Im Interview

Irina Ries kommt mit Ein-Frau-Musical ins Hockenheimer Pumpwerk

Die Schauspielerin und Sängerin Irina Ries spricht im Interview über Georg Kreislers Ein-Frau-Musical „Heute Abend: Lola Blau“, das sie nun nach Hockenheim bringt.

Von 
Matthias Mühleisen
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Irina Ries kommt mit einem Ein-Frau-Musical ins Pumpwerk Hockenheim. © KATRINA FRIESE

Hockenheim. Zwei Mal binnen drei Wochen sind im Pumpwerk Lieder und Texte des großen österreichischen Komponisten, Sängers und Satirikers Georg Kreisler zu hören – in völlig unterschiedlichen künstlerischen Formen. Nach Entertainer Marc Rudolf mit der Chansonrevue „Einfach Kreisler“ bringt am Freitag, 15. März, um 20 Uhr Schauspielerin und Sängerin Irina Ries mit „Heute Abend: Lola Blau“ ein Kreisler-Werk als Ein-Frau-Musical mit Pianobegleitung auf die Bühne. Das Schicksal der Sängerin Lola, die als Jüdin in die USA emigrieren muss, weist Paralleln zu Kreislers Biografie auf, wie Irina Ries im Interview bestätigt.

Haben Sie den Eindruck, dass die Veranstalter angesichts der polititischen Entwicklung in der Bundesrepublik „Heute Abend: Lola Blau“ verstärkt buchen?

Irina Ries: Das ist schwer zu sagen, weil wir eineinhalb bis zwei Jahre im Voraus planen, genau wie die Gastspielbetriebe. Das werden wir sehen, wenn bei der nächsten Messe im Juli die Buchungen zunehmen. Eine ganz besondere Atmosphäre hatte der Abend des 9. November, als wir das Stück unter dem Eindruck des Hamas-Überfalls auf Israel vom 7. Oktober spielten. Die Wirkung des Stoffes hat das Publikum genauso erstaunt wie uns.

Das Stück ist über 50 Jahre alt, der Inhalt hat aber kein Verfalldatum – hat Sie das auch gereizt, es in Ihr Repertoire aufzunehmen?

Ries: Absolut. Tatsächlich fiel mein erster Kontakt mit „Lola Blau“ in mein Engagement in Eisenach am Theater, der Intendant fragte mich, ob ich dazu Lust hätte. Ich war Georg Kreisler bereits im Studium begegnet und sagte sofort: „Auf jeden Fall.“ Meine Klavierbegleitung durfte ich mir aussuchen und habe Christian Keul gefragt. 2015 hatten wir damit Premiere, 2019 erteilte der Verlag die Genehmigung, damit auf Tour zu gehen. Ich finde die Aktualität des Stückes immer wieder umwerfend.

Haben Sie es in der Originalfassung übernommen oder bearbeitet?

Ries: Wir haben eine kleine Rahmenhandlung gebaut, die aus dem Hier und Heute kommt. Sie holt Zitate, die zeitlos sind, näher an die Gegenwart heran. Ich komme als Schauspielerin zu einem Vorsprechen und wurde gebeten, „Lola Blau“ vorzubereiten. Daraus werden wir immer stärker in die Handlung hineingezogen.

Es gibt Parallelen zwischen dem Leben Georg Kreislers und der Figur der Lola Blau. Wird das im Stück deutlich oder thematisieren Sie das in der Rahmenhandlung?

Ries: Wir lassen diese biografischen Züge manchmal in der Rahmenhandlung fallen, aber grundsätzlich bieten wir gerne an, nach der Vorstellung ein Nachgespräch zu führen. Dort können wir mit interessierten Zuschauern sprechen, wie viel von der Lebensgeschichte Georg Kreislers im Musical steckt und welche Erfahrungen er verarbeitet hat.

„Heute Abend: Lola Blau“ rangiert unter der Rubrik Musical – wie ist das Verhältnis zwischen Musik und gesprochenem Text?

Ries: Es enthält schon zu 80 bis 85 Prozent Musik. Im Grunde genommen zeigen wir dem Publikum mit den Sprechszenen, was in der Handlung passiert, die Lieder spiegeln wider, was in Lola vorgeht, ihre Gedankenwelt, ihre Beschäftigung damit, was um sie herum passiert.

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Sind die Lieder eher der heiterere Part und die gesprochenen Texte der bedrückendere?

Ries: Der satirische Anteil tritt in den Liedern stärker hervor. Kreisler ist ein Meister darin, den Zuhörern eine Pointe anzubieten – und ihnen kurz davor das Lachen im Hals stecken bleiben zu lassen. Man wird schon ganz schon emotional hin- und hergeschleudert im Zuschauerraum.

Hat Lola, die als jüdische Künstlerin aus Österreich emigrieren muss, auch glückliche Phasen?

Ries: Sie hat Momente totalen Glücks, hat eine Unbeschwertheit, ja fast Naivität, die ihr über die erste Phase hinweg hilft, in der sie das Land verlassen muss. Ein Schlüsselsatz am Anfang in einem Telefonat ist: „Ach, ich kümmere mich nicht um Politik.“ Es passieren ihr ja auch gute Dinge: Sie kann in die USA einreisen, sie erhält eine Arbeitserlaubnis, hat die Hoffnung auf einen Neuanfang.

Was lässt sie nach anfänglichen Erfolgen ihre Illusionen verlieren?

Ries: Sie hat am Anfang gerade ihre Schauspielschule beendet, ist eine ganz junge Frau, unbelastet, die einfach nur auf die Bühne will. Dann kommt 1938 der Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland, sie geht in die Schweiz, von dort in die USA, hat es anfangs nicht leicht, ist in Nachtclubs unterwegs, wird aber zum gefeierten Star. Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ist, erhält sie einen Anruf ihrer großen Liebe, der überlebt hat und sie in Österreich wiedersehen möchte. Sie entschließt sich, zurückzukehren und begegnet auf der Rückreise einem Passagier, der vom „Vergeben und Vergessen“ spricht und ihr bewusst macht, dass viele Menschen die Katastrophe nicht wahrhaben wollen. Doch zumindest hat sie die Hoffnung auf Liebe und Karriere in ihrer alten Heimat. Die letzten Nummern sind von himmelhoch jauchzend über bitterböse bis melancholisch. Es liegt am Zuschauer, auf welche Emotionen er sich zum Schluss am ehesten einlassen will.

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„Lola Blau“ ist zwar ein Stück für eine Schauspielerin, aber Sie stehen nicht allein auf der Bühne. Und Christian Keul agiert auch nicht nur als Pianist?

Ries: Er selbst beschreibt sich gerne als „Anspielpartner“. Die Szenen leben davon, dass sie Impulse von anderen Menschen erhält, es kommen immer wieder Nachrichten, das Telefon klingelt, er überbringt Briefe und kriegt entsprechend der Inhalte die aktuelle Stimmung von Lola ab.

Christian Keul war Ihr Wunschpartner für diese Produktion, Sie kannten ihn zuvor also schon?

Ries: Wir kannten uns nicht wahnsinnig gut, aber ich hatte ihn gesehen als Pianist in einer Produktion über Marlene Dietrich namens „The Kraut“ und konnte mir das sehr gut vorstellen – und so funktioniert es auch. Und zwar so gut, dass wir im Moment nach „Lola Blau“ und „Vorzimmergeschichten“ an einem dritten gemeinsamen Stück arbeiten.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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