Kultur

Zauberkunst zum Mitmachen und Nervenkitzel in Hockenheim

„Magic Dreams“ feiert in Hockenheimer Gemeindehaus St. Christophorus ein großartiges Comeback. Worüber die Zuschauer staunen durften.

Von 
Matthias H. Werner
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Jonano (Jonas Bierlein, v.l.), Iramus (Andreas Bierlein), Zuschauerin Jana Scherer und Marlini (Marlon Bierlein) bei einem Spiegeltrick. © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. „Ich fühle mich wie Houdini“ – mit einer scherzhaften Korrelation zwischen dem an einem Blinddarmdurchbruch verstorbenen großen Varieté-Meister des 20. Jahrhunderts und einem eigenen Sportunfall wenige Tage vor dem Auftritt eröffnete der Hockenheimer Zauberkünstler „Iramus“ im bereits vor drei Wochen ausverkauften Saal des Gemeindehauses St. Christophorus seine Show „Große Wunder hautnah“. Und er sollte mit dem Vergleich in mehrerlei Hinsicht recht behalten.

Zwischen herzhaften Lachern und heftigst erklatschten Zugaben

In ungezwungener Heiterkeit gab Iramus, der im bürgerlichen Leben als Andreas Bierlein Verwaltungswirt bei der Rentenversicherung ist, zusammen mit seinen inzwischen ebenfalls bühnenreifen Söhnen Jonas (22) und Marlon (20) alias Jonano und Marlini zwei Stunden Salonzauberei vom Feinsten.

Zwischen den Sicherheitshinweisen, bei denen ein Bilderrahmen wild kreisend erste Verblüffung und herzhafte Lacher auslöste, einem Ring-Platztausch, Kartentricks und den heftigst erklatschten Zugaben mit einem „magischen Treteimer“ präsentierte die zauberhafte Familie – Bierleins Frau Katja war als „Wonder Woman“ in einer Verkleidungsnummer zu sehen, zog aber ansonsten hauptsächlich die Strippen im Hintergrund – auch neun sogenannte „große Illusionen“.

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Diese ließen mit dem „Kopf-Guck-Kasten“ tief in den Schädel eines Zuschauers blicken – der mit Geld, Handy, einem Vogel und Stroh nicht nur einiges offenbarte, sondern bei dem als Knalleffekt auch die Sicherungen durchbrannten – beim durchbrochenen Spiegel Glas verschwinden oder bei der „zersägten Jungfrau“ die Stichsäge rattern.

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Die „Magic-Bierleins“ verschmolzen verblüffende Kunststücke, unglaubliche Illusionen und ein witziges Drumherum zu einer grandiosen Show, bei der nicht die Frage, wie das wohl funktionierte, im Vordergrund stand, sondern die Unterhaltung – mit flotten Sprüchen, einem von der ersten bis zur letzten Nummer präzise aufeinander aufbauenden Programm mit mehr als einem roten Faden und sehr viel Tuchfühlung mit dem Publikum.

Eine Zuschauerin kennt sich mit Fesselspielen schon aus

Im Gegensatz zum Bühnenzauber, bei dem die Gäste oft nur passiv konsumieren, boten die drei immer wieder durchs Auditorium huschenden Unterhaltungskünstler Zauberei zum Anfassen und Mitmachen. Da prüfte eine Seniorin bei Jonanos Entfesselungsnummer die Handschellen, weil sie sich „mit Fesselspielen auskennt“, eine selbst mit Entertainer-Talenten ausgestattete Zuschauerin hätte ihren Ring glatt gegen die zig verschlossenen Kistchen eingetauscht, in denen dieser zuletzt zum Vorschein kam. Und ein Zauberwürfel, der trotz der zahlreichen Hände, durch die er durch die Reihen ging und verdreht wurde, passte zuletzt perfekt in ein Einstein-Bild.

Klara Löhr aus dem Publikum prüft, ob die Handschellen tatsächlich geschlossen sind. © Dorothea Lenhardt

Mit ihrem Fest der Magie boten die drei Zauberer vom Hockenheimer Verein der Varietékünste, Träume und Illusionen „Magic Dreams“ tatsächlich „Magisches zum Träumen, Lachen und Staunen“: Um das Konzept war esnach Jahren des Erfolgs ruhig geworden, nach dem Auftritt der Magier von „Golden Ace“ trat es im März in der Stadthalle zum Duell an. Und tatsächlich: Wenn man vom sicherlich spektakuläreren Showeffekt-Schnickschnack absieht, waren Iramus, Jonano und Marlini der müden Zauberei von Alexander Hunte und Martin Köster weit überlegen.

Gast Stefan Junker (r.) freut sich über seinen Geldschein, der verbrannt zu sein schien, aber in einer Zitrone wieder auftauchte. © Dorothea Lenhardt

Wo dort mit einer langatmigen Hypnose-Nummer Langeweile verbreitet wurde, ließen die „Magic Dreams“ die erst 16-jährige „reizende Assistentin“ Hannah Lambert in einer unglaublichen Extrem-Zickzack-Nummer aus einem Holzkasten förmlich verschwinden. Wo „Golden Ace“ mit Livekamerabildern Close-ups zu realisieren versuchte, konnten Jonano und Iramus echten Nervenkitzel mit einem verbrannten Geldschein auslösen, der sich am Ende in einer Zitrone wiederfand.

Schier unglaubliche Illusionen verzücken das Publikum

Davon lebt die Salonmagie, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufkam und von der Präsentation und der Atmosphäre im kleinen aber feinen Kreis von Zuschauern lebt. Und die hat „Magic Dreams“ in Reinform gegeben. Eingebettet in nette, gern auch ein wenig frivole Geschichten, die Highlights wie die Mehrfachverwandlungsnummer Lamberts vom Blumenmädchen im gepunkteten Kleid über den schicken Fummel bis zum Hochzeitskleid nicht nur aus dem Überraschungseffekt und der Verblüffung leben ließen, sondern aus der Unterhaltung an sich.

Die Gäste im ausverkauften Gemeindezentrum sind begeistert von der Zaubershow. © Dorothea Lenhardt

Dass es dennoch einen „schwarze Magie!“-Zwischenruf gab, rührte von der Unglaublichkeit der Nummern selbst: Ob bei der „Guillotine“, die zu den Klassikern der Großillusion zählt, einer Nummer, bei der die drei Zauberer zahllose Gegenstände inklusive dem unausweichlichen (Stoff-)Kaninchen aus einer scheinbar leeren kleinen Kiste hervorzauberten oder den zwei Schwertkästen, in denen Hannah Lambert – einschließlich eines Lichtschwerts – durchlöchert zu werden schien. Bei aller Unterhaltung ist eben doch bisweilen die Frage nach der Möglichkeit des scheinbar Unmöglichen unausweichlich.

Das Publikum, das zwei Stunden lang mal gebannt, oft amüsiert und noch öfter herzhaft lachend nebenbei den Vorhang spielte, quittierte den zauberhaften Nachmittag mit frenetischem Jubel – und hoffte, dass damit ein wirkliches Comeback der „Magic Dreams“ eingeläutet wurde.

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

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