Gemeinderat

Aquadrom, Kita, Wohnraum: Hockenheim hat ein Kostenproblem

Die Fraktionen verabschieden einstimmig von Pflichtausgaben bestimmten Haushalt 2024 und erneuern ihre Kritik an mangelnder Unterstützung durch Bund und Land.

Von 
Matthias Mühleisen
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Muss angesichts der Haushaltssituation verschoben werden: der Neubau der Theodor-Heuss-Realschule. © Lenhardt

Hockenheim. Wo die Schuldigen im Hockenheimer „Haushaltskrimi“ sitzen, wusste der OB schon bei der Einbringung des Etats 2024 im Januar: in Berlin und Stuttgart, wo Gesetze und Vorgaben gemacht werden, deren Umsetzung überwiegend an den Kommunen hängenbleibt, die dafür aber nicht ausreichend unterstützt werden.

Wenn man in der Bildsprache des Rathauschefs bleiben will, kommen auch seine Co-Ermittler zu diesem Ergebnis. Bei der einstimmigen Verabschiedung des Zahlenwerks am Mittwochabend im Gemeinderat monierten alle Fraktionen diesen Missstand. Obwohl keiner mit dem Zahlenwerk, das ein Minus von 6,5 Millionen Euro vorsieht, zufrieden ist, stimmten alle Fraktionen zu.

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Als er den Entwurf vorstellte, sprach Marcus Zeitler noch von einem Defizit von knapp 6,2 Millionen Euro. Üblicherweise ergeben sich leichte Verbesserungen im Laufe der auf die Einbringung folgenden Beratungen doch diesmal sind 300 000 Euro auf den Fehlbetrag draufgekommen. Alle Sprecher betonten, die Stadt habe ein Ausgabenproblem – oder auch Kostenproblem.

Steuern sprudeln, aber . . .

Die schwierige Lage wird nicht durch schwache Einnahmen verursacht – im Gegenteil. Die Gewerbesteuer verzeichnet ein Plus von 9,5 Millionen Euro und bewegt sich nach wie vor auf Rekordniveau, außerdem hat die Stadt eine Liquidität von 20 Millionen Euro angesammelt und ihre Schulden in den vergangenen Jahren um rund 40 Prozent zurückgeführt.

Doch die Aufgaben, die ihr von höherer Ebene aufgebürdet werden, verschlingen in Kombination mit enormen Kostensteigerungen, die teilweise ebenso auf Vorgaben und Reglementierungen von Bund und Land zurückgehen, diese Mittel.

Kinderbetreuung immer teuerer

Die Kinderbetreuung ist ein neuralgischer Punkt, was die Ausgaben angeht. Für den Kita-Betrieb gibt die Stadt rund sieben Millionen Euro pro Jahr aus, rechnete CDU-Fraktionssprecher Markus Fuchs vor. Wegen des Rechtsanspruchs auf Betreuungsplätze muss die Stadt den Parkkindergarten neu errichten.

Dieser schlägt mit über 15 Millionen Euro zu Buche und ist damit die größte Investition in den kommenden Jahren. Laut Fuchs kostete der Neubau einer Gruppe des Heinrich-Bossert-Kindergartens 2014 noch 380 000 Euro, während für den Park-Kindergarten schon rund 1,5 Millionen Euro pro Gruppe veranschlagt seien. Gabi Horn erklärte, die Freien Wähler hätten einen fünfgruppigen Bau mit der Option auf spätere Erweiterung bevorzugt, sich aber angesichts der hohen Nachfrage nach Plätzen dem zehngruppigen Ausbau nicht verschlossen.

3,5 Millionen für Unterbringung

Die im Haushalt eingeplanten 3,5 Millionen Euro für die Unterbringung von Geflüchteten für Erwerb und Aufbereitung der Unterkünfte ist ein weiteres Beispiel für die Belastungen, die die Kommunen tragen muss für ein staatliches Thema.

Nicht einer übergeordneten Institution anzukreiden sind die Investitionen in die Modernisierung des Bauhofs. Fünf Millionen Euro fließen bis 2025 in Neubauten und die Erneuerung des Fuhrparks. Gabi Horn hoffte, dass die Ausgaben zu Synergieeffekten für städtische Einrichtungen und zu Einsparungen bei Fremdleistungen führen. SPD-Fraktionsvorsitzender Richard Zwick hätte sich die gleiche Intensität im Fachbereich Soziales, Bildung, Kultur und Sport gewünscht wie für das „Lieblingskind unseres OBs“.

Womit der Sozialdemokrat die Tatsache ansprach, dass für den Neubau der Theodor-Heuss-Realschule auf absehbare Zeit keine Mittel vorhanden sind. Das Projekt wird mit über 40 Millionen Euro veranschlagt. Diesen Umstand bedauerten alle Fraktionssprecher, da sie unisono deren Erhalt als absolutes Muss für den Schulstandort Hockenheim betrachten.

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Anders als im Vorjahr – damals kamen zwei Gegenstimmen von der Grünen – erhielt der Haushalt dennoch die Zustimmung aller 19 bei der Sitzung anwesenden Stadträte, was Oberbürgermeister Marcus Zeitler als gelungenen Beitrag des Gremiums zur Feier seines Geburtstags betrachtete.

Grünen-Sprecher Adolf Härdle sprach von einem „Haushalt der Hoffnung“, dem seine Fraktion zustimme, obwohl einige ihrer Anträge wie Schwammstadt-Konzept, Hitzeaktionsplan, E-Carsharing oder die Prüfung von Standorten für Windkraftanlagen auf Flächen der Hockenheimer Gemarkung nicht berücksichtigt wurden. Dass für die Karlsruher Straße noch kein Konzept für eine Attraktivierung beschlossen ist, merkte er kritisch an.

Allen Fraktionen gemeinsam ist die Sorge um die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadtwerke durch die Belastungen aus dem Aquadrom-Betrieb. Das Freizeitbad muss jährlich mit gut 3,5 Millionen Euro subventioniert werden. Deutlicher als in den Vorjahren gaben alle Sprecher zu verstehen, dass es so nicht mehr weitergehen kann. „Das Aquadrom ist ein Luxus, den sich die Stadt so nicht mehr leisten kann“, fasste es Frank Köcher-Hohn (FDP) zusammen und verwies auf zahlreiche weitere Herausforderungen, denen sich die Werke durch Energie- und Wärmewende stellen müssten.

Ungewisse Aquadrom-Zukunft

Ingrid von Trümbach-Zofka (SPD) ließ auch unpopuläre Lösungen nicht unerwähnt wie ein abgespecktes Bad ohne Freibad, Außenbecken, Sauna und Salzgrotte und war sich sicher: „Egal, was der Gemeinderat beschließt, es kostet eine Menge Geld und niemand wird anschließend zufrieden sein.“

Obwohl auch niemand im Gemeinderat mit der finanziellen Situation der Stadt zufrieden sein kann, ist der Haushalt 2024 beschlossen und kann der Genehmigungsbehörde vorgelegt werden.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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