Glaube

Hockenheim: Arbeit der evangelisch-methodistischen Kirche endet

Ein Gottesdienst am Sonntag, 23. April, wird den Schlusspunkt hinter die Arbeit des Gemeindebezirkes Hockenheim der evangelisch-methodistischen Kirche setzen. Die Gemeinde bestand seit 1864.

Von 
Franz A. Bankuti
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Die Anfänge der evangelisch-methodistischen Gemeinde liegen unter anderem in der Alten Kapelle in der Unteren Mühlstraße. © Methodisten

Hockenheim. „Leben heißt Veränderung“ lautet der Anfangssatz eines Briefes, den die evangelisch-methodistischen Christen Hockenheims im Sommer erhielten. Jetzt nimmt dies ganz konkrete Formen an, denn die strukturellen und organisatorischen Veränderungen beinhalten letztendlich, dass die offizielle Gemeindearbeit in Hockenheim nicht mehr weiterbestehen wird. Am Sonntag, 23. April wird der Abschlussgottesdienst anlässlich der Beendigung der Arbeit des Gemeindebezirkes Hockenheim stattfinden.

Seit 1864 bestand die evangelisch-methodistische Gemeinde in Hockenheim. Sie war ein fester Bestandteil des christlichen und kirchlichen Lebens in Hockenheim, sie war ebenso ein wesentlicher und selbstverständlicher Teil des gesellschaftlichen Lebens in Hockenheim.

Evangelisch-methodistische Kirche: Fester Bestandteil der Stadt

Evangelisch, katholisch, methodistisch? Über all die Jahrzehnte hinweg war und ist diese christliche Gemeinschaft ein fester Bestandteil der Stadt, interessanter- und erfreulicherweise durchgehend bei allen Generationen. Kein Wunder, dass Ökumene in Hockenheim schon längst Selbstverständlichkeit war, als man sich anderswo erst einmal damit zu beschäftigen begann.

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Begonnen hatte die Geschichte der evangelisch-methodistischen Christen in Hockenheim anno domini 1864, als ein Prediger namens Hauser in Hockenheim unterwegs war und nach einem Raum suchte, an dem man eine religiöse Versammlung abhalten könnte.

So kam jener Prediger in die Scheune des Landwirts Pfisterer und fragte ihn, ob er in dessen Haus am Abend eine Versammlung abhalten könnte. Der Hockenheimer Landwirt sah den fremden Mann zunächst schweigend an und, da er selbst zusammen mit zwei Arbeitern gerade am Dreschen war, fragte er ihn, ob er denn auch dreschen könne. Was blieb dem braven Prediger Hauser anderes übrig, als Ja zu sagen und schon hatte er einen Dreschflegel in der Hand und war mitten bei der Arbeit.

Den Landwirt Pfisterer muss dies beeindruckt haben, denn nach getaner Arbeit meinte er in etwa, so wird es jedenfalls überliefert: „Sie können heute Abend in meinem Hause eine Versammlung halten, wer so gut dreschen kann, der kann gewiss auch recht predigen.“

Und so war es denn auch, der Zuspruch war groß, der ersten Versammlung folgten viele weitere, eine zunächst noch kleine evangelisch-methodistische Gemeinde bildete sich und bereits 1876 kaufte man ein altes Bauernhaus in der Unteren Mühlstraße, das man nach und nach zu einer Kapelle umbaute.

Evangelisch-methodistische Kirche: Dialog mit allen Christen

Wichtig für die evangelisch-methodistische Kirche war es schon immer, dass sie den Dialog mit allen Christen sucht - egal, welcher Kirche oder Glaubensrichtung sie angehören. Methodisten wollen sich nicht durch Formen ihres Glaubens und ihrer Lehre von anderen abgrenzen, sondern Wege zueinander und miteinander suchen. Dies war auch der Ansatzpunkt des guten ökumenischen Miteinanders in Hockenheim. In den sozialen und gesellschaftlichen Bereichen des Lebens der Stadt waren Methodisten integriert und auch teilweise federführend mit dabei.

Ältere erinnern sich wohl noch an den Gemeinderat Theophil Dorn, der auch Stellvertreter des Bürgermeisters war. Dem Anfang der 1960er Jahre früh verstorbenen Theophil Dorn folgte später dessen Bruder Horst Dorn, der mehrmals mit Abstand die meisten Stimmen bei den Gemeinderatswahlen hatte.

Die verschiedenen Pastoren - und zwei Pastorinnen - die in Hockenheim im Dienste der evangelisch-methodistischen Gemeinde waren, prägten jeweils auf ihre individuelle Art das Leben der Gemeinde und sorgten durch immer wieder neue Impulse für die Vielfalt der Gemeindearbeit, denn Frömmigkeit und Verantwortung für das Gemeinwohl gehörten stets für die methodistische Gemeinde untrennbar zusammen.

Ihre erste Pastorenstelle hatte Rosemarie Wenner in Hockenheim, wo man damals sehr traurig über ihren Weggang war, man sich aber auch freute, dass sie schließlich zur Bischöfin gewählt wurde. Auch damals und auch nach ihrer zwölfjährigen Zeit als Bischöfin hielt die in Nußloch lebende Rosemarie Wenner engen Kontakt zu Hockenheim.

Im Verlaufvieler christlicher Veranstaltungen und Institutionen waren die Methodisten aktiv vertreten und setzten auch immer eigene Impulse. Auf Einzelheiten einzugehen, wurde hier den Rahmen sprengen, aber das „Café Augenblick“ sollte auf jeden Fall erwähnt werden, hier treffen sich regelmäßig demenzkranke Menschen, für die man ein Umfeld schaffen will, um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.

Mit der ehemaligen „Sonntagsschule“ ist untrennbar auch der Name der unvergessenen Dorle Dorn verbunden, die später bei den Senioren federführend aktiv war und als eine geschätzte Persönlichkeit und Gesprächspartnerin in Hockenheim galt. Die legendäre „Teestube“ war ein Treffpunkt für Jugendliche der gesamten Ökumene, viele sehen die damalige Ökumenebewegung der Jugend als einen wichtigen Kernpunkt der guten christlichen Gemeinschaft in Hockenheim.

Bei rückblickenden Gesprächen von Methodisten kommen immer wieder interessante Ereignisse ins Gespräch, beispielsweise die von Klaus Schopf initiierte Kinderbibelwoche, die schließlich zur ökumenischen Kinderbibelwoche wurde und in der Zeit von Pastor Wolfgang Dietze und seiner Frau Heidi in den 1990er Jahren war die Mutter-Kind Gruppe sehr beliebt.

Evangelisch-methodistische Kirche: Vom Nähcafé zum Gitarrenkurs

Legendär war natürlich auch das „Nähcafé“, wobei man zutreffend oft von der „Integration an der Nähmaschine“ sprach. Und, wieder etwas weiter zurückblickend, werden sich unzählige Hockenheimerinnen und Hockenheimer daran erinnern, dass sie bei der „Müller Sus‘“das Gitarrespielen lernten, eigentlich noch etwas mehr, nämlich die Begeisterung für die Musik, die Susanne Müller vermitteln konnte.

Natürlich sind dies hier nur einige wenige Beispiele der vielfältigen Aktivitäten der evangelisch-methodistischen Gemeinde, sie sollen aber die Lebendigkeit und die vielen Gemeinsamkeiten verdeutlichen. Der jährliche Basar in allen Räumen der Christuskirche war ein „Gesamt-Hockenheimer“-Treff und die Methodisten erwiesen sich stets als einfallsreiche Gastgeber.

Auch wenn es künftig den offiziellen Gemeindebezirk Hockenheim nicht mehr geben wird, die evangelisch-methodistischen Christen werden weiter aktiv sein, sei es in den Bezirken der Region oder bei den dafür stets offenen Kirchen Hockenheims.

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