Hockenheim. Das Bild, das sich beim Betreten des DRK-Geländes im Hockenheimer Auchtergrund zeigt, ist nicht oft zu sehen. Die Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Ehrenamtliche, Geflüchtete, Wohnungslose und viele andere sitzen gemeinsam an den feinsäuberlich aufgestellten Biergarnituren vor dem Tafelladen. Mit einem Lächeln, begleitet von einer einladenden Handbewegung, signalisiert eine junge Mutter, dass gegenüber von ihr noch ein Platz frei ist.
Gemeinsam, verbunden durch physische Nähe, genießen die verschiedenen Schichten der Gesellschaft ein Mittagessen. Weit weg von den immer wiederkehrenden, populistischen Diskussionen über den Sozialstaat, Abschiebung und angebliche arbeitslose Totalverweigerer überwinden die Menschen, was sie spaltet und genießen, was sie verbindet.
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Diese Zusammenkunft machte Sandro Camilleri möglich. Eigentlich betreibt der Sizilianer seit 2020 das „Trattoria Aquaria“, die zum Aquadrom gehörende Gastronomie. In dieser Woche versorgt Camilleri allerdings nicht nur die Badegäste in der Hockenheimer Erlebnistherme. Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag stellte sich der Gastronom hinter die Kochzeile im Nebenraum des DRK-Tafelladens. Hier entstehen Currywürste, rot und weiß, in hausgemachter Soße und mit einem Brötchen. Sandro Camilleri verkauft sein Essen in diesem Zeitraum nicht vergünstigt oder unter Vorlage des Tafelausweises rabattiert – er verschenkt es an jeden, der eine Mahlzeit möchte. Die Tafel steuert zudem pro Person noch eine Flasche Wasser bei.
„Er wollte sich einfach mal bei allen bedanken“
Auf die Frage, weswegen der Gastronom die Kosten und Mühen überhaupt auf sich nehme, um Menschen zu helfen, zuckt Camilleri nur mit den Schultern. Es mache ihm einfach Freude, anderen eine Freude zu bereiten, so der Betreiber des „Trattoria Aquaria“.
Die Idee habe der Sizilianer schon in der Corona-Pandemie gehabt. „Er fragte mich irgendwann einfach, ob ich nicht organisieren könne, dass er für die Ärzte und Rettungsdienste kocht“, erzählt Bärbel Hesping, die sich als linke und rechte Hand des Kochs vorstellt. Wegen der großen Belastung, die von den medizinischen Dienstleistern getragen werden musste, hätten ihm die Mitarbeiter leid getan, fügt der Restaurant-Pächter hinzu.
„So hat jedenfalls alles angefangen“, sagt Hesping in nachdenklichem Tonfall. Nur ein Ende der Unterstützung sei seither nicht in Sicht gewesen. Der Hockenheimer setze sich gerne für Menschen ein, die Hilfe benötigen. „Und er wollte sich einfach mal bei allen bedanken, die so wichtige Aufgaben in der Gesellschaft übernehmen“, weiß Hesping weiter zu berichten. Also habe sie beim DRK Hockenheim angefragt. Der Beginn einer Kooperation, deren Ende noch nicht in Sicht zu sein scheint.
Ein kurzerhand vorgenommener Selbstversuch bestätigt das, was auch die Menschen an den Biergarnituren behaupten – die Currywurst ist köstlich. Eine Nachfrage dieser Zeitung, welche Zutaten die hausgemachte Currysoße beinhaltet, löst Gelächter beim Gastro-Team aus. „Das möchte ich nicht sagen. Nur so viel: Unter anderem ist Orangensaft, Espresso und Cola drin“, verrät Camilleri.
Zukünftig einmal im Monat kostenlose Mahlzeit
Besonders schön finde er die Wertschätzung der Menschen, von denen viele nach dem Essen auf ihn zukommen würden, um sich zu bedanken. Das Gefühl der Wertschätzung, das der Gastronom durch die Aktion erfährt, gibt er an Manuel Wamser weiter, der für die DRK-Tafelläden in der Region zuständig ist: „Aktionen wie diese zeigen, dass es Menschen in der Gesellschaft gibt, die wahrnehmen, was für einen riesen Job die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen bei der Tafel leisten.“ Außerdem freue ihn die tiefe Verbundenheit, die in Hockenheim zwischen der Wirtschaft und den sozial benachteiligten Menschen bestehe.
Sandro Camilleri hat nun mit der dankbaren Tafelladenleiterin Tanja Reinhard eine Abmachung getroffen – zukünftig wird es einmal im Monat eine kostenlose Mahlzeit auf dem DRK-Gelände geben. „Nächsten Monat wird, je nach Wetter, entweder ein herzhafter Wurstsalat oder eine italienische, selbst gemachte Pasta serviert“, steht dem Hockenheimer die Vorfreude ins Gesicht geschrieben.
Die Mitarbeiter des Roten Kreuzes, die Wohnungslosen, Geflüchteten und die Ehrenamtlichen des Tafelladens saßen auch noch lange nach dem letzten Bissen von der Currywurst in geselliger Runde beisammen.
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