Hockenheimring

Alle schuften bei "Formula Student" in Hockenheim, damit „Emma“ durchhält

Beim Konstruktionswettbewerb Formula Student Germany sind zwei Teams der Mannheimer Hochschulen unter 2642 Studierenden am Start.

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Volker Widdrat
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Die „Emma“ des CURE-Teams der Dualen Hochschule BW: Nils Starbaty (v. l.), Holger Adams, Marek Milker, Fahrer Matteo Schäfer, Johannes Neuhaus und Anne Lederer. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Die Formula Student Germany (FSG), die noch bis Sonntag auf dem Hockenheimring gastiert, ist ein internationaler Konstruktionswettbewerb für Studierende. Die Aufgabe für die Teams aus der ganzen Welt besteht darin, ein einsitziges Formel-Fahrzeug mit einem Elektro- oder Verbrennungsmotor zu konstruieren und dadurch einen fahrbereiten Prototypen herzustellen. Am Freitag mussten die selbst gebauten Boliden ihr Können auf der Strecke im Motodrom beweisen.

Seit Montag wurden die technischen Inspektionen der Fahrzeuge und die Kostenaufstellungen präsentiert. Parallel zu der technischen Entwicklung müssen die Teams nämlich auch durch einen tragfähigen Businessplan vorlegen, dass aus ihrem Produkt ein lohnendes Geschäftsmodell entwickelt werden kann.

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Hockenheim: Formula Student auf dem Ring

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„Die Idee zu dem Wettbewerb stammt aus den USA, jetzt ist die Formula Student auf allen Kontinenten vertreten, darauf können wir stolz sein“, erklärt FSG-Vorstandsmitglied Dr. Ludwig Vollrath, der den Nachwuchswettbewerb 2005 über den Verein Deutscher Ingenieure (VDI) mitgegründet hat.

Ziel sei es, die Ingenieure für morgen auszubilden. Hockenheim sei dabei der zentrale Punkt der Szene: „Das macht uns große Freude.“ Bei der 16. Auflage – im Jahr 2020 wurde das Event wegen Corona abgesagt und im vergangenen Jahr gab es nur eine eingeschränkte Teilnehmerzahl – findet das Programm wieder in gewohntem Umfang statt. Insgesamt sind 92 Teams aus 23 Nationen mit 2642 Studierenden am Start und kämpfen um Punkte in verschiedenen Disziplinen.

Es gibt immer etwas zu verbessern: Fabian Lätzsch (v. l.), Thomas Uth (unterm Fahrzeug) und Paul Hofmann vom Team Delta Racing der Hochschule Mannheim arbeiten in der Box. © Lenhardt

Autonome Systeme sind Pflicht

Erstmals in diesem Jahr ist die Implementierung von autonomen Systemen in allen Fahrzeugen laut Regelwerk vorgeschrieben. Mit der Eingliederung der Formula Student Driverless (FSD) in die Elektrik- (FSE) und Verbrenner-Klasse (FSC) soll damit „der nächste wichtige Schritt der Strategie zur stärkeren Integration des autonomen Fahrens umgesetzt werden“.

Die volle Punktzahl kann nur noch mit einem Fahrzeug erreicht werden, das nicht nur mit, sondern auch ohne Fahrer antreten kann. Deshalb wurde der Driverless Cup ins Leben gerufen, bei dem die Teams ihr fortgeschrittenes Niveau im Bereich autonomes Fahren unter Beweis stellen, indem sie alle dynamischen Disziplinen fahrerlos absolvieren.

Genau 70 Teams treten in der Electric-Klasse an, davon nehmen 30 die Herausforderung an, sowohl manuell als auch autonom zu fahren, meldet Theresa Stach von FSG-Communications. Da alle Fahrzeuge Prototypen sind, müssen die Teams eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen und Regeln einhalten.

Paul Hofmann vom Team Delta Racing zieht Schrauben am Rennfahrzeug an. © Dorothea Lenhardt

Vor dem Fahren geht es durch eine harte Prüfung, so Vollrath. Die Akkus sind essenziell für die Fahrzeugsicherheit und werden vor den dynamischen Disziplinen genau geprüft. Bei der elektrischen Inspektion werden alle durch das Regelwerk vorgeschriebenen Systeme auf ihre Funktionsfähigkeit getestet. Bei der technischen Abnahme werden Rahmenstruktur, Radaufhängung, Lenkung, Bremsen, Felgen und Reifen untersucht.

Beim Tilt Table Test wird begutachtet, ob keine Betriebsflüssigkeiten austreten und die Regularien zum Überrollschutz erfüllt werden. Dabei wird das Fahrzeug mit angeschnalltem Fahrer bis zu einem Winkel von 60 Grad geneigt. Die Vorschriften für die Einhaltung des Lärmpegels müssen ebenso erfüllt sein. Damit die Elektrofahrzeuge auch bei Niederschlägen vorbehaltlos fahren können, müssen sie sich einem künstlichen Regenschauer unterziehen. Der Bremstest dient zur Überprüfung, ob das Bremssystem in der Lage ist, alle vier Räder des Fahrzeugs gleichzeitig zu blockieren und es dadurch zu einem kontrollierten Stillstand zu bringen.

Dauerbelastung als Königsdisziplin

Das hatten die Teilnehmer am Freitag bereits hinter sich. Bei den dynamischen Disziplinen werden neben der maximalen Längs- und Querbeschleunigung auch die Rennperformance, Effizienz und Haltbarkeit der Rennwagen ermittelt und bewertet. Auf einer 75 Meter langen Geraden wird die Beschleunigung der Fahrzeuge aus dem Stand gemessen. Beim Skid Pad durchfahren die Boliden einen mit Pylonen begrenzten Parcours in Form einer Acht.

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In der Autocross-Disziplin fahren die Renner über einen etwa ein Kilometer langen Kurs mit Geraden, Kurven und Schikanen. Beim Endurance-Rennen als Hauptdisziplin des FSG-Wettbewerbs müssen die Autos über eine Renndistanz von 22 Kilometern ihre Dauerbelastbarkeit beweisen.

Als unsere Zeitung am Freitag in der Box der Mannheimer Dualen Hochschule Baden-Württemberg vorbeischaut, ist „Emma“ gerade beim Beschleunigungswettbewerb auf der Strecke unterwegs. „Emma“ ist der elektrische Rennwagen des CURE-Teams, das seine Werkstatt in Eppelheim hat. CURE steht für „Cooperative University Racecar Engineering“, das rund 80-köpfige studentische Team hat nach den strengen Regularien des Wettbewerbs den neuen Rennwagen entwickelt, gebaut und auf die Strecke gebracht. Technischer Projektleiter ist Nils Starbaty, der Fahrer von „Emma“ mit der Nummer 69 ist Matteo Schäfer.

Formula Student Germany (FSG)

Die Formula Student Germany (FSG) begann 2006 in Deutschland. 2009 starteten erstmals Elektroautos in dem Wettbewerb. 2015 kam die fahrerlose Klasse dazu.

Jedes Jahr teilen weltweit Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen ihre Begeisterung für den Wettbewerb, mittlerweile über 900 Teams aus 54 Ländern auf fünf Kontinenten.

Alljährlich findet ein Meeting aller Formula Student-Organisationen auf dem Hockenheimring statt.

Die FSG hat viele Partner und Unterstützer aus dem professionellen Motorsport und der Automobilbranche.

Die Bewertung innerhalb der festgelegten Kategorien erfolgt durch erfahrene Juroren. Über 400 ehrenamtliche Helfer sind jedes Jahr an der Organisation und der Umsetzung beteiligt.

Insgesamt kann jedes Team in drei statischen und fünf dynamischen Disziplinen maximal 1000 Punkte erreichen. Das Team mit dem besten Gesamtpaket aus Konstruktion, Rennperformance, Finanzplanung und Verkaufsargumentation holt den Gesamtsieg.

„Wir sind erfolgreich unterwegs im Wettbewerb, auch wenn es bei der Beschleunigung ein paar Probleme gab“, berichtet die organisatorische Projektleiterin Maren Klotz. Sie ist zuversichtlich, in der Gesamtwertung im „soliden Mittelfeld“ zu landen.

An diesem Samstagabend werden im Motodrom die ersten Award-Gewinner einiger Disziplinen gekürt. Wenn am Sonntag die Ausdauer-Disziplinen gelaufen sind, werden in den jeweiligen Wertungsklassen die weiteren Award-Gewinner ausgezeichnet. Eine Party beschließt die FSG-Saison.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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