Hockenheim. Das Gauß-Gymnasium möchte zum Vorreiter im Bereich Prävention im Rhein-Neckar-Raum und darüber hinaus werden. Schulleiterin Anja Kaiser stellt mit ihrem Präventionsteam und AOK-Themenfeldmanager für den Bereich „Prävention Lebenswelten“, Christian Bikowski, im Gespräch mit dieser Zeitung neue Projekte vor und kündigt die Einführung des Fachs „Gesundheit“ ab 2027 an.
„Manchmal bekommen die Eltern das einfach nicht mit oder verschließen die Augen davor, was mit ihren Kindern los ist“, sagt Kaiser. Darum sei die unterstützende Arbeit der Schule so wichtig. Mit am Tisch sitzen die Präventionsbeauftragte Jana Breiter, die Biologie- und Yoga-Lehrerin ist, Teammitglied und Abteilungsleiterin Demet Üstüner-Hartbauer für die Organisation und Christian Bikowski von der AOK. Für Kaiser, die selbst als Schülerin die Oberschule, die sie heute leitet, besucht hat, ist Prävention ein Herzensanliegen. „Schon damals gab es Schüler, die Probleme hatten, die damals aber weder erkannt noch thematisiert wurden“, betont sie. Zum Glück sei das heute anders. In ihrer eigenen Schulzeit habe sie viele gute Lehrer als Vorbild gehabt, was sie darin bestätigt habe, in deren Fußstapfen zu treten.
Gastreferenten bieten Workshops zu Schwerpunkthemen an
Schon im Jahr 2004 habe man sich am Gauß-Gymnasium mit Prävention beschäftigt. „Auch im Rahmen des Programms des Rhein-Neckar-Kreises ‚Stark.Stärker.WIR.‘. Es gibt in jedem Jahrgang einige, die zum Beispiel Essstörungen oder andere Probleme haben“, so die Schulleiterin. Auch am Tag des Pressetermins habe man sich um einen Zwölfjährigen kümmern müssen, der ein Notfall sei. Er betreibe intensiv Sport und esse kaum. Was die Ursachen dafür seien, darauf antwortet die Präventionsbeauftragte Jana Breiter: „Zunehmender Leistungsdruck, Vermittlung falscher Vorbilder und falscher Informationen durch Social Media, das sind einige von vielen Gründen“, betont sie.
Auch Drogen seien auf dem Vormarsch. Christian Bikowski verrät Erschreckendes: „Schon in den 8. Klassen wird ‚Snus‘ verwendet und gehandelt. Das ist Tabak, der über die Schleimhäute im Mund aufgenommen wird. Salzkristalle sorgen dafür, dass er besonders schnell in den Körper aufgenommen wird. Das Nikotin ist dabei gut zehnmal stärker als bei einer Zigarette. Es gibt Fälle, in denen das zum Tod geführt hat.“ Aber auch Vapes, also E-Zigaretten, seien alles andere als ungefährlich. Verbreitet seien unter anderem ins Internet hochgeladene Videos, wie Schüler Vapes auf der Toilette rauchen.
Ob das Experiment zum Vorbild für weitere Schulen wird?
Breiter fügt hinzu: „Es gibt Essstörungen, Spielsucht und noch mehr. Vollfinanziert durch die AOK werden nun einige Gastreferenten kommen, um gegenzusteuern.“ Anne-Sophie Reißig, Sportwissenschaftlerin und Influencerin, werde in dem Workshop „Körper, Essen & Ich“ für siebte Klassenstufe in jeweils zwei Unterrichtsstunden über Essstörungen sprechen und die Schüler dafür sensibilisieren. Über das Thema Spielsucht werde der Psychologe Florian Buschmann in seinem Workshop „Offline Helden“ referieren – für die Klassenstufe sechs mit drei Unterrichtsstunden pro Klasse. Und Wiebke Stofer vom Mut-Kompetenz-Zentrum werde für die Oberstufenschüler über eigene Stärken und Resilienz sprechen. „Ich bin überzeugt, dass alle drei Angebote einen wichtigen Beitrag zur ganzheitlichen Prävention an unserer Schule leisten und freue mich, diese neuen Impulse im kommenden Schuljahr gemeinsam mit dem Präventionsteam umzusetzen“, erklärt Breiter.
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Ab 2027 werde auch, vorerst mit einer Schulstunde pro Woche, das neue Fach „Gesundheit“ eingeführt. „Es ist großartig, dass es am Gauß-Gymnasium einen roten Faden in Sachen Prävention gibt. Ich bin sowohl für den Neckar-Odenwald- als auch den Rhein-Neckar-Kreis zuständig. Das Gauß ist die erste Schule, die hier ein solches Fach einführen wird“, sagt Bikowski. Der Bedarf sei groß. Darum leiste die AOK Lobbyarbeit und habe Kontakt zur Landespolitik aufgenommen, wo es schon erste Unterstützer gebe. „Denn ein Fach ‚Gesundheit‘ sollte es an allen Schulen geben“, findet er.
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