Betreuung

Knappe Mehrheit im Hockenheimer Gemeinderat für Verein Postillion als Kita-Träger

Das Gremium hat den Betriebsübergang des Parkkindergartens mit 13:9 Stimmen beschlossen. Postillion soll auch den Neubau auf den Weg bringen.

Von 
Matthias Mühleisen
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Ursprünglich Verwaltungsgebäude und keine Betreuungseinrichtung: Der Parkkindergarten, hier mit der Lamellenhalle (rechts), im Gartenschaupark weist nicht nur architektonische Defizite auf. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. Die Positionen haben sich nicht wesentlich verschoben im Vergleich zur Abstimmung im September 2023, doch weil die Freien Wähler am Mittwochabend überwiegend für den Betriebsübergang des Parkkindergartens an den Verein Postillion stimmten, senkte sich die Waagschale zugunsten des freien Trägers, der am 1. März 2026 übernehmen soll. Der Verein wurde auch mit der Planung des Neubaus auf dem Reiterplatz beauftragt. SPD, Grüne sowie Teile der FWV-Fraktion waren für den Verbleib der Trägerschaft bei der Stadt, CDU, FDP und fünf Freie Wähler setzten den Wechsel durch.

Die Freien Wähler stimmten als größte Fraktion im Gemeinderat nicht einheitlich ab. Sprecherin Gabi Horn, die wie Jochen Vetter den Beschlussvorschlag ablehnte, sah darin viele Unwägbarkeiten. „Indem wir zustimmen, die Trägerschaft abzugeben, entzieht sich die Stadt ihrer Verantwortung und verliert zugleich Einflussmöglichkeiten auf pädagogische Ausrichtung, Personalführung und konzeptionelle Schwerpunkte“, sagte Horn. In der Vergangenheit sei bewiesen worden, dass die Stadt sehr wohl diese Aufgabe selbst erfüllen konnte - und das mit hoher Qualität.

Ein Teil der FWV-Fraktion sehe den Vorschlag, den Neubau am Reiterplatz durch den Postillion umsetzen zu lassen, mit großer Skepsis, fuhr Gabi Horn fort. Der Architektenwettbewerb sei ihres Erachtens gesetzlich nicht notwendig gewesen. Bei dem hochwertigen, architektonisch ansprechenden Konzept sei der Vorschlag der Freien Wähler, eine vertraglich geregelte Kostenobergrenze zu ziehen, nicht berücksichtigt worden. Die daraus resultierende Summe von 20 bis 25 Millionen Euro war für die FW nicht akzeptabel.

Ihr Antrag, kostengünstigere Alternativen zu prüfen, sei von städtischer Seite nur durch die neue, „aber eigentlich alte Alternative“, nämlich die Übernahme der Trägerschaft des Parkkindergartens durch Postillion beantwortet worden.

FWV: „Sparen wir heute auf Kosten der nächsten Generation?“

Nun werde ein schlanker, rein funktionaler Neubau vorgeschlagen mit weitaus geringeren Kosten von rund 10 Millionen Euro. „Wir müssen uns fragen: Wird dieses Gebäude auch in 20 oder 30 Jahren noch den Ansprüchen an Raum- und Aufenthaltsqualität für die Kinder und Mitarbeitenden gerecht? Oder sparen wir heute auf Kosten der nächsten Generation?“, stellte die FWV- Sprecherin in den Raum. Bislang liege kein verbindlicher Kostenrahmen für den Bau durch Postillon vor. Völlig offen sei die Höhe der Schadenersatzforderungen durch das Architekturbüro für die bisherigen Planungen. Gabi Horn vermisste ferner Angaben zur Höhe des Investitionskostenzuschusses der Stadt.

Ihr Fraktionskollege Steffen Großhans sah die Sache anders. Er begründete die Zustimmung der FWV-Mehrheit mit der Erfahrung des Postillion beider Errichtung von Kindertagesstätten: „Das war für uns in Bezug auf die Kosten des Neubaus ausschlaggebend.“ Wichtig sei auch die Beschränkung des Beschlusses auf eine Einrichtung. Die Stadt werde entlastet und könne sich damit besser auf den Betrieb der beiden anderen Kindertagesstätten konzentrieren.

CDU: „Am schlimmsten ist der erlittene Vertrauensverlust“

Sarkasmus schwang in der Stellungnahme von Markus Fuchs mit. „Die Haupterkenntnis ist, dass in den letzten zwei Jahren zwar viel diskutiert, letztendlich aber nichts bewegt werden konnte. Denn ein Kindergartenneubau von bis zu 25 Millionen Euro und mehr ist nicht finanzierbar“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende. Die Stadt habe nicht nur zwei Jahre verloren, sondern auch viel Geld. Denn es seien Kosten entstanden oder werden noch entstehen für Architektenwettbewerb, Erlass der Elternbeiträge, gestiegene Baukosten, Kündigung des Vertrags mit dem Planungsbüro, Neuaufstellung des Haushalts, Personal und Zeitarbeitsfirmen. 2 bis 4 Millionen Euro werde die Umsetzung des September-2023-Beschlusses wohl letztlich kosten, „ohne dass wir damit irgendeine Verbesserung für die Eltern und deren Kinder erreicht haben“, stellte Fuchs fest.

Am schlimmsten aber sei für die CDU, „dass wir als Stadt einen Vertrauensverlust erlitten haben bedingt durch Notbetrieb und Schließungen verschiedener Gruppen in den Einrichtungen“, beklagte er. Als die Verwaltung die vollständige Entkernung und Sanierung der Rathausstraße 8 als Alternativvorschlag präsentierte, sei kurzfristig Hoffnung aufgekeimt, dass der damals heftig von der CDU kritisierte Mehrheitsbeschluss gegen den Betriebsübergang an Postillion doch noch zu etwas Gutem führen könnte. Eine Stärkung der Innenstadt, die Renaturierung des alten Kindergartenbereiches am Reiterplatz und die Einrichtung von Vereinsräumlichkeiten wären positive Konsequenzen gewesen, schilderte Fuchs. „Doch die Gegner des Projekts haben wirklich alles getan, um das Projekt zum Scheitern zu bringen“, sagte er.

Der Beschlussvorschlag sei für die Christdemokraten „nur die drittbeste Lösung nach dem vollständigen Betriebsübergang und der Rathausstraße 8“, erklärte der Sprecher. Er warnte dennoch davor, diese abzulehnen, sonst drohten höhere Baukosten, höhere Elternbeiträge und der Verlust von Spielraum für nennenswerte kommunale Investitionen.

SPD: „Wir erwarten mehr von Verwaltungsspitze und Fachbereich“

Die SPD stimmte wie 2023 gegen den Betriebsübergang des Parkkindergartens an den Postillion und verband die Ablehnung mit Kritik an der Stadtverwaltung. Fraktionsvorsitzender Marlene Diehm stellte fest: „Wir erwarten mehr von der Verwaltungsspitze und dem Fachbereich, wir erwarten volle Hingebung für diesen so wichtigen sozialen Teil von Hockenheim. Wir erwarten mehr Einsatz. Leider sehen wir diese Hingebung so deutlich nur in anderen Bereichen.“

Diehm schickte voraus, ihre Stellungnahme falle deutlich persönlicher als sonst üblich aus, da der SPD das Thema Kindertageseinrichtungen und Kinder in Hockenheim eine Herzensangelegenheit und mit vielen Emotionen verbunden sei. Planungssicherheit sei für die SPD auch durch den Betriebsübergang nicht gegeben. Wer von den städtischen Beschäftigten zum Postillon wechsle und am Ende wirklich in das neue Gebäude am Reiterplatz einziehe, bleibe fraglich.

Die Abgabe der Verantwortung für den Bereich Kinderbetreuung sei „ein Eingeständnis dafür, dass wir es einfach nicht besser hinbekommen“, sagte Diehm. Sie ergänzte: „Das wirft für uns die Frage auf, ob bei den nächsten Schwierigkeiten, die in den verbleibenden Kindergärten auftreten, diese dann auch an einen freien Träger übergeben werden und ob dieser Vorgang nicht insgeheim doch ein schleichender Prozess ist.“

Grüne: Kritik an „Beschluss auf Verdacht“ ohne Unterlagen

Die aus seiner Sicht ungenügende Informationslage stellte Adolf Härdle für die Grünen ins Zentrum seiner Stellungnahme. Er sprach von einem Beschluss auf Verdacht, von einer „Black Box“ und einer „Milchmädchenrechnung“ zur Finanzierung, weil das neue Baukonzept des Postillion nicht vorliege. Die bisherige Diskussion habe zu Verwerfungen und Vertrauensverlust geführt. Die 17 Millionen Euro der „abgespeckten“ Architektenplanung hätten die Grünen mitgetragen, sie hätten die ursprüngliche Planung nur um 1,2 Millionen Euro überschritten.

FDP: „Übergabe ist sinnvoll, notwendig und richtig“

„Die Übergabe ist sinnvoll, notwendig und richtig“, lautete das klare Fazit der FDP. Fraktionsvorsitzender Frank Köcher-Hohn erläuterte: „Sie bringt spürbare Einsparungen, eine konkrete Verbesserung der Betreuungssituation und schafft neue Handlungsspielräume.“ Er machte aber auch deutlich: „Wir erwarten, dass der Neubau nun im zugesagten Budget bleibt – ohne weitere Kostensteigerungen.“

Sei der FDP-Fraktion die Entscheidung für oder gegen den Betriebsübergang schwergefallen, so sei die Lage heute eine andere – vor allem finanziell. Dass die Stadt selbst bei abgespeckter Ausstattung mindestens 18 Millionen Euro investieren müsste, sei „ein Betrag, den wir für nicht tragbar halten.“ Die Variante an der Rathausstraße hätten die Liberalen von Anfang an kritisch gesehen: „Sie war für uns nie eine ernsthafte Option“, sagte Frank Köcher-Hohn.

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Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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