Ein Jahrzehnt. Vier Musikerinnen und Sängerinnen mit Kabarett- und Comedyfaible. Freundinnen. Addiert ergibt das das Gesamtpaket „Schöne Mannheims“. Was Stefanie Titus am Klavier und im Dreiklang der Stimmen Anna Krämer, Susanne Back und Smaida Platais in der Stadthalle auf die Bühne bringen, ist stimmig, passt zu allem, was man vom Quartett der Mannheimer Schönen so kennt – und noch schöner.
Klar gehen zehn Jahre nicht ohne Spuren an jedem vorüber, die können jedoch auch, wie im vorliegenden Fall, ganz positiv mit Attributen wie Reife, Inhalt, Tiefe, Urkomik und bestem Entertainment einhergehen. Was vor allem stimmt, ist, dass auch das Publikum – zumindest die eingefleischten Fans – mit gealtert ist. Wobei sich bei den rund 180 Gästen in der Stadthalle durchaus neben den „Mittelalten“ und „gut Gereiften“ einige der kommenden Generation Mittvierziger fanden.
Wen wundert, dass nach einer langen Corona-Durststrecke die Begrüßung noch ein Fünkchen herzlicher ausfällt? „Es ist so schön, dass wir da sind, äh, dass Sie da sind!“, wagt sich Stefanie Titus von der Klavierbank an den Bühnenrand, stellt sich vor die Sängerinnen, die das nicht wirklich gut finden. Schon ist man drin im munteren Reigen aus humorigem Mimikspiel, geballter Entrüstung, vier Ladies, die einfach herrlich schön außer Rand und Band sind.
„Tatort“ als roter Faden
Mit ihrer Mischung aus Comedy und Gesang legen sie dem Abend mit ihrem Jubiläumsprogramm den Showmantel eines Revue-Erlebnisses der Kreativität um. Derer können sie sich gleich vierfach bedienen, lassen sie in einen Cocktail aus Musical, Pop, Schlager und auch Jazz münden, mischen ein ordentliches Pfund Schauspiel rein – und der Abend nimmt Fahrt auf. Zum roten Faden wird der „Tatort“, den Kommissarin (Anna) Krämer aus Käfferdal von der Spuren(verun)sicherung der GMB (Griminalbolizei Mannem), Susanne Back, die „schöne Leich‘“, Stefanie Titus, die immer wieder auf die Tastatur sinkt, dabei so ganz und gar nicht still ist und der extrem verdächtigen Madame (Smaida Platais) szenisch darstellen und in Teil zwei des Konzerts aufdröseln.
Kommentare vom Tablet
Dabei spielt das „Hohe C“ – ganz untypisch bei ausgebildeten Sängerinnen – eine saftige, keine stimmliche Rolle. Selbstironisch blicken Platais, Back und Krämer immer wieder aufs Tablet, lesen Kommentare der Fans in sozialen Netzwerken laut vor: „Die sind original“, verrät Anna Krämer. Die meisten fangen recht nett an, erhalten aber schnell einen wenig netten Touch, spielen darauf an, ob die Mädels im besten Alter sicher sind, dass das, was sie da tun, gut ist, ob sie denn auch singen können etwa.
Doch das stellen sie dauerhaft unter Beweis, denn hier stehen vier Vollblutmusikerinnen mit ihrem neuesten, fünften Programm „Das wird ja immer schöner“ auf der Bühne. Nach einer Dekade Gemeinsamkeit, die von Erlebnissen beim „Hormonyoga“ (2011) völlig „Ungebremst“ (2014) über die – nicht nur eigene – „Entfaltung“ (2016) zum „Best of“ (2018) das Publikum immer mitgenommen hat und lassen sich feiern.
Es gibt Party für vier Powerfrauen auf der Bühne und mit viel Lachen bei den Gästen. Inhaltlich lassen die Schönen den Lockdown nicht aus, singen davon, wie „Egal“ einem alles sein kann, geben „My Way“ einen individuellen Inhalt und liefern eine Hommage an Joy Fleming mit ihrer Version vom „Neckarbrückenblues“ im Medley von Fleming-Ohrwürmern: klasse und mitreißend.
Immer wieder streuen die Damen ein, wie alles begann: „Man kannte sich und dachte: Wir müssten mal zusammen auftreten“, erfährt das Publikum. Gesagt, getan. Mittlerweile liegen 100 000 Tourneekilometer, 729 Stunden im Stau sowie Dutzende gerissener BH-Träger hinter dem Kleeblatt der Unterhaltung.
Im Foyer auf Tuchfühlung
Dem Entertainment zollen sie auch nach zehn Jahren auf Bühnen vollen Tribut. Rüstzeug für noch mehr haben alle im Gepäck: Smaida Platais ist Opern-Sopranistin, Anna Krämer hat ihre Profession in New York gelernt, ist ausgebildete Sängerin und Schauspielerin, Susanne Back hat an der Hamburger Bühnenfachschule für Tanz, Gesang und Schauspiel studiert und nicht zuletzt Pianistin Stefani Titus, die an der Mannheimer Musikhochschule studiert hat. Sie singen in sechs Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch und Hebräisch), begeistern damit ihre Zuhörer, die mit Zwischenapplaus nicht sparen und am Ende von mehr als zwei Stunden Programm stürmisch Ovation spenden und die „Schönen“ nicht ohne Zugabe von der Bühne lassen.
Im Foyer der Stadthalle gehen die Damen danach auf verbale Tuchfühlung mit den Fans, fragen die gehörten Sprachen ab und werben für ihren neuesten Silberling, was den Abend herrlich persönlich abrundet.
Info: Mehr Bilder der Schönen unter www.schwetzinger-zeitung.de
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