Die Frage, ob Hockenheim ein Neubaugebiet braucht, rückt in der kommunalpolitischen Debatte immer weiter nach vorne. Die Grünen erwarten eine ergebnisoffene und grundsätzliche Diskussion im zuständigen Technischen Ausschuss, heißt es in einer Stellungnahme der Gemeinderatsfraktion dazu.
Eine reflexartige Antwort auf die von der Stadt vorgelegte Bedarfsanalyse, die etwa die Ausweisung eines großflächigen Baugebietes fordert, sei aus Sicht von Bündnis 90/Die Grünen nicht angezeigt. Vielmehr müsse die weitere Diskussion mit Blick auf neue städtebauliche Trends, auf zielgruppenspezifische und ressourcenschonende Betrachtungen geführt werden.
Die Verwaltung habe in der letzten Sitzung des Gemeinderats 2021 die umfangreiche Grünen-Anfrage zum Wohnbedarf in Hockenheim umfassend beantwortet und die „maximale Obergrenze des Wohnbedarfs bis in das Jahr 2035“ dargestellt. Die sehr schnelle Bearbeitung und öffentliche Vorstellung zeige das große Interesse der Verwaltungsspitze, das Thema voranzutreiben.
Stadtzahlen auf Maximalniveau
„Diese Priorisierung freut uns“, betont Stadträtin Elke Dörflinger, „auch wenn wir wissen, dass eine Analyse „nur“ so gut sein kann, wie die Kennzahlen und die zugrunde liegenden statistischen Modelle. Die vorgelegte Synopse gibt eine Orientierung und schafft eine Diskussionsgrundlage zu den zentralen Fragen der Wohnbebauung in Hockenheim“.
„Eines steht jetzt schon fest: Eine voreingenommene Verwendung der Zahlen ist in der Gesamtschau nicht zielführend“, betont Dörflinger. „Wir sollten bei der Planung eher von konservativen Schätzungen ausgehen, nicht von einem maximalen Bedarf. Ein Wohnbedarf bestehe, die Höhe lasse sich allerdings auch anhand der vorliegenden Analyse nicht wirklich vorhersagen.
„Wir setzen uns seit Jahren für eine Senkung des starken Flächen- und Naturverbrauchs in der Stadt Hockenheim ein“, betont Fraktionsvorsitzender Adolf Härdle. „Mit der Aussage ,Netto-Null beim Flächenverbrauch’ im Koalitionsvertrag 2021 sehen wir uns von der Landesregierung in unserer Haltung bestärkt“.
Auch wenn versucht werden sollte, Einfamilienhäuser in bestimmtem Rahmen zu ermöglichen, sei das Problem, dass dafür Flächen versiegelt werden müssen, nicht zu leugnen. „Ein Zubau müsste unbedingt ressourcenschonend erfolgen. Der Fokus bei neuen Bauvorhaben sollte deshalb auf dem Umbau und die Umnutzung von leer stehenden Wohneinheiten und Einfamilienhäusern liegen“, sagt Stadtrat Christian Keller. „Das erfüllt die Klimaziele. Innovative Erkenntnisse gibt es genügend, manche direkt vor unserer Haustüre“.
Besonders „bauinteressiert“ sei die Altersgruppen der 25- bis 45-Jährigen. Deshalb gelte diese für eine Bedarfsvorhersage als besonders relevant. Studien belegten, dass sich deren Wünsche an Wohnraum verändert haben. Während vor allem im ländlichen Raum die Nachfrage nach Einfamilienhäusern wächst, sei in Klein- und Großstädten die Hauptnachfrage an Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern gestiegen.
Demgegenüber stehe die Altersgruppe der über 60-Jährigen, deren Wohnbedarf sich im Alter verändert. Ihr Anteil an der Gesamteinwohnerzahl von Hockenheim werde prozentual bis 2035 steigen. In vielen Einfamilienhäusern lebten Senioren, die nur noch das Erdgeschoss nutzen. Konzepte zu barrierefreien Wohnungen mit einer guten Infrastruktur müssen mitgedacht werden. „Hierzu wissen wir noch viel zu wenig in Hockenheim“, betont Härdle. „Hockenheim könnte von einer Umplanung älterer Einfamilienhaussiedlungen profitieren und neues Potenzial dazugewinnen“. Der reine Zuwachs an Bevölkerung sei keine zuverlässige Stellgröße der Bedarfsbetrachtung.
Strategie für Leerstände fehlt
Die Stadt stehe wie viele anderen Kommunen vor der schwierigen Aufgabe, bei knapp werdendem Wohnraum und steigenden Mietpreisen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Hierfür braucht es einige Anstrengungen und innovative Ideen, bei der eine einzige Strategie zu kurz greifen wird“, ist Stadtrat Oliver Grein sicher. Vielmehr bedürfe es mehrerer aufeinander abgestimmter städtebaulicher Planungen, um die vielen Aspekte zusammenzuführen. Das Zählen und Füllen innerstädtischer Baugrundstücken sei eben nur ein Aspekt des Innen-vor-Außen-Ansatzes.
Dass in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Baulücken innerhalb der Stadt geschlossen wurden, begrüßten die Grünen, so Stadträtin Larissa Rotter. Über Leerstände – in der Innenstadt wie auch in Neubaugebieten – gebe es bislang keine verwertbaren Angaben. „Als Partei haben wir hierzu Erkenntnisse. Wir sehen uns dazu verpflichtet, mit dem Hockenheimer Grund und Boden treuhänderisch umgehen. Boden ist nicht vermehrbar“, betont die Fraktion abschließend. zg/ed
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