Blick in die Ringgeschichte

Hotel Motodrom in Hockenheim vor 50 Jahren eingeweiht

In den 1970er Jahren begann der Innenausbau der Haupttribüne, der mit unerwarteten Mehrkosten und der Ölkrise konfrontiert war. Trotz dieser Herausforderungen fand Motorsport weiterhin erfolgreich statt, und das Hotel Motodrom wurde erweitert, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.

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Altoberbürgermeister Gustav Schrank
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Die Haupttribüne des Hockenheimer Motodroms mit dem Vorbau des gleichnamigen Hotels – das Areal hat bereits zahlreiche Um- und Ausbauten hinter sich. © Gustav Schrank

Hockenheim. Das neue Motodrom wurde am 22. Mai 1966 mit den Weltmeisterschaftsläufen für Motorräder um den Großen Preis von Deutschland offiziell eröffnet. Rechtzeitig dazu wurde auch die Haupttribüne fertiggestellt, doch für deren Innenausbau fehlten zunächst noch die Mittel. Deshalb musste dieser nolens volens zurückgestellt werden. Zugleich aber sah man mit der neuen permanenten Strecke und ihren beiden Kursvarianten – dem kleinen und dem großen Kurs, auch Grand-Prix-Kurs genannt – einem florierenden Veranstaltungs- und Vermietungsgeschäft entgegen, dessen Erträge hoffentlich bald den Innenausbau ermöglichen würden.

Vier Jahre nach der Eröffnung des Motodroms wurde 1970 der Formel-1-Grand-Prix kurzfristig vom Nürburgring auf den Hockenheimring verlegt. Das Interesse, die Formel 1 live mitzuerleben, war riesig. Binnen Kurzem wurden über 100 000 Tickets abgesetzt, sodass das Motodrom bis auf den letzten Platz ausverkauft war. Das bescherte nicht nur dem veranstaltenden AvD einen Geldsegen, sondern auch der Hockenheim-Ring GmbH, die von der Anlagenvermietung, dem Parkplatzgeschäft sowie vom Getränke- und Speisenverkauf profitierte.

Eröffnung des Hotels Motodrom am 4. April 1973: Architekt Fritz Kraft (v. l.), Gustav Schrank, Bürgermeister Dr. Kurt Buchter und BMC-Präsident Wilhelm Herz. © Gustav Schrank

Nach dem packenden Rennen, das der Österreicher Jochen Rindt knapp vor dem Belgier Jacky Ickx gewann, hegte man in Hockenheim noch die Hoffnung, dass die Formel 1 keine Eintagsfliege wäre. Doch schon im Jahr darauf kehrte sie wieder zum Nürburgring zurück, für dessen Sicherheit das Land Rheinland-Pfalz inzwischen rund 20 Millionen D-Mark locker gemacht hatte. Die Option Hockenheimring aber stand für die Formel 1, sie wurde von ihr 1976 erneut und danach dauerhaft gezogen.

Ausbau der Haupttribüne am Hockenheimring

Nach der Premierenveranstaltung der Formel 1 veranlassten Bürgermeister Dr. Kurt Buchter und BMC-Präsident Wilhelm Herz, die beiden Hauptprotagonisten am Ring, den Innenausbau der Haupttribüne. Eine international gefragte Rennstrecke sollte neben einem Hotel vor allem noch ein Pressezentrum und Arbeitsräume für Veranstalter und Organisatoren bieten. Zudem wurden von außerhalb des Motodroms erreichbare Büroräume für die Ring-Beschäftigten, die bisher im Sachshaus untergebracht waren, benötigt, sowie Wohnräume für das Hotelpersonal. Sämtliche Räumlichkeiten waren unterhalb der Haupttribüne vorgesehen.

Innenausbau der Haupttribüne am Hockenheimring: 2,5 Millionen D-Mark Kosten

Mit dem Innenausbau der Haupttribüne wurde 1971 begonnen. Architekt war der Hockenheimer Stadtbaumeister Fritz Kraft, der mit seinem Team im Stadtbauamt schon den Bau des Motodroms steuerte und sich dabei große Verdienste erworben hatte. Seine nächste Herausforderung war der Innenausbau der Haupttribüne. Dieser verlangte natürlich selbst von einem so erfahrenen Architekten wie Kraft alles ab, weshalb er sein Amt als Stadtbaumeister zur Verfügung stellte.

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Erst als „Ruheständler“ war es ihm möglich, sich voll dem Innenausbau zu widmen. Dessen Ausbaukosten hatte er mit 2,5 Millionen D-Mark veranschlagt. Doch mit den Kostenanschlägen war es schon damals alles andere als eine wirklich fixe Sache.

Zum 1. Januar 1972 stellte die Hockenheim-Ring GmbH mit dem Diplom-Betriebswirt Gustav Schrank, also meiner Wenigkeit, einen kaufmännischen Leiter ein. Zu dessen Hauptaufgaben zählte damals auch das kaufmännische Begleiten und Überwachen des Haupttribünen-Ausbaus.

Als Pächter des neuen Hotels unter der Haupttribüne wurde das Ehepaar Toni und Paul Kerschensteiner gewonnen, die beide schon viel Erfahrung in der in- und ausländischen Hotellerie gesammelt hatten. Zudem stammte Paul Kerschensteiner aus einer in der Region bekannten Gastronomenfamilie. Bis ins Jahr 1972 betrieben beide die Gaststätte der Welde-Brauerei am Kaiserring in Mannheim.

Bürgermeister Gustav Schrank (l.) und BMC-Präsident Wilhelm Herz (r.) verabschie-den das Pächterehepaar Toni und Paul Kerschensteiner im April 1990. © Norbert Lenhardt

Im Frühjahr 1973 war der Innenausbau der Haupttribüne soweit abgeschlossen, dass die Räumlichkeiten ihrer Bestimmung übergeben werden konnten. So wurde das Hotel Motodrom am 4. April 1973, also vor 50 Jahren, eingeweiht und dem Pächterehepaar Kerschensteiner offiziell übergeben. Das Hotel verfügte über rund 30 Zimmer sowie über ein relativ großes Restaurant mit Terrasse und mehreren Tagungsräumen.

Wie sich schnell herausstellte, hatten die Verantwortlichen des Hockenheimrings mit dem Ehepaar Kerschensteiner als Hotelpächter eine glückliche Hand bewiesen. Beide verstanden ihr Metier und belebten das Restaurant- und Tagungsgeschäft. Zudem bereicherten sie auch das örtliche Zusammenleben mit Veranstaltungen wie Silvesterbällen oder tollen Weinproben aus allen deutschen sowie aus italienischen und französischen Anbaugebieten. Die Weinproben organisierte der Verkehrsverein in Zusammenarbeit mit den Kerschensteiners. In dessen Vorstand hatte Paul Kerschensteiner von Anfang an mitgearbeitet.

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Im Rückblick auf die Eröffnung des Hotels sei noch angemerkt, dass es für mich eine recht turbulente Zeit war. Am Ende der Eröffnungswoche fand auf dem Ring das Jim-Clark-Gedächtnisrennen statt. Dessen Hauptläufe waren zwei Rennen der Formel- 2- Europameisterschaft, die damals für volle Tribünen sorgten.

Zwei Tage danach erlag dann mein Kollege Erwin Fuchs völlig überraschend und viel zu früh an seiner Arbeitsstätte einem Herzinfarkt. Als Geschäftsführer der Hockenheim-Ring GmbH war er für den sportlichen und technischen Bereich zuständig. Sein Ableben war auch für mich ein sehr trauriges und schlimmes Erlebnis.

Unerwartete Mehrkosten beim Ausbau der Haupttribüne am Hockenheimring

Im Mai 1973 zeichnete sich ab, dass die für den Ausbau der Haupttribüne mit rund zweieinhalb Millionen D-Mark veranschlagten Baukosten überschritten würden. Zunächst war von Mehrkosten in Höhe von 50 000 D-Mark die Rede. Doch im Verlauf des Sommers erhöhten sich die Ausbaukosten entgegen aller Kostenvoranschläge von Tag zu Tag. Bis Ende 1973 summierten sich die Mehrkosten auf stolze 750 000 D-Mark, die voll über einen Kredit finanziert werden mussten. Mit dieser Entwicklung hatte niemand gerechnet, auch nicht der Architekt.

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Zu all dem kam im Spätjahr 1973 noch die erste Ölkrise mit den Sonntagsfahrverboten hinzu. Die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) hatte nach dem Jom-Kippur-Krieg die Ölförderung gedrosselt. Sie wollte damit die westlichen Länder wegen ihrer Unterstützung Israels unter Druck setzen. Niemand wusste so recht, wie es mit dem Motorsport im kommenden Jahr weitergehen würde und wie wir die baubedingten Kosten stemmen würden.

Erfreulicherweise ging es 1974 mit dem Motorsport weiter, sogar besser als erwartet. Der Hockenheimring war in diesem Jahr gut ausgelastet und die Großveranstaltungen lockten viele Besucher an. Dadurch war es möglich, den wegen der unerwarteten Mehrkosten aufgenommenen Kredit binnen eines Jahres in voller Höhe zurückzuzahlen.

Zimmerkapazität des Hotel Motodroms in Hockenheim wird erweitert

In den Jahren 1976 und 1977 wurde das Hotel Motodrom um einen Bettentrakt mit 24 Zimmern erweitert. Dies geschah durch einen Anbau vor beziehungsweise über dem Hoteleingang, den die Süba in schlüsselfertiger Bauweise errichtete. Es handelte sich um eine sinnvolle Investition, die rund 800 000 D-Mark kostete.

Auf die Erweiterung hatte das Pächterehepaar Kerschensteiner gedrängt, weil die Zimmerkapazität nicht reichte, um 50 Einzelpersonen unterzubringen. Wollte man aber mit Busunternehmen ins Geschäft kommen, musste man wenigstens diese 50 Zimmer anbieten können. Zudem bestand ein Missverhältnis zwischen dem zu geringen Übernachtungsangebot und der Kapazität an Tagungsräumen. Mit den neuen Zimmern verbesserte sich zwar die Relation, doch es scheiterte immer noch die eine oder andere Tagung wegen der zu geringen Bettenzahl.

Diese Erkenntnis, aber auch die zunehmende Konkurrenzsituation in der Region führte in späteren Jahren zu weiteren Ausbauplanungen des Hotels, die aber aus verschiedenen Gründen nicht realisiert wurden.

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