet ist. Dabei war der einzige Lied-Text an diesem Abend zu hören, der authentisch vom Geschehen in der Band erzählte. Denn Thema ist Bon Scotts Alkoholsucht, an der er schließlich qualvoll starb.
Abseits ihrer viel bejubelten Hits spielten AC/DC auch Titel, die etwas tiefer in ihrem Repertoire verborgen liegen, wie etwa „Sin City“. Der Song erzählt vom Leben der Reichen und Schönen in Las Vegas, von Casinos und Spielhöllen, in denen schmierige Gestalten wie „Fingers Freddy“ oder „Diamond Jim“ das Sagen haben. Schnelle Blues-Riffs und kreischender Gesang brachten das Publikum bei „Riff Raff“ zum Tanzen. Mit „High Voltage“ kam dann auch der unverbrauchte Rock-n-Roll-Sound der gleichnamigen Debüt-Platte von 1976 zum Vorschein.
AC/DC präsentieren am Hockenheimring auch ihre großen Hits
Aber natürlich waren es die Mega-Hits, die den Ring zum Beben brachten. Bei „T.N.T.“ konnte das laute Soundsystem mit den „Oi,Oi,Oi“-Rufen der Fans nicht mithalten. Ebenso bei „Highway to Hell“: Parallel zur vibrierenden, tobenden Menge schossen Feuersäulen aus dem Bühnenboden und Angus Young setzte sich rote Teufelshörner auf. Teufelshörner, die auch das Publikum in der Dunkelheit zu einem Meer aus rot blinkenden Lichtern machten.
Setlist
1. If You Want Blood (You’ve Got It)
2. Back in Black
3. Demon Fire
4. Shot Down in Flames
5. Thunderstruck
6. Have a Drink on Me
7. Hells Bells
8. Shot in the Dark
9. Stiff Upper Lip
10. Shoot to Thrill
11. Sin City
12. Rock ‘n’ Roll Train
13. Dirty Deeds Done Dirt Cheap
14. High Voltage
15. Riff Raff
16. You Shook Me All Night Long
17. Highway to Hell
18. Whole Lotta Rosie
19. Let There Be Rock (Live-Version mit Angus Young Gitarrensolo)
20. T.N.T.
21. For Those About To Rock (We Salute You)
Den Schlusspunkt setzten AC/DC wie immer mit „For Those About To Rock (We Salute You)“ – einer Art Liebeserklärung an alle Fans, die gekommen waren, um die Musik, die sie lieben, zu zelebrieren.
Aus einem quietschenden Riff entwickelte sich dabei ein stämmiger Rock-Groove. Der Kern des Songs war ein entschlossener Ruf. „Fire“, schrie Sänger Brian Johnson, und aus einer von vielen Kanonen, die hinten an der Bühne aufgereiht standen, donnerte ein Schuss. Das Konzert endete in einem wütenden Aufbäumen der Band mit Trommelschlägen, züngelnden Gitarrensoli, lautem Jubel und Pyrotechnik. Die letzte Nummer war, wie die meisten Lieder des Abends, mehrere Jahrzehnte alt. Und immer noch versetzen diese Songs eine riesige Menschenmenge in Ekstase. AC/DC haben mit ihrem Sound etwas Zeitloses geschaffen. Eine Konstante im Hard-Rock.
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