Verein "enmoba"

Windkraft - so kann’s in Hockenheim und Umgebung funktionieren

Wie ein Großprojekt in Sachen Windenergie in der Region umgesetzt werden könnte, das erfuhren Interessierte aus Hockenheim und Umgebung bei einem Infoabend des Vereins "enmoba". Dieser hatte einen Gast aus dem Odenwald eingeladen.

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Dem Verein "enmoba"
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Ein Kran hebt auf der Baustelle eines neuen Windparks ein Rotorblatt für die Montage an das Generatorhaus. Könnte dies auch bald in Hockenheim beobachtet werden?Wünschenswert wäre es ... © DPA

Hockenheim. Nach der Auftaktveranstaltung zum Thema Solarenergie hat der Verein „enmoba“ zur zweiten Veranstaltung im Themenfeld Energie eingeladen, heißt es in einer Pressemitteilung. Bei der Begrüßung stellte Vorsitzender Karl-Heinz Sohn die Ziele des Vereins beim Thema Energie heraus: „Wir betrachten hier nicht nur die Erzeugung, sondern auch die Speicherung und Einsparung und damit verbundene Themen wie Bürgerbeteiligung und Bürgerenergiegenossenschaften“. An öffentlich zugänglichen Informationen zur Windenergie mangele es in Baden-Württemberg nicht. Allein das Land biete zwei große Portale an, so Sohn.

Wie aber ein solches Großprojekt vor Ort umgesetzt werden kann, darüber berichtete der eingeladene Experte Rainer Houck. Als Bürgermeister von Schefflenz hat er zusammen mit den Gemeinden Adelsheim und Roigheim den Windpark Waidachswald auf den Weg gebracht.

Kommunen der Region sind in der Pflicht, sich mit dem Thema Windenergie zu beschäftigen

Seit vielen Jahren, so Houck, seien die Kommunen in der Pflicht, dem Thema Windenergie ausreichend Raum zu geben. Tatsächlich habe es aber erst ab 2020 vermehrt Anfragen von Windkraftbetreibern gegeben. Dies habe zu ersten konkreten Überlegungen in den Odenwaldgemeinden geführt. Zwei Gemeinden entschieden sich für Photovoltaik beziehungsweise einen eigenen Windpark. Die drei genannten Gemeinden wollten sich gemeinsam auf den Weg machen und eine Ausschreibung für einen gemeinsamen Baukonzessionsvertrag auf den Weg bringen. Zunächst wurde eine Mindestpacht von 50 000 Euro pro Jahr und Windkraftanlage angestrebt. Außerdem gingen die Kommunen mit klaren Kriterien in die Ausschreibung. Es gab Diskussionen in den Gemeinderäten, letztendlich wurde das Projekt jeweils einstimmig beschlossen.

Wesentliche Vorgaben waren zum Beispiel, dass mit 49 Prozent fast die Hälfte der Gesellschaftsanteile der Bevölkerung beziehungsweise den drei Gemeinden angeboten werden muss und die Mindestbeteiligung nur 300 Euro beträgt.

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Insgesamt wären in einem Gebiet von rund 950 Hektar 24 Windkraftanlagen vorgesehen, davon 17 auf Schefflenzer Gemarkung. Die tatsächlich benötigte Fläche sei jedoch geringer als die jährliche Waldumwandlung durch Schädlinge und Trockenheit. Der Flächenverbrauch stehe damit in einem gesunden Verhältnis zum Gesamtwaldbestand. Die Ausschreibung wurde von einer erfahrenen Anwaltskanzlei begleitet. Das Interesse der lokalen Wirtschaft, insbesondere verschiedener Stadtwerke, war groß. Durchgesetzt hat sich die Firma Vattenfall. Diese führt derzeit die artenschutzrechtliche Prüfung durch und bereitet den Genehmigungsantrag für das Land vor. Die Genehmigungsbehörden im Landratsamt sind dabei eng eingebunden.

In der Bau- und Betriebsphase werden die drei Gemeinden Gesellschafter der Anlagen. Insgesamt beläuft sich das Investitionsvolumen auf rund 200 Millionen Euro. Ein Teil davon soll aus der Bevölkerung kommen und über verschiedene Genossenschaften eingebracht werden. Die Pachteinnahmen pro Jahr und Windrad werden sich auf über 160 000 Euro belaufen. Die Gemeinden und die Bevölkerung profitieren also doppelt: zum einen als Pächter für die Bereitstellung der Flächen und zum anderen als Miteigentümer am laufenden Betrieb.

Die Umwandlung in grünen Wasserstoff wird geprüft

Die Schilderungen aus erster Hand waren sehr aufschlussreich, heißt es weiter. Es folgte eine Fragerunde, in der weitere Themen diskutiert wurden, etwa über die Anlagen selbst. Diese hätten eine Nabenhöhe von 165 Metern und eine Rotorblattlänge von 80 Metern, um den Wind zu nutzen. Wie stark dies der Fall ist, wird derzeit durch Windmessungen ermittelt. Weitere Fragen betrafen die Nutzung der Energie, wenn der Strom nicht eingespeist werden kann. Hier wird laut Bürgermeister Houck die Umwandlung in grünen Wasserstoff geprüft, um die überschüssige Energie zu speichern. Da zu einer solchen Anlage unter anderem jeweils ein 500 Tonnen schweres Fundament gehört, stellte sich die Frage nach der Laufzeit und der Zeit danach. „Durch die Ausschreibung ist der komplette Rückbau der Anlagen inklusive der Fundamente gesichert“, teilte Houck mit. Ein sogenanntes Repowering könne erst nach einer erneuten Ausschreibung erfolgen.

Abschließend trug die Runde, der auch örtliche Landwirte sowie Gemeinderäte aus Hockenheim und Umgebung angehörten, die entsprechenden Voraussetzungen für den Raum Hockenheim zusammen. Man war sich einig, dass hier voraussichtlich ausschließlich private und keine städtischen Flächen benötigt werden. Gleichzeitig ermöglichen Pool-Lösungen eine wesentlich höhere Wirtschaftlichkeit, als wenn beispielsweise ein einzelner Landwirt eine solche Anlage auf seinem Grundstück errichtet. Dies sei grundsätzlich möglich. Der Regionalverband sei zwar verpflichtet, tätig zu werden und Vorrangflächen auszuweisen, aber eigentlich könne aufgrund der Privilegierung jede Anlage genehmigt werden, wenn keine Gefährdung vorliege. Die Windhöffigkeit sei in der Rheinebene im Übrigen nicht wesentlich geringer als im Odenwald, sodass auch solche modernen Anlagen realisierbar seien.

„Das Thema passt genau zur Grundausrichtung der ,enmoba‘“, stellte der Vorsitzende Sohn abschließend fest. Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien, Bürgerbeteiligung und das Genossenschaftswesen kämen hier zusammen. Er versprach den Anwesenden: „Wir bleiben dran und laden die Stadt, die Wirtschaft, die Landwirte und die Bevölkerung ein, sich ebenfalls einzubringen.

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