Im Interview

Hockenheimring fährt trotz Corona in schwarze Zahlen

Die Geschäftsführer Jorn Teske und Jochen Nerpel gehen mit großem Optimismus in die neue Saison. Das Jahresergebnis 2021 liegt in mittlerer sechsstelliger Höhe.

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Matthias Mühleisen
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Auftakt mit Show-Bonus: Beim American Fan Fest sorgen die 400 PS starken V8-Boliden der Nascar-Serie vom 8. bis 10. April auf der Strecke genauso wie das Rahmenprogramm für US-Feeling. © ©Hockenheim-Ring GmbH/©Torsten

Hockenheim. Der Hockenheimring hat eine gute Resistenz gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie entwickelt. Obwohl das Virus im zweiten Jahr zahlreiche wichtige Veranstaltungen vereitelt hat, schreibt die Hockenheim-Ring GmbH nicht nur schwarze Zahlen, sondern hat 2021 über die Existenzsicherung hinaus auch in die Instandhaltung investiert, sagen die Geschäftsführer Jorn Teske und Jochen Nerpel im Gespräch mit unserer Zeitung. Ausdruck der Aufbruchstimmung im Motodrom ist auch der bereits zum Jahresauftakt komplett bestückte Eventkalender – wenn beiden Ringlenkern gleichwohl bewusst ist, dass hinter allen Plänen ein Fragezeichen steht, wenn eine neue Entwicklung im Gesundheitsgeschehen eintritt.

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Hockenheim: Optimistisch in Ring-Saison 2022

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Ist die frühzeitige umfangreiche Planung der Großveranstaltungen ein Zeichen für Ihren Optimismus, dass in der Saison 2022 so etwas wie Normalität ins Ringprogramm zurückkehrt?

Jochen Nerpel: Ja, wir haben tatsächlich recht früh mit der Planung für 2022 begonnen, ein Großteil der größeren Events schon im September. Wir gehen davon aus, dass die Verordnungslage so aussieht, dass wir Zuschauer einplanen können, wenn auch mit einer 2G- oder 2Gplus-Regelung.

Haben Sie alle „Klassiker“ der Events wieder eingetaktet oder fehlt eine der beliebten Rennveranstaltungen?

Nerpel: Die Formel 1 fehlt (lacht).

Jorn Teske: Wir haben nicht nur alle Klassiker im Programm, es sind auch neue Formate hinzugekommen. Da sind schon ein, zwei Perlen dabei, die wir bisher nicht hatten.

Welche sind das?

Nerpel: Abgesehen vom Download-Festival mit „Metallica“ ist das die GT World Challenge Anfang September, bei der auch Valentino Rossi an den Start gehen wird. Mit der Ultimate Cup Series gibt es ein weiteres Format – alles in allem ein guter Mix. Mit den Laufveranstaltungen wie Ring Running Series und dem BASF Firmencup ist der Kalender ziemlich vollgepackt.

Das Oldtimer-Event Hockenheim Classics bringt von 9. bis 11. September Nostalgie auf den Ring. Oldtimer-liebhaber finden hier zuweilen auch begehrte Ersatzteile. © Hockenheim-Ring GmbH/Thorsten Karpf

Haben Sie trotz Ihrer Zuversicht einen Plan B in der Schublade?

Nerpel: Wir haben ja viele Veranstaltungsformate, die inzwischen von den Zuschauerzahlen her überschaubar sind. Bezogen auf unsere Fläche werden diese auf jeden Fall machbar sein. Es gibt auch Veranstalter, deren Rennen selbst ohne Zuschauer durchgeführt werden können oder bei denen Publikum nicht an oberster Stelle steht. Kritisch wäre das beim GT Masters oder der DTM – aber die stehen im Oktober auf dem Programm und wir haben Zeit zu sehen, wie sich das Ganze entwickelt.

Teske: So oder so würden wir nicht Plan A oder B machen in dem Sinne, dass wir Veranstaltungen haben oder nicht. Wie wir im Lauf der vergangenen zwei Jahre gelernt haben, entwickelt sich Corona immer wellenweise, es könnte also schlimmstenfalls passieren, dass eine Welle auftaucht und dann bestimmte Events betroffen wären. Wir wissen weder, ob es kommt noch wann – daher können wir nicht pauschal Plan A oder B entwerfen, sondern müssen den Verlauf im Auge haben und relativ kurzfristig reagieren. So haben wir es die letzten beiden Jahren erfolgreich gemacht.

Wie drückt sich dieser Erfolg aus?

Nerpel: Wir konnten einiges an Investitionen in die Instandhaltung tätigen und haben ein positives Geschäftsergebnis geschrieben. Wir haben trotz Pandemie kein externes Geld gebraucht in Form von Unterstützung durch die Stadt oder Corona-Hilfen, auf die wir im Übrigen ohnehin nicht zurückgreifen können.

War das Ergebnis besser als im Jahr 2020 – und wenn ja, wie viel?

Teske: Was wir sagen können: Wir haben ein positives Jahresergebnis in mittlerer sechsstelliger Höhe. Viel genauer geht es noch nicht, denn den offiziellen Jahresabschluss gibt es ja noch nicht, der wird uns erst im Lauf des Jahres testiert.

Ein Aushängeschild des Hockenheimrings: Die DTM verspricht vom 7. bis 9. Oktober mit ihrem neuen Regle-ment auf Basis der GT3-Sportwagen eine große Markenvielfalt und einen actionreichen rollenden Start. © ©Hockenheim-Ring GmbH/©Torsten

Wohin sind Investitionen geflossen – im ersten Corona-Jahr galt es ja, die Mittel möglichst zusammenzuhalten?

Nerpel: Wir haben Mittel in die Instandhaltung gesteckt: Im Hotel, in der Boxenanlage mit neuen Toilettenanlagen und neuen Maschinen, das hat sich auf einen fast siebenstelligen Betrag summiert.

Davon war ja auch im Jahr 2021 nicht auszugehen gewesen, oder?

Nerpel: Wir haben gemerkt, wir haben wirklich einen guten Kundenstamm, der immer mehr zu uns an den Hockenheimring kommt, weil wir kontinuierlich investieren und besser werden und auch zunehmend Neukunden, was eine erfreuliche Nachricht für uns ist.

Sind im laufenden Jahr auch Investitionen vorgesehen oder ist der Plan schon abgearbeitet?

Nerpel: Ich würde sagen, wir sind sogar dem Plan voraus. Aber es steht auf jeden Fall etwas an, auch baulich. Wir sind in alle Richtungen positiv gestimmt, und auch das Geschäftsjahr 2023 sieht schon positiv aus.

Teske: Wir können festhalten, dass wir in den letzten beiden Jahren und auch in den Folgejahren deutlich mehr instandhalten und investieren als in den vielen Jahren davor. Klar, es gibt viel aufzuholen, aber wir legen da ein ganz gutes Tempo an den Tag.

Kann man sagen, Sie haben sich unabhängiger gezeigt von einzelnen Veranstaltungen? Es war ja bei Weitem nicht alles möglich, was in regulären Jahren am Ring passiert, und trotzdem sind Sie in die schwarzen Zahlen gefahren . . .

Nerpel: Das ist so. Und zeigen Sie mir mal eine Veranstaltungsstätte im Umkreis von 200, 300 Kilometern, die bei Corona ein positives Ergebnis schreibt. Wir haben wirklich die Chancen genutzt, und das alles bei null Cent Corona-Unterstützung, mal abgesehen von Kurzarbeitergeld.

Wie sieht die Personallage aus: Gerade in der Veranstaltungsbranche hört man ja, dass sich Mitarbeiter lieber einen sichereren Job gesucht haben und abgewandert sind – war das am Ring anders?

Teske: Wir hatten eine kleine Fluktuation, teils altersbedingt, teils aus anderen Gründen. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren Personal abgebaut, sind aber mit Wiederaufnahme des Normalbetriebs dabei, wieder zum Normalstamm zurückzukehren. Wir haben gerade neu eingestellt und sind auf der Suche in einigen Positionen. Das heißt: Wir werden früher oder später zur alten Belegschaftsstärke zurückkehren.

Lautstarke Mischung aus Geschwindigkeit, Sport und Show: Zu den Nitrolympx, dem größten Drag-Racing- Rennen außerhalb der USA, erwartet die Ring GmbH vom 26. bis 28. August rund 40 000 Besucher. © ©Hockenheim-Ring GmbH/©Torsten

Welche Hauptursache steckt denn hinter Ihrem Erfolg im vergangenen Geschäftsjahr?

Teske: Dafür sind zwei wesentliche Punkte verantwortlich: die Kosten und die Einnahmen. Wir haben in den beiden Jahren kostenseitig Achtgegeben im Personalbereich, hatten lange Zeit Kurzarbeit auch teilweis zu recht hohen Prozentsätzen, aus der wir seit Jahresbeginn nun komplett raus sind. Wir haben bis auf die angesprochenen Investitionen im Instandhaltungsbereich sehr auf die Kostenseite geschaut, Dienstleistungsverträge gekündigt, die nicht unbedingt notwendig waren – wir haben an allen Ecken geguckt, wo man sparen kann. Und auf der anderen Seite haben wir intensiv an der Streckenvermietung gearbeitet, die ausgezeichnet gelaufen ist.

Steht neben dem Download-Festival noch ein anderes Musikereignis am Horizont?

Nerpel: Wir hatten tatsächlich schon für ein weiteres Konzert dieses Jahr unterzeichnet, aber das wurde auf 2023 verschoben – einfach, um ganz sicher zu gehen. Das ist ein ganz neues Format, was hier stattfinden wird mit vielen namhaften Künstlern. Da ist es absolut nachvollziehbar, wenn der Veranstalter ohne Bauchschmerzen planen will. Zumal auch beim Download-Festival noch nicht sicher ist, ob es mit der Besucherzahl stattfinden kann wie geplant (rund 70 000 Zuschauer, Anmerkung der Redaktion). Das ist so der Risikomittelweg auch für uns. Denn stellen Sie sich vor, ein Großkonzert wird plötzlich ins Folgejahr verschoben, da haben wir fürs laufende Jahr elf, zwölf Tage Leerstand. Das zwei- oder dreimal im Jahr wäre eine hohe Zahl an Betriebstagen, die wir kurzfristig an Kunden vermitteln müssten, da ist die Variante mit einem Termin vernünftiger. Da sind zwölf Veranstaltungen von zwölf Kunden sicherer – wenn da einer abspringt, kriege ich das einfacher kompensiert als einen großen.

Teske: Bei aller Zuversicht, die wir ja ganz offen äußern, muss klar sein: Corona kann uns hier und da schon noch einen Strich durch die Rechnung machen – sei es bei Großveranstaltungen oder bei solchen, für die wir kostenseitig in Vorleistung treten müssen. Das alles ist kein Selbstläufer. Wir sind zuversichtlich, wir haben einen tollen Kalender, die Vorzeichen sind gut – doch wenn es richtig blöd läuft, kann auch das noch mal ein schwieriges Jahr werden. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass wir hier sitzen und auf den Erfolg warten, der sich automatisch einstellt.

Wie sieht es mit einem neuen Investor aus – könnte sich da trotz Corona etwas tun?

Teske: Wir glauben schon, dass sehr intensive Gespräche geführt werden. Wie schnell diese zum Abschluss kommen, hängt von vielen Faktoren ab. Da ist eher die Stadt im Driver Seat, aus unserer Sicht werden aber vielversprechende Gespräche geführt mit verschiedenen Parteien. Daran sind wir auch interessiert – so gut sich die Lage darstellt, es bleibt die strukturelle Herausforderung: Wir können die Rennstrecke aus eigener Kraft nicht umkrempeln. Sowohl kurz- als auch langfristig sieht die Zukunft ganz gut aus.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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