Hockenheim. Geflüchtete Menschen mit einer Wohnung zu versorgen, kann eine anstrengende und zeitraubende Aufgabe sein, doch sie ist oft nicht annähernd so belastend wie die Schicksale zu erfahren, die diese Menschen mitbringen. Konrad Sommer ist als Integrationsbeauftragter der Stadt Hockenheim Ansprechpartner für Menschen aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern und wird immer wieder mit deren Sorgen weit jenseits von Unterbringung oder anderer Versorgung konfrontiert.
Sommer hat verschiedene Entwicklungen beobachtet, die ihm Sorgen bereiten. So macht er angesichts der öffentlichen Debatten eine steigende Unruhe unter jenen Geflüchteten aus, die mit dem Status der Duldung in Deutschland leben. Die Verunsicherung betreffe nicht nur die Menschen selbst, sondern auch deren Arbeitgeber, die Sommer angesichts des rauer werdenden Tons in Debatten über Rückführung fragten, ob es passieren könne, dass plötzlich Busse vor den Werkstoren stehen, weil ihre Mitarbeiter keine Anerkennung als Asylbewerber haben.
Der städtische Integrationsbeauftragte führt das auf die Versuche der Parteien in Berlin oder Stuttgart zurück, der AfD weiteren Stimmenzuwachs abzuschneiden. Die Politiker dort merkten nicht, was das mit den Geflüchteten mache, aber wer täglich mit ihnen zu tun habe, spüre das sehr wohl.
Sorgen bereitet Konrad Sommer auch die zunehmenden Rückmeldungen, dass junge Menschen aus der Ukraine zwischen zehn und 17 Jahren mit dem Leben als Geflüchtete schlecht zurechtkommen. Gerade die Anfangszeit in Deutschland sei für sie extrem schwierig, weil die Sprachkenntnisse fehlen, die für eine Integration in den deutschen Schulen ausschlaggebend sind.
Gegen Mobbing vorgehen
Das könne dazu führen, dass sie die Schule schwänzen, was die Schulen nicht dulden dürfen. Auf keinen Fall dürften Lehrer zuschauen, wenn ukrainische Kinder in der Schule gemobbt werden, weil sie mit der Sprache noch nicht zurechtkommen. Hier sieht Sommer auch die Eltern der deutschen Kinder in der Pflicht, solches Verhalten zu unterbinden.
Doch nicht nur junge Menschen fühlten sich mit der Integration überfordert. Kürzlich sei auch ein Rentner, der mit seiner Tochter zum Begräbnis seines gefallenen Sohns in die Ukraine gefahren war, nicht mehr zurück nach Hockenheim gekommen, weil er für sich keine Perspektive gesehen habe, sich mit 64 Jahren noch auf ein Leben in Deutschland umzustellen. Er sei an seine frühere Arbeitsstelle zurückgekehrt, wo jetzt Kräfte fehlten, die an die Front mussten. Dort fühle er sich gebraucht.
Aus anderen Gründen seien eine Mutter und ihre 16-jährige Tochter nicht von der russisch annektierten Krim zurückgekehrt, wohin sie gereist waren, um weitere Papiere zu besorgen, damit die Mutter bessere Chancen der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt hat. Die russischen Behörden hätten sie an der Ausreise gehindert. Über das „Telegram“-Netzwerk hält Sommer Kontakt zu ihr ebenso wie zu einer Frau, die mit ihrer vierjährigen Tochter zurück nach Kiew gegangen sei. Zumindest sei das Leben auf der Krim für Zivilisten relativ sicher.
Großes Kopfzerbrechen bereitet Konrad Sommer, dass es an Nachwuchs bei den Ehrenamtlichen fehle, die sich in der Betreuung geflüchteter Menschen engagieren –sei es im Cafe Komm, in der Fahrradwerkstatt oder in der individuellen Unterstützung von Familien. Er habe sowohl am Gauß-Gymnasium als auch bei den Serviceclubs Rotary und Lions um helfende Hände ersucht.
Werde eine Mindestzahl an Betreuern unterschritten, könnten die Angebote, die für die Integration und die Erlangung von Deutschkenntnissen so wichtig sind, nicht mehr aufrechterhalten werden. Sommer freut sich über Meldungen unter Telefon 06205/21 20 52 oder E-Mail k.Sommer@hockenheim.de.
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