Hockenheim. Eins ist sicher: Am Fehlen von Konzepten wird der Kampf gegen den Klimawandel nicht scheitern. Der Gemeinderat hat das Klimaschutzkonzept für die Stadt Hockenheim am Mittwochabend einstimmig beschlossen – bei einer Enthaltung durch die FDP. Das klimafreundliche Mobilitätskonzept ist seit September 2021 verabschiedet, die Wärmeplanung ging Ende Januar über den Ratstisch. Die Papierfassung des Klimaschutzkonzepts umfasst 177 Seiten – und steht unter einem gewichtigen Vorbehalt: „Die Realisierung der Maßnahmen ist unter der Voraussetzung der Verfügbarkeit entsprechender finanzieller Ressourcen möglich“, heißt es im Beschluss ausdrücklich.
Das Konzept umfasst elf Handlungsgrundsätze und 43 Maßnahmen, erläuterte Christian Engel, Leiter des Fachbereiches Bauen und Wohnen, der das unter der Regie von Klimaschutzmanager Dr. Philipp Wesche und mit Beteiligung der Bürger entstandene Werk in seinen Grundzügen vorstellte. Zu den Handlungsgrundsätzen zählen die Bekenntnisse zu Wärme-, Mobilitäts- und Energiewende – alle drei Bereiche sollen klimaneutral werden.
Wo möglich, sollen Vorhaben klimaneutral durchgeführt werden. Sowohl die Stadt als auch ihre Tochterunternehmen sollen Kreislaufwirtschaft aktiv unterstützen, ebenso den Erhalt städtischer Waldgebiete sowie insbesondere den Erhalt größerer Bäume auch im Stadtgebiet. Mit einer Einschränkung: Sie dürfen nicht der Errichtung von Bauwerken im Wege stehen, die für die Energiewende wichtig sind. Denn die Unterstützung der Errichtung von Windkraftanlagen, soweit keine erheblichen Sachgründe entgegenstehen, ist ein weiterer Handlungsgrundsatz.
Ein weiterer lautet, dass die Stadt bei der Errichtung von Windkraftanlagen, bei denen sie Einfluss nehmen kann, darauf besteht, dass die Komponenten wie Rotorblätter recycelt oder recyclebar sind, keine Komponenten haben, die potente Treibhausgase enthalten oder in deren Produktion solche verwendet werden. Ferner sollen die Anlagen keine Dieselgeneratoren und sonstige fossile Brennstoffe im Betrieb nutzen dürfen.
Keine Euphorie bei Fraktionen im Hockenheimer Gemeinderat
Mindestens zwei Drittel der geeigneten Dachflächen sollen sowohl bei Privathaushalten als auch bei gewerblichen und kommunalen Liegenschaften mit Dachphotovoltaik belegt werden. Für Immobilien ohne Dachflächen soll an mindestens 70 Prozent der Balkone, an denen das möglich ist (die also nicht verschattet oder nach Norden ausgerichtet sind) Balkonphotovoltaik installiert werden. Der elfte Handlungsgrundsatz zielt auf ein modernes Stadtbild mit Sharingangeboten in den Bereichen Mobilität und Büronutzung und ein grünes, klimaresilientes Stadtgebiet.
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„Wir stimmen dem Klimaschutzkonzept zu, weil es keine Alternative zum Klimaschutz gibt“, machte CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Fuchs in seiner Stellungnahme deutlich. Nicht nur in seinem Vortrag schwang Skepsis mit, dass das Konzept ein entscheidender Schritt zur klimaneutralen Stadt ist. Dem Klimawandel könne nur begegnet werden, wenn es gelinge, alle Bürger sowie alle Unternehmen mitzunehmen. Und er gab zu bedenken: „Jeder Euro, den wir in Förderprogramme für den Klimaschutz investieren, konkurriert letztendlich mit Investitionen in die Realschule und das Aquadrom.“
Finanzierungssorgen überschatten Klimaschutzkonzept in Hockenheim
Das Thema Kosten war auch FWV-Sprecherin Gabi Horn wichtig: „Gerade in den jetzigen Zeit ist das Leben durch gestiegene Energie- und Lebenshaltungskosten für den Bürger sehr teuer geworden und die Energieeinsparmaßnahmen müssen auch finanzierbar sein und dürfen die Bürger nicht überfordern.“ Die Freien Wähler würden die Umsetzung der Maßnahmen unterstützen, „soweit wir dies im konkreten Fall sinnvoll und finanzierbar halten“, sagte Horn. Es dürften nicht nur die Bürger in die Pflicht genommen werden, während Maßnahmen der öffentlichen Seite an der Finanzierung scheitern.
Reaktionen der Hockenheimer Fraktionen auf das Klimaschutzkonzept
Adolf Härdle (Grüne) sagte, es sei auch der Job des Gemeinderats, dafür zu sorgen, dass die Bürger beim Weg zur Klimaneutralität mitgenommen werden. Er hält viele Vorschläge des Konzepts für durchaus umsetzbar: „Wir sollten es angehen“ – Zug um Zug, mit gemeinsam gesetzten Zielen, wenn auch unter dem unvermeidbaren Vorbehalt der Finanzierbarkeit.
SPD-Fraktionsvorsitzender Richard Zwick sagte, es brauche Ausdauer und sehr viel Geld, die Maßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft umzusetzen, doch dieser Daueraufgabe könne man sich nicht verschließen.
Die Haltung der FDP zu Konzepten sei bekannt, begann Frank Köcher-Hohn seine Stellungnahme: „Sie kosten viel Geld und verstauben häufig in Schubladen.“ Das Energiegebäudegesetz habe zuletzt das Gegenteil seiner Intention erreicht, das Klima sei ein globales Problem, solange große Industrienationen wie China, die USA und Indien keinen Cent für Klimaschutz ausgäben, „brauchen wir nicht glauben, mit unseren Konzepten die Welt retten zu können.“ Einige Vorschläge halte die FDP für sinnvoll, deshalb lehne sie das Konzept nicht ab, sondern enthalte sich.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Klimaschutzkonzept in Hockenheim: Nur ein erster Schritt, aber . . .