Trotz der deutlichen Kostensteigerung auf 370 000 Euro hat der Gemeinderat am Mittwochabend mehrheitlich den Bau des Skateparks im Gartenschaugelände beschlossen. Die SPD scheiterte mit ihrem Antrag auf Vertagung des Themas, den auch die Freien Wähler befürworteten. Beide Fraktionen bedauerten, dass sie zu diesen Konditionen keine Zustimmung zum seit rund zehn Jahren angestrebten Projekt geben könnten. CDU, Grüne und FDP verwiesen vor allem auf die große Unterstützung, die die Anlage in der Öffentlichkeit habe, und auf rund 110 000 Euro dafür gesammelte Spenden.
Oberbürgermeister Marcus Zeitler räumte vorm Einstieg in die Beratung ein, dass der Verwaltungsvorschlag von allem abweiche, was er bisher als Rathauschef praktiziert habe: „Meine Prinzipien waren immer: Sind bei einer Ausschreibung die Kosten 20 Prozent über der Schätzung, dann hebst du diese Ausschreibung auf.“ Dieser Gedanke sei ihm auch bei der Skateranlage als Erstes gekommen. Doch dann habe die Verwaltung die Gründe für die Preissteigerung nochmals analysiert.
Jugend soll nicht unter Krise leiden
Nach der ersten Kostenschätzung habe Corona zu einer Steigerung um rund 100 000 Euro geführt, das Projekt sei verschoben worden, dann kam während der Ausschreibung die Ukrainekrise mit weiteren Teuerungen. Beton und Stahl hätten in neun Monaten enorme Preissprünge gemacht: Statt kalkulierter 80 000 Euro für Beton lautet das Angebot 143 000 Euro, beim Stahl seien es 63 000 Euro statt 43 000.
Der OB gab zu bedenken, welche Konsequenzen eine erneute Ausschreibung hätte. Von vier interessierten Firmen habe nur eine ein Angebot abgegeben, die anderen drei mitgeteilt, ihnen fehle Personal. Er glaube nicht, dass sich die Preise in sechs, sieben Monaten nach unten entwickeln bei einer neuen Ausschreibung. Der Jugendgemeinderat kämpfe seit zehn Jahren für die Skater- und Freizeitanlage in der Diskussion. „Und irgendwann muss man den Deckel draufmachen.“ Zeitler betonte: „Im Endeffekt kann keiner etwas dafür und ich will nicht, dass die Jugendlichen die Ersten sind, die unter der Krise leiden.“ Er will weiter um Spenden kämpfen.
„Wir hier im Gemeinderat sind in der Verantwortung für alle Bürger dieser Stadt. In dieser Höhe kann unsere Fraktion der Vergabe heute nicht zustimmen“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Marina Nottbohm und bat um Vertagung des Beschlusses. Bei allem Verständnis für den Wunsch des Jugendgemeinderats verwies sie darauf, dass der Gemeinderat „auf Teufel komm raus gespart“ und Steuern sowie sämtliche Gebühren erhöht habe.
Selbst die erfolgreiche Sammlung von über 100 000 Euro an Spenden reiche da nicht. Nottbohm: „Nicht in dieser Zeit. Nicht angesichts der schwierigen Finanzlage der Stadt.“ Die Gesamtsumme drohe sich auf eine halbe Million Euro zuzubewegen.
Gabi Horn stimmte ihr im Namen der Freien Wähler zu und erinnerte an die Belastungen, die den Bürgern durch höhere Gebühren und Beiträge ebenso auferlegt würden wie durch explodierende Strom- und Gaspreise und Inflation. „Nein wir haben jetzt nicht die für die geplante Skateranlage erforderlichen Mittel und wir glauben, dass die jungen Leute das auch verstehen“, sagte sie.
Wie die Sozialdemokraten seien die Freien Wähler bereit, klein zu beginnen, nur einen Teil der Anlage umzusetzen und sie zu erweitern, wenn es die wirtschaftliche Lage der Stadt zulasse, „aber jetzt geht das nicht“, erklärte Gabi Horn: „Wir denken, wir müssen jetzt zusammenstehen - und das bedeutet auch verzichten.“
Patrick Stypa (CDU), der sich wie seine Fraktionskollegin Aline Kramer schon im Jugendgemeinderat für das Projekt eingesetzt hatte, sah weder in der Streichung noch in der Verschiebung des Vorhabens, die faktisch einer Streichung gleichkomme, eine Option.
Der Skatepark sei vom Gemeinderat als Ziel in das gesamtstädtische Entwicklungskonzept aufgenommen worden. Die letzte Investition, Hockenheim für die Jugend attraktiver zu machen, liege mit dem Basketballplatz zehn Jahre zurück. Stypa hatte noch ein weiteres Argument: „Der Rückhalt in der Bevölkerung ist enorm“, sagte er und verwies auf zahlreiche Gespräche mit Bürgern sowie die große Spendenbereitschaft von Bevölkerung und Unternehmen: „In den vergangenen 20 Jahren kann ich mich in Hockenheim an kein vergleichbares Projekt erinnern, das unsere Gesellschaft so stark finanziell gefördert hat.“.
Elke Dörflinger (Grüne) erinnerte daran, dass die Kostensteigerung nicht daran liege, dass höhere Ansprüche gestellt wurden, sondern an der Mehrung der Bau- und Materialkosten. „Dies wird perspektivisch wohl auch alle anderen Bauvorhaben betreffen - man könnte auch sagen: Wer zu spät kommt, den bestrafen die Baukosten.“ Nicht vorhersehbar sei aber auch das Spendenvolumen von über 100 000 Euro gewesen.
Starkes Interesse der Öffentlichkeit
Nehme man dieses als Maßstab, „lässt sich daraus schlussfolgern, dass ein starkes und ausgeprägtes Interesse der Öffentlichkeit an der Errichtung besteht“, sagte Dörflinger. Die Grünen seien der festen Überzeugung, dass es sich bei der Skateanlage um einen Platz handeln wird, „den wir unseren jungen Menschen zur Verfügung stellen sollten“ für eine attraktive Form der Freizeitgestaltung.
Während die FDP sonst Mehrkosten bei Baumaßnahmen kritisch gegenüberstehe, sei hier die Preisexplosion in der Baubranche verantwortlich und kein Fehlverhalten der Verwaltung zu erkennen, erklärte Frank Köcher-Hohn. Auf den seit Jahren geäußerten Wunsch der Jugend solle der Gemeinderat eingehen. Es mache kein gutes Bild, gesammelte Spenden zurückzuzahlen.
Jugendgemeinderatsvorsitzender Philipp Kramberg konnte das „mulmige Gefühl“ wegen der Mehrkosten nachvollziehen, appellierte aber, das wichtige Projekt nicht wieder in der Schublade verschwinden zu lassen.
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