Sommerinterviews mit den Fraktionen (Teil 1) - CDU sieht großen Rückstand an unerledigten Aufgaben – vor allem in Bauangelegenheiten / Ehrlicher damit sein, was die Stadt sich wirklich leisten kann

Hockenheimer CDU sieht viele unerledigte Aufgaben

Von 
Vanessa Schwierz
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Der Gemeinderat ist die politische Vertretung der Bürger in Städten und Gemeinden. Die Bevölkerung möchte ihre Interessen vertreten wissen und damit Teil der Politik in ihrem Heimatort sein. Wo steht die Stadt Hockenheim zwei Jahre nach der Kommunalwahl 2019, welche Herausforderungen stehen an und wie haben die Fraktionen die Corona-Pandemie wahrgenommen – vor allem mit Blick auf die Arbeit der Stadtverwaltung?

In unseren Sommerinterviews beantworten die fünf Fraktionen Fragen der Redaktion und blicken voraus, was sie sich für die Stadt wünschen. Den Auftakt der Reihe macht die CDU, die als erstes ihre Antworten schickte und sich dafür entschied, im Team zu antworten.

Wenn Sie die Zeit seit der Kommunalwahl 2019 mit drei Worten beschreiben könnten, welche wären das?

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Markus Fuchs: Corona, Haushaltskonsolidierung, Realschule-Neubau-Finanzierung.

Was war seitdem in Ihren Augen erfolgreich und was weniger?

Markus Fuchs: Wir haben in Hockenheim einen sehr großen Rückstand an unerledigten Aufgaben zu stemmen, gerade im Baubereich. Und wie man anhand der Anzahl der Baustellen und Baukräne sehen kann, ist dies trotz Corona sehr gut gelungen. Die neue Hartmann-Baumann-Grundschule und die neue Kindertagesstätte in der Albert-Einstein-Straße nehmen Formen an, und auch die Arbeiten in der Oberen Hauptstraße machen große Fortschritte. Wir haben hier vor Ort bewiesen, dass die kommunale Selbstverwaltung auch in Pandemiezeiten funktioniert, obwohl niemand von uns, auch nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, auf einen solchen Notstand vorbereitet waren.

Fritz Rösch: Ergänzend möchte ich den Neubau der Obdachlosenunterkunft ansprechen. Eine jahrelange Diskussion im Gemeinderat konnte endlich auf einen guten Weg gebracht werden und ich freue mich schon, wenn wir die Unterkunft am Hofweg endlich schließen können.

Die Corona-Pandemie hat die Welt eiskalt erwischt. Wie beurteilen Sie den Umgang der Stadtverwaltung mit dieser Krise?

Bärbel Hesping: Die Stadtverwaltung hat uns Gemeinderäte von Anfang an in den Informationsfluss und in ihre Entscheidungen eingebunden. In Hockenheim wurden mehrere private Testzentren eingerichtet, und in Zusammenarbeit mit dem Kreis wurden Impfungen in der Stadthalle durchgeführt. Mithilfe des Förderprogramms der Bundesregierung konnte die Stadtverwaltung innerhalb weniger Monate einen Quantensprung bei der Digitalisierung der Schulen erreichen. Mein Eindruck ist, dass man hier vor Ort mit Kreativität vorgegangen ist, anstelle auf lange Genehmigungsprozesse zu setzen.

Hätte etwas besser gemacht werden können? Auch mit Blick auf Schulen, Kindergärten und Vereine?

Markus Fuchs: Ich würde gerne anhand zweier konkreter Beispiele zeigen, dass Hockenheim hier mit großem Einsatz vorgegangen ist. Zum einen habe ich an einem Samstagabend den Stadthallen-Geschäftsführer Rainer Weiglein Passanten ansprechen sehen, um sie von einer spontanen Impfung zu überzeugen – es sollte keine einzige Impfampulle zurückgegeben werden und das wurde auch erreicht. Welcher Geschäftsführer – auch in der freien Wirtschaft – würde so etwas an einem Samstagabend machen? Zum anderen hat sich ein Schulleiter persönlich positiv über die Unterstützung und das Engagement seitens der Stadtverwaltung in der Pandemiezeit geäußert – eine solche Rückmeldung bekomme ich sonst selten.

Christoph Kühnle: Auch mein Eindruck ist, dass vieles gelungen ist, und ich bin froh, dass Hockenheim aktiv in der Pandemiezeit gewesen ist und nicht abwartend. Es ist leicht, im Nachhinein zu kritisieren. Jeder, der das tut, sollte es besser machen.

Klimawandel und Umweltschutz sind auch auf Kommunalebene heiß diskutierte Themen. Was kann dabei in Hockenheim besser gemacht werden?

Markus Fuchs: Für mich gibt es kein anderes Thema, bei dem jeder Einzelne selbst so viel beitragen kann, wie beim Thema Klimawandel und Umweltschutz vor Ort. Jeder von uns kann Verpackungsmüll vermeiden, wenn er beispielsweise beim Einzelhändler frisches Obst, Gemüse oder Wurst kauft anstelle verpackter Waren beim Discounter, und wenn man beim Einkauf von vornherein das Auto stehenlässt und auf Plastiktüten verzichtet. Oder wenn man sich bewusst für den etwas teureren Ökostrom der Stadtwerke entscheidet. Oder versiegelte Flächen auf dem eigenen Grundstück durch Grünflächen ersetzt. Wenn jeder von uns bereit ist, sein Handeln zu überdenken, dann können wir gemeinsam sehr viel mehr erreichen als durch Verbote.

Patrick Stypa: Es ist offensichtlich, dass auch die Kommunalpolitik ihren Beitrag leisten kann und wird, so wurde ja gerade eine Klimaschutzmanagerin eingestellt. Auch beim Thema Wiederaufforstung des Stadtwalds hat sich die städtische Politik deutlich bewegt, auch dank der Bürgerinitiative C4. Gerade das letzte Beispiel zeigt, dass Klimaschutz nur gelingen wird, wenn wir alle mitmachen und zu Veränderungen bereit sind.

Der Hockenheimring steht aufgrund der Lärmbelastung der Bevölkerung immer wieder im Fokus. Wie sehen Sie das Thema und wie kann man den Hockenheimring für Großveranstaltungen attraktiver machen? Oder wird das gar nicht gewollt?

Christoph Kühnle: Mit der Ansiedlung des Porsche Experience Centers haben wir einen wichtigen Schritt hin zu einer Neuausrichtung des Hockenheimrings getätigt. Weitere Schritte werden folgen in Richtung alternativer Antriebe. Und wer schon mal mit einem Elektroauto gefahren ist, der kann bestätigen, dass dies wesentlich leiser als ein Verbrennerfahrzeug ist. Dennoch müssen wir realistisch sein: Der Hockenheimring ist eine Rennstrecke, und (Renn-)Autos erzeugen nun einmal Lärm.

Fritz Rösch: Das Thema ist ja nicht neu. So haben wir zusammen mit zwei anderen Fraktionen (Grüne und FDP) letztmalig 2014 einen Versuch unternommen, die Betriebszeiten freiwillig weiter zu reduzieren. Letztendlich ist es daran gescheitert, dass der Ring über keinerlei finanzielle Reserven verfügt, um Umsatzeinbußen ohne weitere finanzielle städtische Hilfen zu verkraften.

Reicht der geplante Neubau am Hubäckerring, um dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gerecht zu werden, oder müsste die Stadt da mehr tun?

Bärbel Hesping: Wohl wenige Vorschriften wurden so massiv ausgeweitet wie die Landesbauvorschriften: Passivhausstandard, barrierefreie Wohnungen, überdachter Fahrradabstellplatz – das sind nur drei Beispiele dafür, dass der Staat selbst für eine Erhöhung der Mietpreise gesorgt hat. Das hat alles seine guten Gründe, insbesondere Klimaschutz, zeigt aber auch, dass Neubauten mit fünf oder sechs Euro Mietpreis je Quadratmeter einfach unrealistisch sind. Dieser Wahrheit müssen wir uns stellen.

Aline Kramer: Ich selbst sehe die Gestaltungsmöglichkeiten Hockenheims als sehr begrenzt an. Weder haben wir eigene Grundstücke, die wir kostengünstig anbieten könnten, um im Gegenzug günstige Mieten zu verlangen. Noch haben wir Geld, um massiv in den Wohnungsmarkt eingreifen zu können. Vor einigen Jahren hatten wir den Antrag zur Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft eingebracht, mit dem Ziel, Privatkapital zu gewinnen. Leider ist das Thema aus steuerrechtlichen Gründen gescheitert und eben auch daran, dass die Stadt viel Geld in eine solche Gesellschaft einbringen müsste, was wir bekanntermaßen nicht haben.

Im September ist Bundestagswahl. Welches Thema tangiert Ihrer Meinung nach die Stadt Hockenheim am stärksten?

Patrick Stypa: Persönlich würde ich mir wünschen, dass die unsägliche Förderpraxis – Bund und Land finanzieren zum Teil die Erstinvestitionen, für alle weiteren Kosten und Instandhaltungen kommt die Kommune auf – endlich ad acta gelegt wird. Das alles führt immer wieder zu einem Überbietungswettbewerb der Kommunen, von dem vor allem reiche Kommunen profitieren.

Aline Kramer: Als typisches Beispiel möchte ich hier die Kinderbetreuung nennen, bei der die Stadt Hockenheim inzwischen den Löwenanteil trägt, der zudem Jahr für Jahr steigt, während der Landeszuschuss einfach eingefroren wurde.

Was wünschen Sie sich für Hockenheim in der Zukunft?

Markus Fuchs: Hockenheim hat eine herausragende Infrastruktur: Wir haben Schulen, Kindertagesstätten, ein Freizeitbad, eine Stadthalle, eine Bibliothek, ein Parkgelände, große Grünzonen, ein riesiges Straßen- und Kanalnetz und vieles mehr. Allein diesen Standard aufrecht zu erhalten, ist nahezu unmöglich. Persönlich würde ich mir von allen kommunalpolitischen Verantwortlichen wünschen, dass wir ehrlicher mit der Frage umgehen, was wir uns noch leisten können, anstelle neue Projekte zu versprechen. Für mich ist auch das ein Aspekt von Nachhaltigkeit.

Redaktion Redakteurin mit Schwerpunkt Online, aber auch Print

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