Tierschutz

Das Hockenheimer Storchennest ist wieder bewohnt

Das Nest in der Unteren Hauptstraße ist wieder vom Storchenpaar bewohnt, das sich umgehend um die Familienplanung kümmert.

Von 
Andreas Wühler
Lesedauer: 
Putzzeit: Nicht weniger wichtig als die Pflege des Nestes ist für Störche die des Gefieders. Wenn sie nicht auf Futtersuche sind, sind sie mit Körperhygiene beschäftigt, zeigt die Beobachtung mit der Storchenkamera in der Unteren Hauptstraße. © Naturschutzbund

Hockenheim. Für die Tauben war es keine gute Nachricht, für die Storchenfreunde schon: Anfang des Monats kehrte das Hockenheimer Paar auf sein Nest in der Unteren Hauptstraße zurück. Die Tauben, die es als Winterquartier benutzt hatten, mussten sich deshalb nach einer anderen Unterkunft umschauen, wie der Biologe Uwe Heidenreich von der Nabu-Ortsgruppe Hockenheim, der sich zusammen mit seinem Vorstandskollegen Norbert Sass um die hiesige Storchenpopulation kümmert, anmerkt. Er hat in den Wochen zuvor regelmäßig die Bilder angeschaut, die von der Kamera über dem Nest gesendet werden, und so die Tauben als Untermieter ausgemacht.

Anscheinend hatten diese Gefallen am Nest gefunden, berichtet Heidenreich im Gespräch mit unserer Zeitung und schildert, dass sie immer wieder zum Horst zurückkehrten, wurde er von den Störchen kurz verlassen. Aber mittlerweile seien die Adebars wieder Herr im Haus. Ein Kuriosum fügt Heidenreich aus seiner Bildbetrachtung hinzu: Auch eine Nilgans hat das Nest kurzfristig als Quartier genutzt, doch blieb ihr Erscheinen bisher singulär.

Sass und Heidenreich sind dankbar, dass die Erfolgsgeschichte der Wiederansiedlung der Störche in Hockenheim um ein weiteres Jahr fortgeschrieben werden kann und danken dafür in erster Linie Kurt Adelsberger, auf dessen Haus sich das Nest befindet. Und der es in regelmäßigen Abständen zurückbaut, sprich reduziert.

Denn Störche hören nicht auf, an ihrem Nest zu bauen, erklärt Sass. Schnell komme da ein Gewicht von über einer Tonne zusammen – für Dachkonstruktionen eine Herausforderung. Weshalb Adelsberger die Brutstätte auf seinem Dach in regelmäßigen Abständen in der Wintersaison zurücknimmt. Was die Störche im Übrigen nicht stört – sie bauen fleißig weiter, wenn sie wieder im Land sind.

Störche in Hockenheim: Sorge wegen Plastikmüll

Die Naturschützer hingegen sind besorgt. Denn es zeige sich Jahr um Jahr ein höherer Anteil von Plastik, der im Nest verbaut wird und für die Störche zur tödlichen Falle werden kann. Nicht nur wegen der Gefahr des Verschluckens, sondern wegen der Verwendung als leicht verfügbares Baumaterial. Denn im Gegensatz zu Ästen und Blättern hat das Plastik einen gravierenden Nachteil: Regenwasser läuft nicht ab. Weshalb der Brut der Tod durch Ertrinken oder Unterkühlung droht, liegt sie während einer Regenperiode längere Zeit in einem Wasserbad.

Mehr zum Thema

Hockenheim

Blick ins Storchennest

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
7
Mehr erfahren
Kisselwiesen (mit Fotostrecke)

Störche kehren nach Reilingen zurück

Veröffentlicht
Von
Andreas Wühler
Mehr erfahren
Gewerbegebiet Mörscher Weg

Stadt erhöht bei Haubenlerche in Hockenheim Druck auf Landesregierung

Veröffentlicht
Von
Matthias Mühleisen
Mehr erfahren

An dieser Stelle werden Sass und Heidenreich nicht müde, ihren Appell an die Bürger, keinen Plastikabfall in der Natur zu entsorgen, zu wiederholen. Verpackungen von Schokoriegeln oder Chipstüten haben auf der Straßen nichts verloren, können für Tiere zur tödlichen Gefahr werden. Seinen Müll ordentlich zu entsorgen, hat jeder in der Hand und sollte eigentlich selbstverständlich sein, doch Gefahr lauert auch an anderer Stelle – in Sinsheim. Die dortige Mülldeponie hat sich für die regionale Storchenpopulation zum Eldorado, zum Tischleindeckdich entwickelt – samt der geschilderten Folgen.

Was auch daran liegt, betont Heidenreich, dass das Nahrungsangebot momentan sehr dürftig ist – ein deutliches Zeichen für den Klimawandel, ist der Biologe überzeugt, der nicht nur um die Probleme der Störche weiß, sondern auch schildert, dass derzeit Fledermäuse gleichfalls auf der Suche nach Insekten seien. Fakt ist: Zurzeit ist es zu warm und zu trocken, was für den Sommer, wenn die Grundwasserspeicher eigentlich gefüllt sein sollten, Schlimmes ahnen lässt. Schon jetzt herrsche in Frankreich und Italien Wasserknappheit – ein Trend, der sicher über die Alpen komme.

Hockenheim: Abwanderung von Störchen in den Norden befürchtet

Wie überhaupt, merkt Heidenreich an, in der Wissenschaft derzeit eine Diskussion geführt werde, wie lange der Storch noch bei uns bleibt. Für wahrscheinlicher gehalten wird ein Abwandern in den Norden, hierzulande wird es ihm im Sommer zu heiß. Was jeder nachvollziehen kann, der im Hochsommer schon mal einen Tag ohne Schutz in der Sonne verbracht hat, fügt Sass hinzu. Ein Blick auf die Storchennester, ob in Hockenheim oder den Reilinger Kisselwiesen, zeige, dass die Nester schattenlos der Sonne ausgeliefert sind. Oft sieht man die Altstörche, gerade mithilfe der Kamera, mit ausgebreiteten Flügeln im Nest stehen, die versuchen, den Jungen Schatten zu spenden. Und man habe auch schon beobachtet, wie die Alttiere ihren Nachwuchs tränken, fügt Sass hinzu.

Dennoch hofft das Naturschutzbund-Duo auf ein „normales“ Storchenjahr, auf Nachwuchs im Nest, der eine Überlebenschance hat. Die Störche arbeiten auf jeden Fall daran. Nach ihrer Rückkehr haben sie damit begonnen, das Nest zu säubern, es herzurichten. Und dann ging es gleich zur ersten Paarung. Fast eine Woche früher als im Vorjahr, merkt Heidereich an, der solche Daten akribisch erfasst und wissenschaftlich verwertet. Womit er gleich das Ergebnis hochrechnen kann – im vergangenen Jahr lag das erste Ei Mitte März im Nest, heuer dürften es ein paar Tage früher sein.

Als Biologe und Nabu-Vertreter hat Heidenreich das Privileg, mit der Kamera per Internet ins Nest schauen zu dürfen. Einen Link, damit dies jeder kann, wird es nicht geben, das Adelsbergernetz wäre sonst schnell überlastet. Doch liefen Gespräche mit der Sparkasse, damit wie in den Jahren vor Corona die Bilder auf einen Bildschirm im benachbarten Kundenforum zu übertragen. Sass ist optimistisch, dass bald Vollzug gemeldet werden kann. Er kümmert sich um die Überwachung der technischen Anlagen. Was für ihn jedoch keine Arbeit ist, ist es ihm doch eine Freude, in Adebars-Kinderstube zu schauen.

Hockenheim

Blick ins Storchennest

Veröffentlicht
Bilder in Galerie
7
Mehr erfahren

Redaktion Zuständig für die Verwaltungsgemeinschaf

Copyright © 2025 Hockenheimer Tageszeitung